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Jugend-Check zum ReferentenentwurfRegierungsentwurf
18. Juni 2024

Notfallgesetz

Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Notfallversorgung (NotfallGesetz – NotfallG) (Stand 03.06.2024) Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Notfallversorgung (NotfallGesetz – NotfallG) (Stand: 01.01.1970)

Ressort: Bundesministerium für Gesundheit (BMG)

Ziel des Gesetzesentwurfs

Ziel des Gesetzesentwurfs ist die Verbesserung und Vernetzung der bisherigen Teilbereiche der medizinischen Notfall- und Akutversorgung. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Notfallversorgung (NotfallGesetz – NotfallG)“, 3. Juni 2024, 1. Hierfür sollen sog. Integrierte Notfallzentren eingerichtet und so künftig bundesweit eine einheitliche sektorübergreifende Notfallinfrastruktur gewährleistet werden. Zudem sollen die notdienstliche Akutversorgung der Kassenärztlichen Vereinigung ausgebaut bzw. durch die verpflichtende Einrichtung eines telemedizinischen Versorgungsangebots eine bessere Erstversorgung der Patientinnen und Patienten sichergestellt werden. Vgl. „NotfallG“, 2.

Zusammenfassung möglicher Auswirkungen

Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:

  • Künftig soll die notdienstliche Akutversorgung um das Angebot einer 24 Stunden verfügbaren ärztlichen telefonisch und videounterstützten Versorgung auch durch Fachärztinnen und Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin erweitert werden (§ 75 Abs. 1b S. 3 Nr. 2 SGB V). Dies könnte die gesundheitliche Versorgung von Jugendlichen verbessern. Denn Jugendliche und ihre Eltern könnten künftig spezifische medizinische Empfehlungen bekommen, ohne dafür Fahrtwege und Wartezeiten in der nächsten kinder- und jugendmedizinischen Akutversorgungspraxis in Kauf nehmen zu müssen.
  • Es sollen Integrierte Notfallzentren für Kinder und Jugendliche an Kinderkliniken und Krankenhäusern mit pädiatrischer Abteilung eingerichtet werden (§ 123b Abs. 1 SGB V). Hierdurch können Jugendliche, welche notfallmedizinisch betreut werden müssen, künftig von einer integrierten Versorgung profitieren und könnten weniger lange in der Notaufnahme dieser Kliniken auf ihre Behandlung warten müssen. Denn die integrierte Versorgung ist bisher in Deutschland nicht flächendeckend der Fall.
  • Behandlungstermine zur Anschlussbehandlung sollen künftig direkt im Integrierten Notfallzentrum bzw. Integrierten Notfallzentrum für Kinder und Jugendliche gebucht werden können (§ 75 Abs. 1a S. 4 Nr.2 und S. SGB V). Dies könnte dazu führen, dass sich die Nachversorgung betroffener Jugendlicher verbessert. Denn Jugendliche und ihre Familien müssten dann nicht erst selbst mit der entsprechenden Praxis einen Termin ausmachen. Dies könnte allerdings von entsprechenden Terminkontingenten in den weiterbehandelnden Praxen abhängen.

Betroffene Gruppen junger Menschen

Betroffen sind Jugendliche bis 18 Jahre, welche eine medizinische Notfall- oder Akutversorgung benötigen, besonders außerhalb der Öffnungszeiten von Hausärztinnen und -ärzten bzw. Kinderärztinnen und -ärzten. Jugendliche sind im Vergleich zu Kindern im Grundschulalter häufiger auf die Versorgung in Kinderkliniken angewiesen Vgl. Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e.V., „Jugendmedizin in deutschen Kliniken für Kinder und Jugendliche. Eine aktuelle Erhebung“, 2021, 1, https://www.dakj.de/wp-content/uploads/2021/10/DAKJ-Umfrage-Jugendmedizin.pdf (zuletzt aufgerufen am: 07.06.2024). und machen ca. 25 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit stationären Aufnahmen aus. Da umfassende Daten über die Versorgungssituation von Kindern und Jugendlichen in der Notfall- und Akutversorgung bisher fehlen, gibt hier der Wert der stationären Aufnahmen einen ersten Eindruck bzgl. der Betroffenheit junger Menschen. Der Großteil der stationären Aufnahmen geht dabei auf neonatologische Patienten und Säuglinge zurück. Vgl. Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e.V., „Jugendmedizin in deutschen Kliniken für Kinder und Jugendliche. Eine aktuelle Erhebung“ (zuletzt aufgerufen am: 07.06.2024); vgl. „EDCareKids: Analyse der Kindernotfallversorgung in Deutschland“, Medizinische Fakultät. Universitätsklinikum Mageburg A.ö.R., 3. Mai 2024, https://www.med.uni-magdeburg.de/News/EDCareKids_+Analyse+der+Kindernotfallversorgung+in+Deutschland-p-41034.html (zuletzt aufgerufen am: 07.06.2024).

