Wonach suchen Sie?

alle Jugend-Checks
Jugend-Check zum ReferentenentwurfRegierungsentwurf
20. Sept. 2022

Inflationsausgleichsgesetz

Entwurf eines Gesetzes zum Ausgleich der Inflation durch einen fairen Einkommensteuertarif sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Inflationsausgleichsgesetz – InflAusG) (Stand: 14.09.2022)

Ressort: Bundesministerium der Finanzen (BMF)

Quellen

Ziel des Gesetzentwurfs

Mit dem Entwurf eines Gesetzes zum Ausgleich der Inflation durch einen fairen Einkommensteuertarif sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Inflationsausgleichsgesetz – InflAusG) sollen u. a. im Vorgriff auf den alle zwei Jahre erfolgenden Existenzminimumbericht der Bundesregierung über die Höhe des von der Einkommensteuer freizustellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern entsprechende Anpassungen vorgenommen und Familien, auch mit Blick auf die derzeitige Inflation, steuerlich unterstützt werden. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zum Ausgleich der Inflation durch einen fairen Einkommensteuertarif sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen“, 14. September 2022, 1f. Für die Jahre 2022, 2023 und 2024 soll u. a. der steuerliche Kinderfreibetrag entsprechend angepasst sowie das Kindergeld zum 1. Januar 2023 in einem Schritt für die Jahre 2023 und 2024 angehoben werden. Vgl. „Inflationsausgleichsgesetz – InflAusG“, 2, 11. Außerdem sollen auch der steuerliche Grundfreibetrag im Veranlagungszeitraum 2023 und ab 2024 angehoben sowie die übrigen Eckwerte des Einkommensteuertarifs mit Ausnahme des Eckwerts, ab dem der sog. „Reichensteuersatz“ beginnt, nach rechts verschoben werden. Vgl. „Inflationsausgleichsgesetz – InflAusG“, 2, 10.

Zusammenfassung möglicher Auswirkungen

Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:

  • Das Kindergeld soll für das erste und zweite Kind um 18 Euro sowie für das dritte Kind um 12 Euro monatlich erhöht werden (§ 66 Abs. 1 EStG, § 6 Abs. 1 BKGG). Zudem soll der Kinderfreibetrag angehoben werden (§ 32 Abs. 6 S. 1 EStG). Dies könnte dazu beitragen, die aufgrund der Inflation gestiegenen Lebenshaltungskosten etwas auszugleichen. Für junge Menschen, die in Familien mit geringem Einkommen aufwachsen, könnte dies besonders relevant sein. Denn sie sind von den aktuellen Teuerungen in den Bereichen Lebensmittel, Haushaltsenergie und Kraftstoffe überdurchschnittlich betroffen.
  • Durch die geplante Anhebung des Grundfreibetrags soll die Freistellung des steuerlichen Existenzminimums für die Jahre 2023 und 2024 sichergestellt werden (§ 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG). Dies kann für beispielsweise junge Studierende mit Nebenerwerb, welche derzeit monatlich ein Einkommen knapp über oder unter der Grenze des Grundfreibetrags verdienen, zu einer materiellen Entlastung führen. Sie könnten dann steuerfrei mehr verdienen, was dazu beitragen kann, ihre Mehrkosten durch inflationsbedingte Teuerungen z. B. beim Lebensmitteleinkauf, aufzufangen.
  • Aufgrund der steigenden Inflation kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Effekte der angedachten Gesetzesänderungen in Bezug auf die materielle Situation junger Menschen eher gering ausfallen werden. Es ist fraglich, inwieweit durch die vorgesehenen Entlastungen die aktuellen Teuerungen, z. B. im Bereich Energie und Nahrung, ausgeglichen werden können. Dies ist ebenso abhängig von weiteren staatlichen Maßnahmen zur finanziellen Entlastung der Bürgerinnen und Bürger.

