Ziel des Gesetzentwurfs
Das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) zielt darauf ab, die Gesundheitsversorgung zu stärken, sowie die Belange und Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten noch besser berücksichtigen zu können. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz – GVSG)“, 8. April 2024, 1,3. Hierfür soll unter anderem die Möglichkeit der Gründung kommunaler Versorgungszentren (MVZ) erleichtert werden. Vgl. „Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz – GVSG“, 1. Darüber hinaus sollen u.a. das Bewilligungsverfahren für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit schweren Krankheiten oder (drohender) Behinderung mit medizinisch notwendigen Hilfsmitteln beschleunigt werden Vgl. „Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz – GVSG“, 1. sowie der Zugang zur ambulanten psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen verbessert werden. Vgl. „Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz – GVSG“, 1.
Zusammenfassung möglicher Auswirkungen
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
- Mit der geplanten Gesetzesänderung soll die Erforderlichkeit eines beantragten Hilfsmittels immer dann vermutet werden, wenn sich junge Menschen regelmäßig in sozialpädiatrischer Behandlung befinden (§ 33 Abs. 5c SGB V). Dadurch kann das Verfahren zur Bewilligung von medizinisch notwendigen Hilfsmitteln beschleunigt und durch eine zeitnahe Bereitstellung das gesundheitliche Wohlergehen der betroffenen jungen Menschen gefördert werden.
- Künftig sollen psychotherapeutisch tätige Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die überwiegend oder ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln, eine eigene bedarfsplanungsrechtliche Arztgruppe bilden (§ 101 Abs. 4a S. 1 SGB V). Dadurch könnten junge Menschen künftig einen wohnortnäheren und schnelleren Zugang zu ambulanter psychotherapeutischer Versorgung erhalten, da zusätzliche Niederlassungsmöglichkeiten entstehen und diese insgesamt zielgenauer gesteuert werden könnten.
- Bezieherinnen und Bezieher von Waisenrente bis 25 Jahre, die einen Bundes- oder einen Jugendfreiwilligendienst absolvieren, sollen künftig von der Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für die Waisenrente oder entsprechende Hinterbliebenenversorgungsleistungen befreit werden (§ 226 Abs. 6 SGB V; § 57 Abs. 1 S. 1 SGB XI). Dies kann die Betroffenen finanziell entlasten und sie könnten künftig ggf. eher erwägen, einen Freiwilligendienst anzutreten und das damit verbundene Bildungsangebot und die berufliche Orientierung in Anspruch zu nehmen.
Betroffene Gruppen junger Menschen
Betroffene sind in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe junge Menschen von 12 bis 18 Jahren, Nach dem SGB V handelt es sich bei Jugendlichen um Personen im Alter bis 18 Jahre, vgl. § 26 Abs. 1 SGB V. die sich in regelmäßiger sozialpädiatrischer Behandlung befinden und die Versorgung mit einem medizinisch notwendigen Hilfsmittel bei ihrer Krankenversicherung beantragt haben. Junge Menschen werden in Sozialpädiatrischen Zentren im Sinne des § 119 SGB V dann betreut, wenn sie wegen der Art, der Schwere oder der Dauer ihrer Krankheit oder einer drohenden Krankheit nicht von geeignetem ärztlichem Personal oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können. Vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, „Sozialpädiatrische Zentren (SPZ)“, 2023, https://www.kindergesundheit-info.de/themen/entwicklung/foerdern-unterstuetzen/sozialpaediatrische-zentren-spz/ (zuletzt aufgerufen am 10.04.2024).
Außerdem sind junge Menschen bis 25 Jahre betroffen, die Waisenrente beziehen und gleichzeitig einen Freiwilligendienst absolvieren.
Auch sind junge Menschen zwischen 12 und 21 Jahren betroffen, die eine ambulante Psychotherapie benötigen und dafür einen Therapieplatz bei einer dafür ausgebildeten Ärztin bzw. einem Arzt oder einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten suchen. Im Jahr 2019 befanden sich rund 823.000 junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren in psychotherapeutischer Behandlung, Vgl. Thomas Grobe und Joachim Szecsenyi, „Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse – Band 22 BARMER Arztreport 2021. Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen“, 2021, 135. wobei die COVID-19-Pandemie Kinder und Jugendliche besonders beeinträchtigt hat und sich bei ihnen das Risiko psychischer Auffälligkeiten seitdem um das 1,5-fache erhöht hat. Vgl. Maria Plötner u. a., „Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die ambulante psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen“, 2022, 470.
