Ziel des Gesetzentwurfs
Ziel des Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit ist es, die „Förderinstrumente der Arbeitsmarktpolitik für Beschäftigte und Ausbildungssuchende weiterzuentwickeln, um der beschleunigten Transformation der Arbeitswelt zu begegnen“. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 16. Dezember 2022, 2. Der Gesetzesentwurf sieht im Rahmen der Ausbildungsförderung dafür die Einführung einer Ausbildungsgarantie vor, die durch verschiedene Leistungen ausgestaltet sein soll. Die Ausbildungsgarantie soll die europäische Jugendgarantie umsetzen, durch die jungen Menschen eine Beschäftigung, Ausbildung oder Weiterbildung angeboten werden soll. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 3f. Neben den Förderungsvorhaben, die insbesondere junge Menschen im Blick haben, sollen Weiterbildungsangebote insgesamt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiter ausgebaut werden und damit auf die voranschreitende Veränderung des Arbeitsmarktes und die Verschiebung der Bedarfe reagiert werden. Dazu soll u.a. eine Bildungs(teil)zeit mit einem Bildungsgeld eingeführt werden, mit welcher außerbetriebliche Weiterbildungen absolviert oder Schulabschlüsse nachgeholt werden können. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 33,16. Die einzelnen Maßnahmen sollen schrittweise bis zum 1. Juli 2024 in Kraft treten.
Zusammenfassung möglicher Auswirkungen
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
- Junge Menschen, die als ausbildungssuchend gemeldet sind und die Vollzeitschulpflicht erfüllt haben, sollen bei Absolvieren eines Berufsorientierungspraktikum zwischen einer und sechs Wochen von der Agentur für Arbeit finanziell unterstützt werden (§ 48a SGB III) können. Dadurch können sie Einblicke in verschiedene Berufe erlangen und Kontakte zu Betrieben oder Unternehmen knüpfen, um sich so in ihrer Berufswahl zu orientieren.
- Junge Menschen, die eine förderungsfähige Berufsausbildung nach § 57 Abs. 1 SGB III aufgenommen haben, die vom bisherigen Wohnort nicht in angemessener Zeit erreicht werden kann, sollen einen Mobilitätszuschuss für eine monatliche Heimfahrt im ersten Ausbildungsjahr erhalten können (§ 73a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGB III). Das kann ein Anreiz für junge Menschen sein, eine Ausbildung in einem anderen Ort aufzunehmen, da sie so weiterhin Kontakt zu ihrer Familie und ihren Freunden halten können. Junge Menschen brauchen jedoch auch Zugang zu bezahlbarem Wohnraum am Ausbildungsort.
- Eine Einstiegsqualifizierung soll auch ohne das Vorliegen von Gründen in Teilzeit möglich sein (§ 54a Abs. 2 Nr. 3 SGB III) Davon können z.B. junge Geflüchtete profitieren, die damit neben der Einstiegsqualifizierung auch einen Sprachkurs absolvieren können.
- Es soll eine Bildungs(teil-)zeit eingeführt werden, die sozialversicherungspflichten Beschäftigten die Möglichkeit einer außerbetrieblichen Weiterbildung durch den Bezug eines Bildungsgeldes ermöglichen soll (§ 87b SGB III). Junge Menschen könnten diese nutzen, um neben ihrem Beruf einen höherqualifizierenden Schulabschluss nachzuholen und sich damit ggf. weiter qualifizieren.
Betroffene Gruppen junger Menschen
Betroffen sind in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe junge Menschen bis 27 Jahre, die vor ihrem Schulabschluss stehen oder diesen gerade erworben haben und die eine Ausbildungsstelle suchen. Darüber hinaus sind auch junge Menschen ohne Schulabschluss betroffen, für die keine Vollzeitschulpflicht mehr besteht. Auch solche jungen Menschen, die bisher auf dem Arbeitsmarkt keine Ausbildungsstelle gefunden haben und ggf. eine Alternative absolvieren (z. B. Einstiegsqualifizierung) sind betroffen. Darüber hinaus sind junge Menschen betroffen, die eine außerbetriebliche Ausbildung absolvieren.
Im Jahr 2021 gab es 24.614 junge Menschen, die weder eine Ausbildung noch eine Alternative gefunden haben. Demgegenüber standen 63.176 registrierte, jedoch unbesetzte Ausbildungsstellen. Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, „Berufsbildungsbericht 2022“, Mai 2022, 69 f. Weitere 43.204 Menschen waren weiterhin auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle und dafür bei der Bundesagentur für Arbeit oder dem Jobcenter registriert während sie eine Alternative wie z.B. eine Einstiegsqualifizierung oder ein Praktikum absolvierten. Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, 70. Im Jahr 2021 wurden 16.512 außerbetrieblichen Ausbildungsverträge im Vergleich zu 473.063 betrieblichen Ausbildungsverträgen abgeschlossen. Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, 49.
Daneben sind junge Menschen mit Behinderungen, die eine Ausbildung nach den Ausbildungsregelungen des § 66 Berufsbildungsgesetz (BBiG) und § 42r Handwerksordnung (HwO) anstreben oder absolvieren von dem Gesetz betroffen.
Weitere Normadressatinnen und Normadressaten sind junge Menschen, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind und sich nunmehr weiterbilden möchten.