Jugendrelevante Auswirkungen

Verbesserung der gesundheitlichen Akut- und Notfallversorgung Jugendlicher

§§ 75 Abs. 1a S. 4 Nr. 2 und S. 18 , Abs. 1b S. 3 Nr. 2 und S. 6; 123 Abs. 1 S. 1 und S. 4, Abs. 2 S. 1, Abs. 6 S. 1; 123b Abs. 1, Abs. 2 SGB V

Die notdienstliche Akutversorgung, Die Notdienstliche Akutversorgung umfasst die vertragsärztliche Versorgung in Fällen, in denen eine sofortige Behandlung aus medizinischen Gründen erforderlich ist (vgl. GE S. 32). Bisher ist sie als kassenärztlicher Notdienst nur in sprechstundenfreien Zeiten vorgeschrieben (vgl. § 75 Abs. 1b SGB V geltendes Recht). welche der Verantwortung der Kassenärztlichen Vereinigungen obliegt, soll zukünftig durch das Angebot einer 24 Stunden verfügbaren ärztlichen telefonisch und videounterstützten Versorgung erweitert werden, diese Versorgung soll auch durch Fachärztinnen und Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin wahrgenommen werden, vgl. § 75 Abs. 1b S. 3 Nr. 2 SGB V.

Es sollen Integrierte Notfallzentren als fester Bestandteil der Notfallversorgung zur besseren Akut- und Notfallversorgung eingerichtet und gesetzlich verankert werden. Diese Integrierten Notfallzentren sollen sich dabei aus drei Komponenten zusammensetzen: der Notaufnahme eines Krankenhauses, einer Notdienstpraxis und einer zentralen Ersteinschätzungsstelle, vgl. § 123 Abs. 1 S. 1 SGB V. Zudem sollen Integrative Notfallzentren für Kinder und Jugendliche eingerichtet werden können. Die Einrichtung ist an die Voraussetzung geknüpft, dass das Krankenhaus als Teil des Integrierten Notfallzentrums die Anforderungen an das Modul „Notfallversorgung Kinder“ erfüllt, vgl. § 123b Abs. 1 SGB V. Die Standortwahl für diese Integrierten Notfallzentren für Kinder und Jugendliche soll sich an den tatsächlichen Kapazitäten der in der Region vorhanden Fachärztinnen und Fachärzte für Kinder und Jugendmedizin orientieren. Vgl. „NotfallG“, 45.

Personen, die medizinische Hilfe brauchen, sollen sich sodann mit ihrem Anliegen an Integrierte Notfallzentren bzw. Integrierte Notfallzentren für Kinder und Jugendliche wenden können bzw. diese selbstständig aufsuchen. Über eine Ersteinschätzung der gesundheitlichen Beschwerden und über die Weiterbehandlung bzw. die Behandlungsdringlichkeit soll die zentrale Ersteinschätzungsstelle entscheiden, vgl. § 123 Abs. 2 S. 1 SGB V i.V.m. § 123b Abs. 2 SGB V. Innerhalb der beteiligten Stellen eines Integrierten Notfallzentrums soll eine digitale Fallübergabe ermöglicht werden, vgl. § 123 Abs. 1 S. 4 SGB V i.V.m. § 123b Abs. 2 SGB V. Außerdem soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass Integrierte Notfallzentren und Integrierte Notfallzentren für Kinder und Jugendliche bei einer weiteren Behandlungsnotwendigkeit Behandlungstermine bei Vertragsärztinnen und Vertragsärzten der Kassenärztlichen Vereinigungen buchen können, vgl. § 75 Abs. 1a S. 18 i.V.m. § 75a Abs. 1a S. 4 Nr. 2 SGB V.

An Standorten, an denen kein eigenes integriertes Notfallzentrum für Kinder und Jugendliche eingerichtet wird, soll die Gewährleistung eines telemedizinischen kinder- und jugendärztlichen Notdienstes bzw. Konsilien Unter Konsil versteht man „die patientenbezogene Beratung eines Arztes durch einen anderen Arzt, meist einen Facharzt.“ Sebastian Merz und Frank Antwerpes, „Konsil“, DocCheck Flexikon, 26. Mai 2010, https://flexikon.doccheck.com/de/Konsil (zuletzt aufgerufen am: 11.06.2024). nach § 367 SGB V als Unterstützung der Integrierten Notfallzentren verpflichtend geregelt werden, vgl. § 123 Abs. 6 S. 1 SGB V. Diese telemedizinische Unterstützung durch Kinder- und Jugendmedizinerinnen und -mediziner in den Integrierten Notfallzentren soll auch durch die Kassenärztliche Vereinigung wahrgenommen werden können, vgl. § 75 Abs. 1b S. 6 SGB V. Vgl. „NotfallG“, 41.