Jugendrelevante Auswirkungen
Beschleunigte Bewilligung von medizinisch notwendigen Hilfsmitteln
§ 33 Abs. 5c SGB V
In Zukunft soll die medizinische Erforderlichkeit der beantragten Hilfsmittel vermutet werden, wenn sich die Antragstellerin oder der Antragsteller in regelmäßiger sozialpädiatrischer Behandlung in einem Sozialpädiatrischen Zentrum nach § 119 SGB V befindet und die beantragte Hilfsmittelversorgung von dem dort tätigen behandelnden ärztlichen Personal konkret empfohlen wurde, vgl. §33 Abs. 5c SGB V. Die Vermutung der Erforderlichkeit soll nur dann gelten, soweit die ärztliche Empfehlung bei Antragstellung nicht älter als drei Wochen alt ist, vgl. §33 Abs. 5c SGB V.
Aus der beschleunigten Bewilligung von medizinisch notwendigen Hilfsmitteln können sich gesundheitliche Auswirkungen für junge Menschen in regelmäßiger sozialpädiatrischer Behandlung ergeben. Denn bislang musste die medizinische Erforderlichkeit der Hilfsmittelversorgung durch das weisungsgebundene Personal der Krankenkassen bzw. in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst geprüft werden. Vgl. § 33 Abs. 5b S. 1, 2 SGB V Durch die Änderungen können benötigte Hilfsmittel den Betroffenen schneller als bislang zugänglich gemacht werden und eine zeitnahe Bereitstellung dazu beitragen, ihr gesundheitliches Wohlergehen zu fördern. Kinder und Jugendliche, die sich in regelmäßiger Behandlung in sozialpädiatrischen Zentren befinden, weisen Erkrankungen auf, in deren Folge es zu Störungen in der kindlichen Entwicklung, Behinderungen, Verhaltensauffälligkeiten oder seelischen Störungen kommen kann. Vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, „Sozialpädiatrische Zentren (SPZ)“ (zuletzt aufgerufen am 10.04.2024). Im Gegensatz zu Erwachsenen stellt medizinische Hilfsmittelversorgung bei jungen Menschen durch die geistige Entwicklung sowie das körperliche Wachstum einen fortlaufenden Prozess dar, d.h. es wird regelmäßig eine neue Bereitstellung von Hilfsmitteln notwendig, um eine dauerhaft bedarfsgerechte Versorgung zu gewährleisten. Vgl. „Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz – GVSG“, 40. Entsprechend besteht eine besondere Eilbedürftigkeit, die benötigten Hilfsmittel zeitnah zugänglich zu machen, um z.B. Begleit- und Folgeerkrankungen zu vermeiden und die kognitive und motorische Entwicklung der Betroffenen angemessen zu fördern Vgl. „Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz – GVSG“, 40., welcher durch die beschleunigte Bewilligung entsprechend Rechnung getragen werden könnte.
Weiterhin könnte die beschleunigte Bewilligung medizinisch notwendiger Hilfsmittel dazu beitragen, betroffene junge Menschen in ihrer Selbstbestimmung zu stärken. Denn aufgrund bestehender Erkrankungen bzw. (drohender) Behinderungen sind sie in ihrem Alltag verstärkt auf Unterstützung, u.a. durch ihre Eltern oder andere Bezugspersonen angewiesen und daher besonders vulnerabel. Dadurch sind Prozesse der Verselbstständigung für sie, verglichen mit jungen Menschen ohne Einschränkungen, besonders erschwert. Zumal Hilfsmittel Betroffene dabei unterstützen, die eigene Handlungsfähigkeit sowie Teilhabe am Alltagsleben zu begünstigen und eine größtmögliche Eigenaktivität zu fördern Vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft Sozialpädiatrischer Zentren, „Hilfsmittelversorgung im Kindes- und Jugendalter in Sozialpädiatrischen Zentren“, 2010, 3, https://www.dgspj.de/wp-content/uploads/qualitaetssicherung-papiere-hilfsmittel-2010.pdf (zuletzt aufgerufen am 10.04.2024)., kann deren beschleunigte Bewilligung und der dadurch schnellere Zugang dazu beitragen, die Abhängigkeit betroffener junger Menschen von externer Unterstützung, z.B. seitens der Eltern, zu mindern.
Bislang bedeutet eine Prüfung der medizinischen Erforderlichkeit der Hilfsmittelversorgung durch das weisungsgebundene Personal der Krankenkassen bzw. in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst einen erheblichen Kommunikationsaufwand, den zumeist Eltern oder Erziehungsberechtigte der betroffenen jungen Menschen übernehmen mussten. Dieser Prozess der Antragsstellung und Prüfung sowie möglicher Widerspruchsverfahren geht häufig mit einer psychischen Belastung sowohl für die Betroffenen als auch deren Eltern und Angehörige einher. Vgl. Matthias Schmidt-Ohlemann, „Bedarfsgerechte Hilfsmittelversorgung für Kinder und Jugendliche – Probleme und Handlungsoptionen“, 2022, 4, https://www.reha-recht.de/fileadmin/user_upload/RehaRecht/Infothek/Sonstige_Ver%C3%B6ffentlichungen/2022/Expertise_Hilfsmittelversorgung_Schmidt-Ohlemann_15_4_2022-bf.pdf (zuletzt aufgerufen am 10.04.2024). Durch die Vermutung der Erforderlichkeit könnte diese Belastung gemindert werden.