Jugendrelevante Auswirkungen
Einführung einer Ausbildungsgarantie
§§ 48a, 73a Abs. 1, Abs. 2, 54a Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3, S 2, Abs. 5 S. 3, 76 Abs. 2 S. 6-8. Abs. 5 S. 2 SGB III
Die Einführung einer Ausbildungsgarantie soll durch eine Erweiterung der Leistungsinstrumentarien der Ausbildungsförderung erfolgen: Es soll ein förderfähiges Berufsorientierungspraktikum (§ 48a SGB III) und ein Mobilitätszuschuss (§ 73a SGB III) eingeführt werden. Um die Ausbildungsgarantie zu gewährleisten, soll der Kreis der Adressatinnen und Adressaten für die Einstiegsqualifizierung erweitert werden (§ 54 Abs. 2, Abs. 5 SGB III) und die Modalitäten der außerbetrieblichen Berufsausbildung angepasst werden (§ 76 Abs. 2, 5 SGB III).
Der neu eingefügte § 48a SGB III soll die Möglichkeit eines Berufsorientierungspraktikums eröffnen. Die Agentur für Arbeit soll ein solches Praktikum fördern können. Das Angebot richtet sich an junge Menschen und ist an die Voraussetzung geknüpft, dass die Vollzeitschulpflicht erfüllt wurde und eine Meldung als Ausbildungsbewerberin oder -bewerber bei der Agentur für Arbeit vorliegt, vgl. § 48a Abs. 1 S. 1 SGB III. Das Absolvieren des Berufsorientierungspraktikums soll die Berufsauswahlentscheidung fördern und soll eine Dauer von einer Woche bis zu sechs Wochen haben, § 48a Abs. 1 S. 3-4 SGB III. Fahrtkosten und Kosten für eine Unterkunft sollen übernommen werden, sofern ein Pendeln zur Praktikumsstelle nicht möglich ist. § 48a Abs. 2 S. 1 SGB III. Für die Bedarfshöhenbestimmung der Förderung für Unterkunft und Fahrtkosten wird auf die Vorschriften des § 63 Abs. 3 SGB III und § 13 Abs. 2 Nr. 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) verwiesen, vgl. § 48a Abs. 2 S. 2 SGB III. Die Einführung des Berufsorientierungspraktikums soll mit Inkrafttreten des Gesetzes gültig sein.
Im Rahmen der Ausbildungsgarantie soll auch ein Mobilitätszuschuss für junge Menschen, die eine förderungsfähige Berufsausbildung nach § 57 Abs. 1 SGB III in einem Ausbildungsbetrieb aufgenommen haben und deren Ausbildungsstätte vom bisherigen Wohnort nicht in angemessener Zeit erreicht werden kann, eingeführt werden, vgl. § 73a Abs. 1 SGB III. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 34. Der Mobilitätszuschuss soll auch jungen Menschen gewährt werden können, die eine berufliche Ausbildung gem. § 116 Abs. 2 SGB III machen (beispielsweise Sonderformen der Ausbildung für Menschen mit Behinderungen), vgl. § 73a Abs. 1 S.2 SGB III. Umfasst von der monetären Leistung soll die Kostenübernahme für eine monatliche Familienheimfahrt im ersten Ausbildungsjahr sein, wobei die Gewährung der Leistung im Ermessen der zuständigen Agentur für Arbeit bzw. des Jobcenters liegen soll, vgl. § 73a Abs. 2 SGB III. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 48 f. Die Einführung des Mobilitätszuschusses soll zum 1. Dezember 2023 erfolgen, vgl. Artikel 2 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit.
Die Regelungen über die Einstiegsqualifizierung in § 54a SGB III sollen durch den Gesetzentwurf angepasst werden. Nunmehr soll das Absolvieren einer Einstiegsqualifikation auch in Teilzeit möglich sein, ohne dass es dafür der Gründe der Kindererziehung oder Pflege von Familienangehörigen bedarf, vgl. § 54a Abs. 2 Nr. 3 SGB III. Darüber hinaus sollen auch Menschen mit Behinderungen durch eine Einstiegsqualifizierung gefördert werden können, wenn sie dadurch z.B. auf eine Ausbildung nach § 66 Berufsbildungsgesetz vorbereitet werden, vgl. § 54a Abs. 2. S. 2 SGB III. Durch die Gesetzesänderung sollen bereits Einstiegsqualifizierungen ab einer Dauer von vier Monaten förderfähig sein, die Mindestdauer beträgt bislang sechs Monate, vgl. § 54a Abs. 2 Nr. 1 SGB III. Zudem sollen junge Menschen, deren betriebliches Ausbildungsverhältnis vorzeitig aufgelöst wurde, bei demselben Arbeitgeber leichter wieder eine Einstiegsqualifizierung absolvieren können, vgl. § 54a Abs. 5 S. 2 SGB III. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 34. Die Änderungen zur Einstiegsqualifizierung sollen zum 1. Dezember 2023 in Kraft treten, vgl. Art. 2 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit.