Betroffene Gruppen junger Menschen

Normadressatinnen und -adressaten sind in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe junge Eltern oder Erziehungsberechtigte bis 27 Jahre, die Kindergeld oder den Kinderfreibetrag erhalten. Weitere Normadressatinnen und -adressaten sind junge Menschen bis 27 Jahre, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 BKGG erfüllen und Kindergeld für sich selbst beziehen. Dies sind junge Menschen, die in Deutschland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Vollwaisen sind oder den Aufenthalt ihrer Eltern nicht kennen und nicht bei einer anderen Person als Kind zu berücksichtigen sind. Vgl. § 1 Abs. 2 S. 1 BKGG.

Betroffene sind in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe junge Menschen zwischen 12 und 17 Jahren bzw. zwischen 18 und 27 Jahren, für die das Kindergeld gezahlt wird. Für junge Menschen wird bis zum 21. Lebensjahr Kindergeld gezahlt, wenn diese in keinem Beschäftigungsverhältnis stehen und bei einer Agentur für Arbeit in Deutschland als arbeitssuchend gemeldet sind. Vgl. §§ 62 Abs. 1 S. 1, 63 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG bzw. § 1 Abs. 1, 3 i. V. m § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BKGG. Bis zum 25. Lebensjahr wird Kindergeld gezahlt, wenn sich die jungen Menschen z. B. in einer Berufsausbildung oder in einem Studium befinden. Vgl. §§ 62 Abs. 1 S. 1, 63 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG bzw. § 1 Abs. 1, 3 i. V. m § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BKGG. Kindergeld kann auch für junge Menschen über das 25. Lebensjahr hinaus gezahlt werden, wenn diese wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten sein muss, außerstande sind, sich selbst zu unterhalten bzw. wenn bestimmte Zeiten wie z. B. Zivil- oder Wehrdienstzeiten angerechnet werden. Vgl. §§ 62 Abs. 1 S. 1, 63 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 und Abs. 5 S. 1 EStG bzw. § 1 Abs. 1, 3 i. V. m § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und Abs. 3 S. 1 BKGG. Allerdings waren im Jahr 2021 nur 1,25 Prozent aller Kindergeldempfangenden junge Menschen über 25 Jahre. Vgl. Familienkasse Direktion, „Jahreszahlen 2021. Die wichtigsten Zahlen zur Kindergeld- und Kinderzuschlagsgewährung. Entwicklung seit 1975“, 2021, 15. Insgesamt erhielten im Jahr 2021 rund 7,77 Millionen junge Menschen bzw. deren Eltern oder Erziehungsberechtigte zwischen 12 und 27 Jahren in Deutschland Kindergeld. Vgl. Familienkasse Direktion, 14f.

Weitere Normadressatinnen und -adressaten in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe sind alle einkommenssteuerpflichtigen Personen bis 27 Jahre, die von der Erhöhung des Grundfreibetrags sowie der Änderung der Eckwerte des Einkommensteuertarifs profitieren.

Jugendrelevante Auswirkungen

Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrags

§ 66 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG), § 6 Abs. 1, 2 Bundeskindergeldgesetz (BKGG); § 32 Abs. 6 S. 1 EStG

Das Kindergeld soll aufgrund der deutlich gestiegenen Lebenshaltungskosten angehoben werden. Vgl. „Inflationsausgleichsgesetz – InflAusG“, 24. So soll das Kindergeld ab dem 1. Januar 2023 für das erste und zweite Kind um 18 Euro sowie für das dritte Kind um 12 Euro monatlich erhöht werden, vgl. § 66 Abs. 1 EStG, § 6 Abs. 1 BKGG. Insgesamt soll somit das monatliche Kindergeld für das erste, zweite und dritte Kind jeweils einheitlich 237 Euro betragen, während für das vierte und jedes weitere Kind weiterhin jeweils 250 Euro gezahlt werden sollen, vgl. § 66 Abs. 1 EStG, § 6 Abs. 1 BKGG. Außerdem soll auch das Kindergeld, das Kinder für sich selbst beziehen (z. B. Vollwaisen) von derzeit 219 Euro pro Monat auf 237 Euro pro Monat erhöht werden, vgl. § 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 2 BKGG. Damit soll die Höhe des Kindergeldanspruchs etwa für Vollwaisen an die nunmehr neu geregelte Höhe des Kindergeldes für die ersten drei Kinder angepasst werden. Vgl. „Inflationsausgleichsgesetz – InflAusG“, 26.