Verbesserung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung für Kinder und Jugendliche durch separate Bedarfsplanung
§ 101 Abs. 4a SGB V
Künftig sollen psychotherapeutisch tätige Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die überwiegend oder ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln, als eigene bedarfsplanungsrechtliche Arztgruppe erfasst werden, vgl. § 101 Abs. 4a S. 1 SGB V. Für diese eigene Arztgruppe soll sodann separat der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ermittelt werden, vgl. § 101 Abs. 4a S. 2 SGB V. Die Bildung einer separaten Arztgruppe soll dann als Grundlage für eine zielgenaue Bedarfsplanung für die Festlegung der Versorgung und von Niederlassungsmöglichkeiten für das entsprechende Fachpersonal der Arztgruppe der Bedarfsplanung-Richtlinie dienen. Vgl. §§ 4; 6 Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie)
Die Bildung einer neuen bedarfsplanungsrechtlichen Arztgruppe für psychotherapeutisch tätige Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die überwiegend oder ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln, kann zu einer besseren gesundheitlichen Versorgung im Hinblick auf ambulante Psychotherapie für junge Menschen führen. Bislang wird die psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen bedarfsplanungsrechtlich gemeinsam mit derjenigen für Erwachsene gefasst, wodurch für Kinder und Jugendliche keine eigenständige Ermittlung des bedarfsgerechten Versorgungsgrades durchgeführt wird. Dieser stellt die Grundlage dafür dar, ob sich in einem Planungsbereich zusätzliches ärztliches Fachpersonal niederlassen kann. Vgl. Kassenärztliche Bundesvereinigung, „Die Bedarfsplanung. Grundlagen, Instrumente und Umsetzung“, 2020, 7. Angesichts dessen, dass insbesondere junge Menschen psychisch stark durch die COVID-19 Pandemie belastet wurden und sie dadurch einen erhöhten Bedarf an psychotherapeutischer Unterstützung aufweisen, Vgl. Plötner u. a., „Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die ambulante psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen“, 476. könnte die gesonderte Bedarfsplanung dieser Entwicklung Rechnung tragen und dazu führen, dass zusätzliche Niederlassungsmöglichkeiten für kinder- und jugendtherapeutisches Fachpersonal entsteht und diese insgesamt künftig zielgenauer gesteuert werden könnten. Vgl. „Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz – GVSG“, 8, 35, 52. Somit könnte der flächendeckende Zugang zur ambulanten psychotherapeutischen Versorgung für Jugendliche befördert werden. Vgl. „Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz – GVSG“, 52.
Durch die separate Bedarfsplanung der betroffenen Arztgruppe könnten junge Menschen in Zukunft einen schnelleren Zugang zu einer ambulanten Psychotherapie erhalten. Denn durch den flächendeckenden Zugang zu ambulanten psychotherapeutischen Versorgungsangeboten könnten sich die Wartezeiten, die aktuell circa ein halbes Jahr betragen, Vgl. Plötner u. a., „Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die ambulante psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen“, 475. fortan verkürzen. Dies könnte sich positiv auf die psychische Gesundheit junger Betroffener auswirken, zumal insbesondere im jungen Alter eine zeitnahe Behandlung psychischer Erkrankungen dabei helfen kann, Chronifizierungen vorzubeugen. Vgl. Plötner u. a., 476.
Weiterhin könnte die separate Bedarfsplanung für die betroffene Arztgruppe dabei helfen, jungen Menschen einen erleichterten wohnortnahen Zugang zu einer ambulanten Psychotherapie zu ermöglichen. In der Verteilung von Niederlassungsmöglichkeiten wird angenommen, dass städtische Gebiete eine Mitversorgung für ländliche Gebiete erbringen, wobei die bisherige Zusammensetzung der Arztgruppe, die auch Erwachsene enthält, z.B. Berufspendlerinnen und -pendler berücksichtigt. Dies führt dazu dass auch Kinder und Jugendliche bislang zum Teil weite Wege auf sich nehmen müssen, um ein ambulantes psychotherapeutisches Angebot aufzusuchen. Vgl. Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten e.V., „Resolution – DV 1-2024 bvvp-Delegierte fordern: Bedarfsplanung für Kinder und Jugendliche – jetzt!“, 15. März 2024, 1, https://bvvp.de/wp-content/uploads/2024/03/Resolution-Forderung-Bedarfsplanung-fuer-Kinder-und-Jugendliche_public.pdf (zuletzt aufgerufen am 10.04.2024). Dabei sind insbesondere junge Menschen im ländlichen Raum häufig nur eingeschränkt mobil und auf den ÖPNV angewiesen, da sie z.B. nicht über einen Führerschein oder ein eigenes Auto verfügen. Vgl. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, „Mobilität in Deutschland. Ergebnisbericht.“ (Bonn, 2018), 53. Daher könnte die eigene Bedarfsplanung und der damit einhergehende Wegfall der Mitversorgung Vgl. Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten e.V., „Resolution – DV 1-2024 bvvp-Delegierte fordern: Bedarfsplanung für Kinder und Jugendliche – jetzt!“, 1. die wohnortnähere Versorgung und damit die Erreichbarkeit von psychotherapeutischem Fachpersonal für junge Menschen verbessern. Dies könnte dazu beitragen, (infra-)strukturelle Hürden der Inanspruchnahme einer ambulanten Psychotherapie für sie abzubauen.