Im Bereich der außerbetrieblichen Berufsausbildungen soll fortan die Förderung junger Menschen auch nach erfolgreichem Übergang in ein betriebliches Berufsausbildungsverhältnis durch denselben Träger weiterhin möglich sein , vgl. § 76 Abs. 2 S. 6 – 8 SGB III. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 58 f. Zukünftig sollen auch junge Menschen förderberechtigt für eine außerbetriebliche Berufsausbildung sein, bei denen trotz eigener Bewerbungen als auch Vermittlungsversuchen durch die Agentur für Arbeit nicht damit zu rechnen ist, dass sie eine betriebliche Berufsausbildung aufnehmen werden, vgl. § 76 Abs. 5 S. 2 SGB III. Die Änderungen zur außerbetrieblichen Berufsausbildung sollen zum 1. Juli 2024 in Kraft treten, vgl. Artikel 3 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit.
Mit der Ausbildungsgarantie können junge Menschen darin unterstützt werden, eine angestrebte Berufsausbildung aufzunehmen und erfolgreich zu absolvieren. Die die Ausbildungsgarantie umfassenden Angebote richten sich dabei vor allem an junge Menschen, denen der Übergang in eine Ausbildung nicht eigenständig gelingt.
So können etwa junge Menschen, die offiziell bei der Bundesagentur für Arbeit als ausbildungssuchend gemeldet sind und die Vollzeitschulpflicht erfüllt haben, über das geplante Berufsorientierungspraktikum Einblicke in verschiedene Berufe oder Bereiche eines Ausbildungsberufes erlangen und so herausfinden, ob sie sich eine Ausbildung und ein späteres Berufsleben in diesem Bereich vorstellen können. Durch ein solches Praktikum können junge Menschen auch erstmals in Kontakt mit Betrieben und Unternehmen kommen, was die Vermittlung in eine Ausbildung durch das persönliche Kennenlernen, sowohl für den jungen Menschen als auch für den Arbeitgeber, vereinfachen kann. Fahrt- und Unterbringungskosten können während dieser Praktika übernommen werden, wodurch junge Menschen auch Berufsfelder kennenlernen können, die es nicht in der Nähe ihres Wohnortes gibt. Dies kann sie bei der Suche nach einer geeigneten Ausbildung unterstützen. Allerdings können für diese Zeit keine Leistungen gewährt werden, die den Lebensunterhalt sichern Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 46., was wiederum ein Hindernis zur Aufnahme eines Berufsorientierungspraktikums in einer anderen Stadt sein kann, sofern Eltern oder Erziehungsberechtigte nicht finanziell unterstützen können. Grundsätzlich offen bleibt zudem, welche Unterstützung die Bundesagentur für Arbeit bei der Suche nach den Praktikumsstellen bietet. Für junge Menschen, die beispielsweise Sprachbarrieren haben oder über keinen Schulabschluss verfügen, kann es eine Hürde darstellen, sich selbst einen Praktikumsplatz zu suchen, da sie dafür aktiv an Unternehmen und Betriebe herantreten und ggf. eine Bewerbung einreichen müssen. Es sollte sichergestellt werden, dass ausreichend Kapazitäten für Beratung und Unterstützung bereitgestellt werden, um betroffene junge Menschen bei der Vorbereitung und Durchführung des Praktikums zu begleiten.
Der geplante Mobilitätszuschuss kann ein Anreiz für junge Menschen sein, eine Ausbildung außerhalb ihres bisherigen Wohnortes aufzunehmen, da ihnen die Kosten für eine monatliche Heimfahrt im ersten Ausbildungsjahr gewährt werden können – auch unabhängig davon, ob sie diese antreten. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 48. So können junge Menschen gerade in der Anfangszeit der Ausbildung engen Kontakt zu ihrem sozialen Umfeld halten, wozu neben Eltern und Erziehungsberechtigten auch Freundinnen und Freunde als auch die Zugehörigkeit zu Sportvereinen o.ä. zählen kann. So kann die Verselbstständigung junger Menschen vorangetrieben werden, ohne dass eine für sie ggf. zu abrupte Trennung von Familie und Freunden erfolgt. Werden die Kosten für eine monatliche Heimfahrt übernommen, kann dies junge Menschen finanziell entlasten, die in der Ausbildung nur über geringe finanzielle Mittel verfügen. Gerade junge Menschen aus strukturschwachen Regionen könnten dadurch eher bereit sein, für eine Ausbildung den Heimatort zu verlassen und somit eine Ausbildung zu absolvieren, die ggf. zu einer besseren und langfristigeren Berufsperspektive führen kann. Vor allem in den ostdeutschen Flächenländern liegen berufliche Passungsprobleme vor, wodurch sich das Angebot an Ausbildungen von den Berufswünschen Jugendlicher unterscheidet. Vgl. Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, „Bildung in Deutschland 2022. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zum Bildungspersonal“, 2022, 173. Empirische Untersuchungen zeigen jedoch, dass Jugendliche ohne Hochschulzugangsberechtigung sich bei der Wahl eines Ausbildungsberufs an den in ihrer Region verfügbaren Berufsfeldern orientieren, wodurch ungleiche Zugänge zu ökonomischen und sozialen Ressourcen reproduziert werden können. Vgl. Matthias Flohr, Laura Menze, und Paul Protsch, „Berufliche Aspirationen im Kontext regionaler Berufsstrukturen“, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 72, Nr. S.1 (2020): 98–100. Der Mobilitätszuschuss kann diese regionale Orientierung wahrscheinlich nicht aufbrechen und höchstens als ein Anreiz wirken, für Jugendliche, die sich die Ausbildung an einem anderem Ort als dem Wohnort grundsätzlich vorstellen können. Der neue Mobilitätszuschuss richtet sich zudem an junge Menschen, die z.B. keine Berufsausbildungsbeihilfe beziehen und daher die Kosten für eine monatliche Heimfahrt nicht gem. § 63 SGB III erstattet bekommen können. Ob der Mobilitätszuschuss jedoch bezogen werden kann, ist für junge Menschen davon abhängig, ob die Bundesagentur für Arbeit dem zustimmt, da die Bewilligung als Ermessensentscheidung ausgestaltet ist. Damit junge Menschen einen Wohnortwechsel jedoch in Betracht ziehen, muss es am Ausbildungsort für sie auch bezahlbaren Wohnraum geben, der gerade in Großstädten und Ballungsgebieten, immer schwieriger zu finden ist.