Zudem soll der Kinderfreibetrag gemäß § 32 Abs. 6 S. 1 EStG rückwirkend ab dem 1. Januar 2022 für jeden Elternteil von 2.730 Euro um 80 Euro auf insgesamt 2.810 Euro für das Jahr 2022 angehoben werden, vgl. Art. 1 Nr. 1 i. V. m. Art. 6 Abs. 2 InflAusG. Ab dem 1. Januar 2023 soll der Kinderfreibetrag pro Elternteil von 2.810 Euro um weitere 70 Euro auf insgesamt 2.880 Euro erhöht werden, vgl. Art. 2 Nr. 1 i. V. m. Art. 6 Abs. 1 InflAusG. Ab dem 1. Januar 2024 soll wiederum eine Anhebung um 114 Euro pro Elternteil erfolgen und damit der Kinderfreibetrag pro Elternteil 2.994 Euro betragen, vgl. Art. 3 Nr. 1 i. V. m. Art. 6 Abs. 3 InflAusG. Danach ergibt sich zusammen mit dem nach § 32 Abs. 6 S. 1 EStG ebenfalls zu berücksichtigenden Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (für beide Elternteile insgesamt 2.928 Euro) für das Jahr 2022 eine Erhöhung des zur steuerlichen Freistellung des Kinderexistenzminimums dienenden Betrags von derzeit insgesamt 8.388 Euro um 160 Euro auf insgesamt 8.548 Euro für jedes berücksichtigungsfähige Kind. Für das Jahr 2023 ergibt sich danach eine Erhöhung des zur steuerlichen Freistellung des Kinderexistenzminimums dienenden Betrags auf insgesamt 8.688 Euro und für das Jahr 2024 auf 8.916 Euro. Vgl. „Inflationsausgleichsgesetz – InflAusG“, 22, 25.

Kindergeld und Kinderfreibeträge dienen dazu, das Einkommen der Eltern, das zur Sicherung des Existenzminimums sowie des Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarfs ihrer Kinder benötigt wird, steuerlich freizustellen. Eltern oder Erziehungsberechtigte erhalten entweder Kindergeld oder die Freibeträge für Kinder bei der Einkommensteuer. Dies wird im Rahmen der jährlichen Einkommensteuerveranlagung vonseiten des Finanzamtes geprüft, ob für die Eltern die Freibeträge für Kinder oder das ausbezahlte Kindergeld finanzieller günstiger sind (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: „Freibeträge für Kinder“, 2020., https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/familie/familienleistungen/freibetraege-fuer-kinder/freibetraege-fuer-kinder-73890 (zuletzt abrufbar unter: 16.09.2022). So sollen u. a. die wirtschaftliche Stabilität und soziale Teilhabe von Familien gewährleistet werden. Vgl. Michael Böhmer u. a., „Endbericht. Gesamtevaluation der ehe- und familienbezogenen Maßnahmen und Leistungen in Deutschland“ (Prognos AG, 2014), 56f. Für 87 Prozent der Familien, welche von Kindergeld profitieren, ist das Kindergeld ein sehr wichtiger Beitrag zum Familieneinkommen. Vgl. Böhmer u. a., 57. Der Bezug von Kindergeld kann zudem das Armutsrisiko von Familien senken. Vgl. „Lebenslagen in Deutschland. Der Fünfte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung“, 2017, 267. Die im Gesetzentwurf geplante Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrags kann daher dazu beitragen, die aufgrund der Inflation gestiegenen Lebenshaltungskosten etwas auszugleichen. Dies kann u. a. für junge Menschen, die in Familien mit geringem Einkommen aufwachsen, relevant sein. Denn von den aktuellen Teuerungen in den Bereichen Lebensmittel, Haushaltsenergie und Kraftstoffe sind u. a. Familien mit geringem Einkommen überdurchschnittlich betroffen. Vgl. Sebastian Dullien und Silke Tober, „IMK Inflationsmonitor. Preisanstiege bei Haushaltsenergie und Nahrungsmitteln dominieren Inflationsunterschiede im Juli 2022“, Policy Brief Nr. 128 (Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung, August 2022), 4f.