Die geplante Ausweitung der notdienstlichen Akutversorgung könnte die gesundheitliche Versorgung von Jugendlichen verbessern. Haben Jugendliche und ihre Eltern bzw. Sorgeberechtigten künftig rund um die Uhr Zugang zu telefonischer bzw. videogestützter Beratung und Behandlung durch Fachärztinnen und Fachärzte für Kinder und Jugendmedizin, können Jugendliche und ihre Eltern spezifische medizinische Empfehlungen bekommen, ohne dafür Fahrtwege und Wartezeiten in Kauf nehmen zu müssen. Zahlen aus Berlin zeigen, dass durch ein gut ausgebautes System der telefonischen und telemedizinischen Beratung bis zu 70 Prozent der Hilfesuchenden so beraten werden können, dass keine weitere Vorstellung in der Akut- oder Notfallversorgung erforderlich ist. Vgl. „NotfallG“, 28. Gerade im ländlichen Raum, wo die Anfahrt zu einer spezialisierten Versorgung mitunter lang sein kann, kann dies Jugendliche und ihre Familien entlasten. Gleichzeitig könnten dadurch in den Notaufnahmen Kapazitäten für diejenigen Jugendlichen geschaffen werden, die tatsächlich eine solche Versorgung benötigen. Denn Studien zeigen, dass Notaufnahmen für Kinder und Jugendliche aktuell hohe Zahlen an Patientinnen und Patienten aufweisen, deren Behandlung keinen akuten Notfall darstellt. Vgl. Alexander Althammer u. a., „Pädiatrische Notfallpatienten in den Notaufnahmen einer deutschen Metropolregion“, Med KlinIntensivmed Notfallmed, 13. September 2023, 6.

Werden künftig Integrierte Notfallzentren für Kinder und Jugendliche an Kinderkliniken und Krankenhäusern mit pädiatrischer Abteilung eingerichtet, kann auch hier eine fallspezifische Notfall- und Akutversorgung von Kindern und Jugendlichen je nach Versorgungsbedarf umgesetzt werden. Bereits heute werden in vielen Bundesländern abends und an Wochenenden bzw. Feiertagen kinderärztliche Notfalldienste vorgehalten, die teils an Kinderkliniken angesiedelt sind. Vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft Kind und Krankenhaus e.V., „Wer kümmert sich eigentlich um Notfälle bei Kindern und Jugendlichen?“, o. J., https://www.bakuk.de/themen/notfallversorgung (zuletzt aufgerufen am: 11.06.2024). Dies ist bisher allerdings nicht flächendeckend der Fall. Vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft Kind und Krankenhaus e.V. Jugendliche, welche notfallmedizinisch betreut werden müssen, könnten dann künftig von einer integrierten Versorgung profitieren und weniger lange in der Notaufnahme dieser Kliniken auf ihre Behandlung warten. Dies kann ihre gesundheitliche Versorgung verbessern. Da die Errichtung von Integrierten Notfallzentren im Bereich der Kinder- und Jugendkliniken allerdings nicht verpflichtend sein soll, könnte diese geplante bessere Versorgung in der tatsächlichen Umsetzung nicht für alle Jugendlichen erreicht werden.

Die geplante Vorschrift der Vorhaltung eines telemedizinischen kinder- und jugendärztlichen Notdienstes bzw. der Möglichkeit von Konsilien in Integrierten Notfallzentren ohne kinder- und jugendärztliche Expertise könnte eine spezialisierte Behandlung von Jugendlichen, welche Notaufnahmen allgemeiner Krankenhäuser aufsuchen, erleichtern. Gerade im ländlichen Raum kann die Notaufnahme eines allgemeinen Krankenhauses ggf. schneller zu erreichen sein als eine Kinderklinik. Auch ist denkbar, dass Familien mit Jugendlichen unsicher sind, ob die Kinderklinik noch für sie zuständig ist und daher vermehrt Notaufnahmen allgemeiner Krankenhäuser aufsuchen. Bisher gibt es hierzu keine Daten aus Deutschland. Ein aktuelles Forschungsprojekt nimmt sich dem Thema allerdings aktuell an. Vgl. „EDCareKids: Analyse der Kindernotfallversorgung in Deutschland“ (zuletzt aufgerufen am: 07.06.2024).

Die Möglichkeit der direkten Buchung von Behandlungsterminen zur Anschlussbehandlung nach der Behandlung in einem Integrierten Notfallzentrum bzw. Integriertem Notfallzentrum für Kinder und Jugendliche könnte dazu führen, dass sich die Nachversorgung betroffener Jugendlicher verbessert. Denn Termine zur Anschlussbehandlung könnten so zeitnah zustande kommen, ohne dass Jugendliche und ihre Familien erst selbst mit der entsprechenden Praxis für die Weiterbehandlung einen Termin ausmachen müssen. Dies könnte allerdings von entsprechenden Terminkontingenten in den weiterbehandelnden Praxen abhängen.

Quellen

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