Die Möglichkeit, eine Einstiegsqualifizierung ohne das Vorliegen besonderer Gründe in Teilzeit absolvieren zu können, kann insbesondere benachteiligten jungen Menschen helfen, die beispielsweise in schwierigen sozialen Verhältnissen aufwachsen oder psychische Problemen haben und aufgrund dessen nicht in der Lage sind, eine Einstiegsqualifizierung in Vollzeit zu absolvieren. Gerade im Übergangssektor sind junge Menschen ohne Schulabschluss zu finden. Vgl. Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, „Bildung in Deutschland 2022. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zum Bildungspersonal“, 167. Ihnen kann es helfen und einen gewissen Druck nehmen, wenn eine solche Maßnahme auch in Teilzeit absolviert werden kann, weil sie ggf. nicht in der Lage sind, in Vollzeit daran teilzunehmen. Zudem haben sie so die Möglichkeit, bei Bedarf auch an anderen Maßnahmen teilzunehmen, die ihnen helfen, ein eigenständiges Leben aufzubauen und erfolgreich eine Berufsausbildung zu absolvieren. Dies gilt etwa für junge Menschen, die noch keine ausreichenden Deutschkenntnisse haben und neben der Einstiegsqualifizierung einen Sprachkurs absolvieren möchten. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 48. Zudem können junge Menschen zukünftig eine Einstiegsqualifizierung auch ab vier Monaten anstatt wie bislang mindestens sechs Monaten absolvieren, was ihnen mehr Flexibilität, etwa nach einer abgebrochenen Ausbildung oder Studium bringen kann.
Für junge Menschen mit einer Behinderung können sich die Chancen auf eine Ausbildung erhöhen, da Einstiegsqualifizierungen künftig auch als Vorbereitung für Ausbildungen nach § 66 BBiG und § 42o HwO ermöglicht werden sollen. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 34. Für sie kann es ebenfalls von Relevanz sein, dass die Einstiegsqualifizierung künftig in Teilzeit absolviert werden kann, da bislang nur die Pflege von Angehörigen oder die Erziehung von Kindern als Teilzeitgrund anerkannt wurden. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 48. Für sie könnte die Teilzeit jedoch wichtig sein, wenn für sie eine Einstiegsqualifizierung aufgrund ihrer Behinderung in Vollzeit nicht möglich ist. Die Teilnahme an Förderprogrammen ist bei jungen Menschen mit Behinderung der Regelfall. Daher kann die Einstiegsqualifizierung voraussichtlich. vor allem junge Menschen mit körperlicher Behinderung, auf dem Weg in die berufliche Bildung unterstützen Vgl. Juliane Achatz u. a., „Benachteiligte Jugendliche tun sich beim Übergang von der Schule ins Erwerbsleben besonders schwer“, IAB-Forum, August 2021, https://www.iab-forum.de/benachteiligte-jugendliche-tun-sich-beim-uebergang-von-der-schule-ins-erwerbsleben-besonders-schwer/, letzter Abruf: 05.01.2023..
Junge Menschen, deren Ausbildungsverhältnis vorzeitig beendet wurde, sollen fortan eine Einstiegsqualifizierung beim selben Arbeitgeber absolvieren können. Davon können z.B. junge Menschen mit Fluchthintergrund profitieren, wenn etwa ihre Sprachkenntnisse für das erfolgreiche Absolvieren der Ausbildung noch nicht ausreichend waren. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 48. Es können jedoch auch junge Menschen sein, deren Kenntnisse nicht ausreichen, um die Ausbildung erfolgreich abzuschließen und deren Ausbildungsverhältnis daher vorzeitig aufgelöst wurde. Die Neuregelung ermöglicht es, im selben Betrieb nach Auflösung des Ausbildungsvertrages eine Einstiegsqualifizierung zu absolvieren und so den Kontakt zum Betrieb aufrecht zu erhalten, mit dem Ziel, dort erneut eine betriebliche Ausbildung zu absolvieren. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 48. So kann es gelingen, die Anbindung an die Ausbildungsorte aufrecht zu erhalten. Denn 14 Prozent der Jugendlichen, die ihr erstes Ausbildungsverhältnis abbrechen, weisen einen fragmentierten Verlauf mit mehreren Maßnahmen im Übergangsbereich, Arbeitslosigkeit oder keinem erkennbaren Wiedereinstieg in den (Aus-)Bildungsweg auf. Vgl. Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, „Bildung in Deutschland 2022. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zum Bildungspersonal“, 184.