Finanzielle Entlastung von Waisenrentenbezieherinnen und -beziehern bei Absolvieren eines Freiwilligendienstes
§ 226 Abs. 6 SGB V; § 57Abs. 1 Satz 1 SGB XI
Bezieherinnen und Bezieher von Waisenrente bis 25 Jahre, die einen Bundesfreiwilligendienst oder einen Jugendfreiwilligendienst absolvieren und versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind, sollen künftig von der Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für die Waisenrente oder entsprechende Hinterbliebenenversorgungsleistungen befreit werden, vgl. § 226 Abs. 6 SGB V; § 57 Abs. 1 S. 1 SGB XI. Die derzeitige Beitragspflicht ergibt sich daraus, dass die Aufwandsentschädigung, die für den Freiwilligendienst gezahlt wird, wie eine entgeltliche Tätigkeit bewertet wird. Vgl. „Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz – GVSG“, 62. Künftig soll dann die Versicherungspflicht als Beschäftigte oder Beschäftigter vorrangig vor der sein, die sich aus dem Erhalt der Waisenrente gem. § 5 Abs. 1 Nr. 11b SGB V ergibt. Vgl. „Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz – GVSG“, 62.
Durch die Beitragsfreiheit in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bei Absolvieren eines Jugend- bzw. Bundesfreiwilligendienstes könnten Bezieherinnen und Bezieher von Waisenrente künftig finanziell entlastet werden. Betroffene bis zu einem Alter von 25 Jahren müssten fortan auf ihre Waisenrente keine Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung zahlen, wodurch ihnen insgesamt mehr Geld zur Verfügung stünde. Im Jahr 2022 erhielten Bezieherinnen und Bezieher von Waisenrente monatlich durchschnittlich 220 Euro Waisenrente. Vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund, „Rentenversicherung in Zahlen 2023“, 2023, 35, https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Statistiken-und-Berichte/statistikpublikationen/rv_in_zahlen.pdf?__blob=publicationFile&v=3. Durch den Wegfall der Betragszahlung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung würde die finanzielle Entlastung für Betroffene durchschnittlich rund 38 Euro pro Monat betragen. Eigene Berechnung entsprechend der aktuell geltenden Beitragssätze in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. In Anbetracht der Maximalhöhe von 453 Euro Aufwandsentschädigung für den Freiwilligendienst Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, „Jugendfreiwilligendienst – Antworten auf häufige Fragen“, 2024, https://www.jugendfreiwilligendienste.de/jugendfreiwilligendienste/service/faq. kann die durchschnittliche Entlastung junge Betroffene in ihrer finanziellen Selbstbestimmung unterstützen. Für junge Menschen die Waisenrente beziehen, kann der Zugang zu einem Jugend- oder Bundesfreiwilligendienst erleichtert werden. Insbesondere, da bei ihnen davon auszugehen ist, dass sie in der Regel über geringere finanzielle Ressourcen als Gleichaltrige verfügen. Betroffene könnten künftig ggf. eher erwägen einen Freiwilligendienst anzutreten und das damit verbundene Bildungsangebot und die berufliche Orientierung in Anspruch zu nehmen. Insgesamt könnte somit die Attraktivität des Freiwilligendienstes für die Betroffenen gesteigert werden.
Anmerkungen und Hinweise
Es ist von einer Übergangsphase auszugehen, bis junge Menschen einen verbesserten Zugang zu psychotherapeutischen Versorgungsangeboten erhalten können. Denn zunächst muss eine separate bedarfsplanungsrechtliche Arztgruppe geschaffen werden, die die Grundlage für die Umsetzung der Bedarfsplanung darstellt. In deren Folge müssten weitere Maßnahmen zur Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung erfolgen. Bis dahin könnte weiterhin eine nicht ausreichende psychotherapeutische Versorgung für junge Menschen bestehen.