Für junge Menschen aus Familien mit geringem Einkommen sowie junge Eltern, welche ihr Einkommen mit Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II aufstocken, kann die Erhöhung des Kindergeldes allerdings auch bedeuten, dass ihre Familien diese Leistungen nicht mehr beziehen müssen, da sie nun Wohngeld beziehen können. Vgl. „Inflationsausgleichsgesetz – InflAusG“, 19. Diese jungen Eltern könnten durch den Wegfall der Grundsicherung mehr Möglichkeiten der Selbstbestimmung bekommen. Denn die mit dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II zusammenhängenden Pflichten wie z. B. Vorgaben zur Arbeitssuche, aber auch das Absprechen von Abwesenheiten sowie regelmäßige Termine, Vgl. „Rechte, Pflichten und Minderungen“, Bundesagentur für Arbeit, o. J., https://www.arbeitsagentur.de/arbeitslosengeld-2/rechte-pflichten-minderungen (zuletzt aufgerufen am: 09.09.2022). würden dann wegfallen. So könnten z. B. junge Eltern unabhängig von etwaigen Vorgaben des Jobcenters eine Erwerbstätigkeit suchen, die zu ihren Lebensumständen passt. Auch junge Menschen, deren Eltern nun nicht mehr Leistungen der Grundsicherung beziehen, könnten durch den Übergang in das Wohngeld entlastet werden. Denn viele junge Menschen sind von den alltäglichen finanziellen Sorgen ihrer Eltern emotional betroffen. Vgl. Gerda Holz, Claudia Laubstein, und Nadine Seddiig, „Armutfolgen für Kinder und Jugendliche. Erkenntnisse aus empirischen Studien in Deutschland“ (Gütersloh: Bertelsmann Stiftung, 2016), 53. Sie übernehmen zudem häufig Verantwortung in der Kommunikation mit Behörden, welche nun reduziert werden könnte. Vgl. Andreas Aust, Joachim Rock, und Greta Schabram, „Armut von Studierenden in Deutschland. Kurzexpertise der paritätischen Forschungsstelle“ (Berlin, 2022), 51.

Vollwaisen sowie junge Erwachsene, die nicht mehr mit ihren Familien zusammenleben und selbst das Kindergeld erhalten, können durch die Erhöhung des Kindergeldes ebenfalls etwas entlastet werden. Für alleinlebende junge Erwachsene, wie z. B. Studierende, die Kindergeld erhalten, könnte die Erhöhung des Kindergeldes dazu beitragen, dass eine wichtige Lücke geschlossen wird, um ihre inflationsbedingten Mehrkosten, z. B. beim Lebensmitteleinkauf, abzufangen. Dies ist besonders vor dem Hintergrund wichtig, dass Alleinlebende mit geringem Einkommen voraussichtlich zu den Gruppen gehören werden, welche künftig am stärksten von der Inflation betroffen sind. Vgl. Dullien und Tober, „IMK Inflationsmonitor. Preisanstiege bei Haushaltsenergie und Nahrungsmitteln dominieren Inflationsunterschiede im Juli 2022“, 5, eigene Berechnungen. Laut IMK Inflationsmonitor von August 2022 gehören Alleinlebende mit geringem Einkommen zu den Gruppen, die momentan stark von der Subventionierung in Form des 9-Euro-Tickets profitieren. Fällt diese Entlastung weg, werden sie voraussichtlich zu den Gruppen gehören, die mit am stärksten von der Inflation betroffen sind (vgl. ebd.). Gerade junge Erwachsene haben oft noch ein geringes Einkommen und wenige Rücklagen Vgl. Bettina Theek und Michael Brey, „Jugend. Vorsorge. Finanzen. Das Magazin zur Jugendstudie 2022.“ (MetallRente, 2022), 18; vgl. Eurostat, „Durchschnittliches und Median-Einkommen nach Alter und Geschlecht – EU-SILC und ECHP Erhebungen“, 2022, https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/ilc_di03$DV_405/default/table?lang=de (zuletzt aufgerufen am: 14.09.2022)., insbesondere, wenn sie sich noch in der Ausbildung befinden. Werden junge Menschen allerdings von ihren Eltern lediglich in Höhe ihres Unterhaltsanspruchs unterstützt, profitieren diese jungen Menschen nicht von der Erhöhung des Kindergeldes, da dieses mit ihrem Unterhaltsanspruch gegenüber ihren Eltern verrechnet wird. Vgl. dazu § 1612b Abs. 1 BGB.