Besonders wichtig für junge Menschen, die von einer außerbetrieblichen in eine betriebliche Ausbildung wechseln, kann zukünftig die mögliche Kontinuität durch eine finanzierte Nachbetreuung durch denselben Träger sein. Betroffene junge Menschen können so eine kontinuierliche Betreuung durch ihnen bekannte Personen erfahren und erleben durch den Wechsel in die betriebliche Ausbildung keinen Trägerwechsel in Zusammenhang mit einem Beziehungsabbruch. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 58 f. Eine kontinuierliche Begleitung kann für diese jungen Menschen von großer Bedeutung für einen erfolgreichen Ausbildungsabschluss sein, da es häufig benachteiligte junge Menschen sind, die entsprechende Förderbedarfe haben.
Auch junge Menschen, bei denen davon ausgegangen wird, dass sie keinen Übergang in eine betriebliche Ausbildung schaffen, sollen künftig förderberechtigt für eine betriebliche Ausbildung sein. Dies gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sie bereits an einer Berufsberatung teilgenommen haben, sich eigenständig um eine Ausbildung bemüht haben und auch die Agentur für Arbeit sie nicht in eine betriebliche Ausbildung vermitteln konnte. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 59. Durch die Möglichkeit einer außerbetrieblichen Ausbildung können diese jungen Menschen auf eine betriebliche Ausbildung vorbereitet werden. Ohne diese Möglichkeit könnten junge Menschen arbeitslos bleiben oder eine Beschäftigung aufnehmen, für die keine Qualifikation notwendig ist und die mit einer Entlohnung im Niedriglohnbereich einhergeht. Generell scheinen die Voraussetzungen, wie die Teilnahme an einer Berufsberatung und die aktive Suche nach einer Ausbildung angesichts der Tatsache, dass es sich hier wahrscheinlich um benachteiligte junge Menschen handelt, die ggf. nicht mehr von Regelangeboten erreicht werden können, sehr hoch. Allein 2021 gab es 76.701 „unbekannt Verbliebene“, die keine Ausbildungsvermittlung mehr nachfragten und unter denen ein unbekannter Anteil junger Menschen ist, die keine anderweitige Ausbildung oder Beschäftigung gefunden haben. Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, „Berufsbildungsbericht 2022“, 79. Allein das Angebot einer außerbetrieblichen Ausbildung könnte nicht ausreichend sein, um sie zu erreichen. Ausreichende Angebote der aufsuchenden Jugendsozialarbeit, könnten hier hilfreich und notwendig sein. Vgl. Kooperatinsverbund Jugendsozialarbeit, „Eckpunktpapier des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit zur Ausbildungsgarantie“ (Berlin, 29. November 2022), 3.
Einführung einer Bildungs(teil-)zeit
§§ 87b Abs. 1 Nr.1 und Nr. 2, 87c Abs. 1 Nr. 1 und Nr.1, 87c Abs. 2 Nr. 1-4,87 d Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGB III
Für Beschäftigte, die durch ihren Arbeitgeber kein Weiterbildungsangebot erhalten, soll im Bereich der beruflichen Weiterbildung eine Bildungszeit bzw. eine Bildungsteilzeit mit einem Bildungszeitgeld eingeführt werden. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 33. Anspruch auf Bildungszeitgeld sollen Beschäftigte bei Erfüllung der Voraussetzungen des Kataloges in § 87b Abs. 1 haben, beispielsweise wenn sie seit mindestens sechs Monaten sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind und die Freistellung in Vollzeit (Bildungszeit) oder in Teilzeit (Bildungsteilzeit) mit ihrem Arbeitgeber vereinbart haben, vgl. § 87 b Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGB III. Bildungszeitgeld soll mindestens zwei Monate bis maximal ein Jahr bzw. bei Bildungsteilzeit mindestens vier Monate bis maximal zwei Jahre bezogen werden können, vgl. § 87 b Abs. 2 SGB III. Eine Maßnahme soll durch Bildungszeitgeld gefördert werden können, wenn dadurch z. B. die individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse an technische Entwicklungen angepasst werden, ein beruflicher Aufstieg vorangetrieben wird oder ein beruflicher, allgemeinbildender oder akademischer Abschluss angestrebt wird, vgl. 87 c Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGB III. Maßnahmen sollen darüber hinaus einen „hinreichenden Arbeitsmarktbezug“ aufweisen und die individuelle Beschäftigungsfähigkeit erhöhen, vgl. § 87c Abs. 2 SGB III. Das soll gegeben sein, wenn die Weiterbildung auch nach §§ 81 und 82 SGB III förderfähig ist, ein mittlerer oder höherer Schulabschluss nachgeholt oder eine ausländische Berufsqualifikation anerkannt wird vgl. § 87c Abs. 2 Nr. 1-4 SGB III. Die Höhe des Bildungszeitgeldes soll 67 Prozent (z. B., wenn man ein Kind hat) bzw. 60 Prozent der Nettoentgeltdifferenz betragen, vgl. § 87d Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGB III.