Erhöhung des Grundfreibetrages und Änderung der Eckwerte

§ 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 4 EStG

Der steuerliche Grundfreibetrag soll für die Jahre 2023 und 2024 erhöht werden, um diesen an das auf Grundlage der gestiegenen Inflationsrate voraussichtlich zu erhöhende Existenzminimum anzupassen.  Für den Veranlagungszeitraum 2023 soll der steuerliche Grundfreibetrag gemäß § 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG von derzeit 10.347 Euro auf 10.632 Euro erhöht werden, vgl. Art. 2 Nr. 2 i. V. m. Art. 6 Abs. 1 InflAusG. Ab dem Veranlagungszeitraum 2024 soll der steuerliche Grundfreibetrag dann nochmals auf 10.932 Euro angehoben werden, vgl. Art. 3 Nr. 2 i. V. m. Art. 6 Abs. 3 InflAusG. Darüber hinaus sollen in den Jahren 2023 und 2024 die übrigen Eckwerte des Einkommensteuertarifs in § 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 bis 4 EStG, mit Ausnahme des Eckwerts der sog. „Reichensteuer“, nach rechts verschoben werden, vgl. Art. 2 Nr. 2 i. V. m. Art. 6 Abs. 1 InflAusG und Art. 3 Nr. 2 i. V. m. Art. 6 Abs. 3 InflAusG.

Durch die geplante Anhebung des Grundfreibetrags soll die Freistellung des steuerlichen Existenzminimums für die Jahre 2023 und 2024 sichergestellt werden. Vgl. „Inflationsausgleichsgesetz – InflAusG“, 10. Dies kann für beispielsweise junge Studierende mit Nebenerwerb, welche derzeit monatlich ein Einkommen knapp über oder unter der Grenze des Grundfreibetrags verdienen, zu einer materiellen Entlastung führen. Sie könnten dann steuerfrei mehr verdienen, was dazu beitragen kann, ihre Mehrkosten durch inflationsbedingte Teuerungen z. B. beim Lebensmitteleinkauf, aufzufangen.

Darüber hinaus könnten junge Berufstätige, die am Beginn ihres Berufslebens stehen, von der Verschiebung der Eckwerte profitieren. Denn sie haben in der Regel ein noch geringes Einkommen und wenig Erspartes, Vgl. Theek und Brey, „Jugend. Vorsorge. Finanzen. Das Magazin zur Jugendstudie 2022.“, 18; vgl. Eurostat, „Durchschnittliches und Median-Einkommen nach Alter und Geschlecht – EU-SILC und ECHP Erhebungen“. sodass die finanzielle Entlastung für sie besonders wichtig ist, um die derzeit steigenden Lebenshaltungskosten ausgleichen zu können.

Anmerkungen und Hinweise

Aufgrund der steigenden Inflation kann davon ausgegangen werden, dass bei einer Anhebung des Kindergeldes für das erste und zweite Kind im Umfang von 18 Euro pro Monat sowie für das dritte Kind im Umfang von 12 Euro pro Monat die Effekte in Bezug auf die materielle Situation junger Menschen eher gering ausfallen werden. So sind beispielsweise besonders junge Menschen, die in Familien mit geringem Einkommen leben, derzeit mit am stärksten von der Inflation betroffen. Vgl. Dullien und Tober, „IMK Inflationsmonitor. Preisanstiege bei Haushaltsenergie und Nahrungsmitteln dominieren Inflationsunterschiede im Juli 2022“, 5. Daher ist fraglich, inwieweit durch die vorgesehene Anhebung des Kindergeldes die aktuellen Teuerungen, z. B. im Bereich Energie und Nahrung, für diese Gruppen ausgeglichen werden können. Dies ist ebenso abhängig von weiteren staatlichen Maßnahmen zur finanziellen Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern, wie beispielsweise durch die geplante Stärkung des Wohngelds, die für junge Menschen in Familien mit geringem Einkommen wichtig sein kann. Vgl. Bundesfinanzministerium, „Fragen und Antworten zum Ausgleich der kalten Progression“, 2022, https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/kalte-progression.html (zuletzt aufgerufen am: 16.09.2022).

Junge Menschen, die in Familien leben, welche Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) oder dem Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII) beziehen, profitieren nicht von den geplanten Erhöhungen des Kindergeldes, da das Kindergeld auf diese Leistungen vollständig angerechnet wird. Vgl. dazu § 11 Abs. 1 S. 5 SGB II, § 82 Abs. 1 S. 4 SGB XII. Darüber hinaus werden auch junge Alleinerziehende, die Unterhaltsvorschuss beziehen, von der Erhöhung nicht profitieren, da das Kindergeld vollständig auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet wird. Vgl. dazu § 2 Abs. 2 S. 1 UhVorschG. Gerade diese Gruppen sind jedoch besonders von den inflationsbedingten Teuerungen betroffen. Vgl. Dullien und Tober, „IMK Inflationsmonitor. Preisanstiege bei Haushaltsenergie und Nahrungsmitteln dominieren Inflationsunterschiede im Juli 2022“, 4. Die letztendliche finanzielle Entlastung beider Gruppen ist daher ebenfalls abhängig von weiteren staatlichen Maßnahmen.

Überdies kann angenommen werden, dass junge Menschen, die in einem Haushalt mit mehr als drei Geschwistern leben, ebenfalls nicht ausreichend von der Anhebung des Kindergeldes profitieren. Denn für Mehrkindfamilien sollen für das vierte Kind sowie für weitere Kinder die Erhöhungen entfallen. Gerade für diese Familien erhöhen sich jedoch mit steigender Kinderzahl u. a. die Ausgaben für Kinder am Haushaltsnettoeinkommen kontinuierlich. Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, „Mehrkindfamilien in Deutschland“, 2013, 45. Auch das Armutsrisiko ist für sie höher als für Paarfamilien mit nur einem Kind oder zwei Kindern. Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 47. Angesichts der Inflation gilt anzunehmen, dass sie künftig noch weniger verfügbares Einkommen für die Familie haben und somit weiterhin besonders armutsgefährdet sind.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird das derzeitige System aus Kindergeld und Kinderfreibeträgen beibehalten, was dazu führt, dass Familien mit höherem Einkommen weiterhin durch den Kinderfreibetrag steuerlich stärker entlastet werden als Familien, welche lediglich Kindergeld erhalten. Dadurch erfolgt weiterhin die steuerliche Ungleichbehandlung durch Kindergeld und Kinderfreibeträge, Vgl. Stefan Bach und Haan Peter, „Kinderfreibetrag reduzieren, Familienleistungen für Geringverdienende ausbauen“, DIW aktuell, No. 64 (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, 2021), 1, https://www.diw.de/de/diw_01.c.818881.de/publikationen/diw_aktuell/2021_0064/kinderfreibetrag_reduzieren__familienleistungen_fuer_geringverdienende_ausbauen.html (zuletzt aufgerufen am 16.09.2022). obwohl von den derzeit gestiegenen Lebenshaltungskosten vor allem Familien mit geringem Einkommen betroffen sind.

Quellen

nach oben