Die Bildungszeit kann jungen Beschäftigten, die bereits im Berufsleben stehen, helfen, ihre Qualifikationen zu erweitern oder zu verbessern. Dadurch können sie die Chance erhalten, in ihrem jetzigen Berufsfeld aufzusteigen oder auch in einen anderen Bereich umzusteigen. Bildungszeit kann insbesondere für junge Menschen wichtig sein, die neben ihrer Weiterbildung weiterhin in ihrem jetzigen Beruf erwerbstätig sein wollen, um etwa die Anbindung an ihr Unternehmen oder ihren Betrieb nicht zu verlieren. Auch finanzielle Aspekte können dabei eine Rolle spielen. Betroffen sein können etwa junge Menschen, deren Beruf sich durch Fortschritt im Bereich der Digitalisierung in den nächsten Jahren verändern wird und die durch eine Weiterbildung ihre Beschäftigungschancen verbessern könnten. Sie könnten so schon in jungen Jahren Weiterbildungen in Anspruch nehmen und ihre Zukunft in einem Berufsfeld sowie ihre individuelle Beschäftigungsfähigkeit aktiv gestalten. Das Bildungszeitgeld kann dabei ein Anreiz sein, eine Weiterbildung anzustreben ohne zu hohe finanzielle Einkommensverluste zu riskieren. Das kann insbesondere für junge Menschen wichtig sein, deren Einkommen häufig noch geringer als das anderer Altersgruppen ist und die über weniger Sparguthaben verfügen.
Insbesondere für junge Menschen könnte es zudem von Interesse sein, dass sie die Bildungszeit nutzen können, um mittlere oder höhere Schulabschlüsse nachzuholen, etwa um danach einen höheren Berufsabschluss wie Meister oder Techniker anzustreben oder sich durch eine nachgeholte Hochschulreife für ein Studium zu qualifizieren. Zudem könnten junge Geflüchtete oder junge Menschen mit Migrationshintergrund die Bildungszeit für Sprachkurse nutzen, was ihre Beschäftigungsfähigkeit verbessern könnte.
Allerdings muss die Bildungszeit im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber getroffen werden, da es keinen Rechtsanspruch auf diese gibt. Aus diesem Grund wird die Möglichkeit der Inanspruchnahme für junge Menschen vom Arbeitgeber und dort vorliegenden Faktoren, wie der Größe des Betriebs, abhängen.
Anmerkungen und Hinweise
Mit der Ausbildungsgarantie sollen junge Menschen darin unterstützt werden, eine angestrebte Berufsausbildung zu absolvieren. Die die Ausbildungsgarantie umfassenden Maßnahmen und Ansätze können darin unterstützend wirken sind jedoch keine Garantie, einen Ausbildungsplatz zu erhalten oder eine Ausbildung in einem gewünschten Beruf absolvieren zu können. Mit dem Entwurf wird keine gesetzlich verankerte Rechtsnorm geschaffen, die die Ausbildungsgarantie festlegt und ausgestaltet. Junge Menschen haben daher keinen Rechtsanspruch auf eine Ausbildungsgarantie, der aus einer entsprechenden gesetzlichen Regelung abzuleiten wäre.
So kann durch die die Ausbildungsgarantie umfassenden Maßnahmen zwar grundsätzlich jedem Jugendlichen ein Angebot unterbreitet werden, diese Angebote umfassen jedoch auch ausbildungsvorbereitende Maßnahmen, welche keine Garantie für eine Ausbildungsaufnahme sind. Alle unter der Ausbildungsgarantie zusammengefassten Maßnahmen richten sich an Bewerberinnen und Bewerber, die der Bundesagentur für Arbeit oder dem Jobcenter bekannt sind. Allein 2021 gab es jedoch 76.701 Personen („unbekannt Verbliebene“), die keine Ausbildungsvermittlung mehr nachfragten und unter denen ein unbekannter Anteil junger Menschen ist, die keine anderweitige Ausbildung oder Beschäftigung gefunden haben, was für ihren weiteren Bildungsweg und die Integration in den Arbeitsmarkt langfristig nachteilige Folgen hat. Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, „Berufsbildungsbericht 2022“, 79. Diese jungen Menschen werden auch nicht durch die Maßnahmen der Ausbildungsgarantie erfasst und erreicht.
Quellen
Ziel des Gesetzentwurfs
Ziel des Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung ist es, die „Förderinstrumente der Arbeitsmarktpolitik für Beschäftigte und Ausbildungssuchende weiterzuentwickeln, um der beschleunigten Transformation der Arbeitswelt zu begegnen“ „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“, 29. März 2023, 2.. Der Gesetzesentwurf sieht im Rahmen der Ausbildungsförderung dafür die Einführung einer Ausbildungsgarantie vor, die durch verschiedene Leistungen ausgestaltet sein soll. Die Ausbildungsgarantie soll die europäische Jugendgarantie umsetzen, durch die jungen Menschen eine Beschäftigung, Ausbildung oder Weiterbildung angeboten werden soll. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“, 3f.. Die einzelnen Maßnahmen sollen schrittweise bis zum 1. August 2024 in Kraft treten.
Zusammenfassung möglicher Auswirkungen
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
- Junge Menschen, die als ausbildungssuchend gemeldet sind und die Vollzeitschulpflicht erfüllt haben, sollen bei Absolvieren eines Berufsorientierungspraktikum zwischen einer und sechs Wochen von der Agentur für Arbeit finanziell unterstützt werden (§ 48a SGB III) können. Dadurch können sie Einblicke in verschiedene Berufe erlangen und Kontakte zu Betrieben oder Unternehmen knüpfen, um sich so in ihrer Berufswahl zu orientieren.
- Junge Menschen, die eine förderungsfähige Berufsausbildung nach § 57 Abs. 1 SGB III aufgenommen haben, die vom bisherigen Wohnort nicht in angemessener Zeit erreicht werden kann, sollen einen Mobilitätszuschuss für eine monatliche Heimfahrt im ersten Ausbildungsjahr erhalten können (§ 73a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGB III). Das kann ein Anreiz für junge Menschen sein, eine Ausbildung in einem anderen Ort aufzunehmen, da sie so weiterhin Kontakt zu ihrer Familie und ihren Freunden halten können. Junge Menschen brauchen jedoch auch Zugang zu bezahlbarem Wohnraum am Ausbildungsort.
- Eine Einstiegsqualifizierung soll auch ohne das Vorliegen von Gründen in Teilzeit möglich sein (§ 54a Abs. 2 Nr. 3 SGB III) Davon können z.B. junge Geflüchtete profitieren, die damit neben der Einstiegsqualifizierung auch einen Sprachkurs absolvieren können.
Betroffene Gruppen junger Menschen
Betroffen sind in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe junge Menschen bis 27 Jahre, die vor ihrem Schulabschluss stehen oder diesen gerade erworben haben und die eine Ausbildungsstelle suchen. Darüber hinaus sind auch junge Menschen ohne Schulabschluss betroffen, für die keine Vollzeitschulpflicht mehr besteht. Auch solche jungen Menschen, die bisher auf dem Arbeitsmarkt keine Ausbildungsstelle gefunden haben und ggf. eine Alternative absolvieren (z. B. Einstiegsqualifizierung) sind betroffen. Darüber hinaus sind junge Menschen betroffen, die eine außerbetriebliche Ausbildung absolvieren.
Im Jahr 2021 gab es 24.614 junge Menschen, die weder eine Ausbildung noch eine Alternative gefunden haben. Demgegenüber standen 63.176 registrierte, jedoch unbesetzte Ausbildungsstellen. Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, „Berufsbildungsbericht 2022“, Mai 2022, 69 f. Weitere 43.204 Menschen waren weiterhin auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle und dafür bei der Bundesagentur für Arbeit oder dem Jobcenter registriert während sie eine Alternative wie z.B. eine Einstiegsqualifizierung oder ein Praktikum absolvierten. Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, 70. Im Jahr 2021 wurden 16.512 außerbetrieblichen Ausbildungsverträge im Vergleich zu 473.063 betrieblichen Ausbildungsverträgen abgeschlossen. Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, 49.
Daneben sind junge Menschen mit Behinderungen, die eine Ausbildung nach den Ausbildungsregelungen des § 66 Berufsbildungsgesetz (BBiG) und § 42r Handwerksordnung (HwO) anstreben oder absolvieren von dem Gesetz betroffen.
Jugendrelevante Auswirkungen
Einführung einer Ausbildungsgarantie
§§ 48a, 73a Abs. 1, Abs. 2, 54a Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3, S 2, Abs. 5 S. 3, 76 Abs. 2 S. 6-8. Abs. 5 S. 2 SGB III
Die Einführung einer Ausbildungsgarantie soll durch eine Erweiterung der Leistungsinstrumentarien der Ausbildungsförderung erfolgen: Es soll ein förderfähiges Berufsorientierungspraktikum (§ 48a SGB III) und ein Mobilitätszuschuss (§ 73a SGB III) eingeführt werden. Um die Ausbildungsgarantie zu gewährleisten, soll der Kreis der Adressatinnen und Adressaten für die Einstiegsqualifizierung erweitert werden (§ 54 Abs. 2, Abs. 5 SGB III) und die Modalitäten der außerbetrieblichen Berufsausbildung angepasst werden (§ 76 Abs. 2, 5 SGB III).
Der neu eingefügte § 48a SGB III soll die Möglichkeit eines Berufsorientierungspraktikums eröffnen. Die Agentur für Arbeit soll ein solches Praktikum fördern können. Das Angebot soll sich an junge Menschen richten und ist an die Voraussetzung geknüpft, dass die Vollzeitschulpflicht erfüllt wurde und eine Meldung als Ausbildungsbewerberin oder -bewerber bei der Agentur für Arbeit vorliegt, vgl. § 48a Abs. 1 S. 1 SGB III. Das Absolvieren des Berufsorientierungspraktikums soll die Berufsauswahlentscheidung fördern und eine Dauer von einer Woche bis zu sechs Wochen haben, § 48a Abs. 1 S. 3-4 SGB III. Fahrtkosten und Kosten für eine Unterkunft sollen übernommen werden, sofern ein Pendeln zur Praktikumsstelle nicht möglich ist. § 48a Abs. 2 S. 1 SGB III. Für die Bedarfshöhenbestimmung der Förderung für Unterkunft und Fahrtkosten wird auf die Vorschriften des § 63 Abs. 3 SGB III und § 13 Abs. 2 Nr. 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) verwiesen, vgl. § 48a Abs. 2 S. 2 SGB III. Die Einführung des Berufsorientierungspraktikums soll ab dem 01. April 2024 Inkrafttreten.
Im Rahmen der Ausbildungsgarantie soll auch ein Mobilitätszuschuss für junge Menschen, die eine förderungsfähige Berufsausbildung nach § 57 Abs. 1 SGB III in einem Ausbildungsbetrieb aufgenommen haben und deren Ausbildungsstätte vom bisherigen Wohnort nicht in angemessener Zeit erreicht werden kann, eingeführt werden, vgl. § 73a Abs. 1 SGB III. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“, 53. Der Mobilitätszuschuss soll auch jungen Menschen gewährt werden können, die eine berufliche Ausbildung gem. § 116 Abs. 2 SGB III machen (beispielsweise Sonderformen der Ausbildung für Menschen mit Behinderungen), vgl. § 73a Abs. 1 S.2 SGB III. Umfasst von der monetären Leistung soll die Kostenübernahme für eine monatliche Familienheimfahrt im ersten Ausbildungsjahr sein, wobei die Gewährung der Leistung im Ermessen der zuständigen Agentur für Arbeit bzw. des Jobcenters liegen soll, vgl. § 73a Abs. 2 SGB III. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“, 53. Die Einführung des Mobilitätszuschusses soll zum 1. April 2024erfolgen, vgl. Artikel 17 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit.
Die Regelungen über die Einstiegsqualifizierung in § 54a SGB III sollen durch den Gesetzentwurf angepasst werden. Nunmehr soll das Absolvieren einer Einstiegsqualifikation auch in Teilzeit möglich sein, ohne dass es dafür der Gründe der Kindererziehung oder Pflege von Familienangehörigen bedarf, vgl. § 54a Abs. 2 Nr. 3 SGB III. Darüber hinaus sollen auch Menschen mit Behinderungen durch eine Einstiegsqualifizierung gefördert werden können, wenn sie dadurch z.B. auf eine Ausbildung nach § 66 Berufsbildungsgesetz vorbereitet werden, vgl. § 54a Abs. 2. S. 2 SGB III. Durch die Gesetzesänderung sollen bereits Einstiegsqualifizierungen ab einer Dauer von vier Monaten förderfähig sein, die Mindestdauer beträgt bislang sechs Monate, vgl. § 54a Abs. 2 Nr. 1 SGB III. Zudem sollen junge Menschen, deren betriebliches Ausbildungsverhältnis vorzeitig aufgelöst wurde, bei demselben Arbeitgeber leichter wieder eine Einstiegsqualifizierung absolvieren können, vgl. § 54a Abs. 5 S. 2 SGB III. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“, 51 f. Die Änderungen zur Einstiegsqualifizierung sollen zum 1. April 2024 in Kraft treten, vgl. Art. 17 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit.
Im Bereich der außerbetrieblichen Berufsausbildungen soll fortan die Förderung junger Menschen auch nach erfolgreichem Übergang in ein betriebliches Berufsausbildungsverhältnis durch denselben Träger weiterhin möglich sein , vgl. § 76 Abs. 2 S. 6 – 8 SGB III. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“, 54. Zukünftig sollen auch junge Menschen förderberechtigt für eine außerbetriebliche Berufsausbildung sein, bei denen trotz eigener Bewerbungen als auch Vermittlungsversuchen durch die Agentur für Arbeit nicht damit zu rechnen ist, dass sie eine betriebliche Berufsausbildung aufnehmen werden, vgl. § 76 Abs. 5 S. 2 SGB III. Die Änderungen zur außerbetrieblichen Berufsausbildung sollen zum 1. August 2024 in Kraft treten, vgl. Artikel 17 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit.
Mit der Ausbildungsgarantie können junge Menschen darin unterstützt werden, eine angestrebte Berufsausbildung aufzunehmen und erfolgreich zu absolvieren. Die die Ausbildungsgarantie umfassenden Angebote richten sich dabei vor allem an junge Menschen, denen der Übergang in eine Ausbildung nicht eigenständig gelingt.
So können etwa junge Menschen, die offiziell bei der Bundesagentur für Arbeit als ausbildungssuchend gemeldet sind und die Vollzeitschulpflicht erfüllt haben, über das geplante Berufsorientierungspraktikum Einblicke in verschiedene Berufe oder Bereiche eines Ausbildungsberufes erlangen und so herausfinden, ob sie sich eine Ausbildung und ein späteres Berufsleben in diesem Bereich vorstellen können. Durch ein solches Praktikum können junge Menschen auch erstmals in Kontakt mit Betrieben und Unternehmen kommen, was die Vermittlung in eine Ausbildung durch das persönliche Kennenlernen, sowohl für den jungen Menschen als auch für den Arbeitgeber, vereinfachen kann. Fahrt- und Unterbringungskosten können während dieser Praktika übernommen werden, wodurch junge Menschen auch Berufsfelder kennenlernen können, die es nicht in der Nähe ihres Wohnortes gibt. Dies kann sie bei der Suche nach einer geeigneten Ausbildung unterstützen. Allerdings können für diese Zeit keine Leistungen gewährt werden, die den Lebensunterhalt sichern Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“, 52., was wiederum ein Hindernis zur Aufnahme eines Berufsorientierungspraktikums in einer anderen Stadt sein kann, sofern Eltern oder Erziehungsberechtigte nicht finanziell unterstützen können. Grundsätzlich offen bleibt zudem, welche Unterstützung die Bundesagentur für Arbeit bei der Suche nach den Praktikumsstellen bietet. Für junge Menschen, die beispielsweise Sprachbarrieren haben oder über keinen Schulabschluss verfügen, kann es eine Hürde darstellen, sich selbst einen Praktikumsplatz zu suchen, da sie dafür aktiv an Unternehmen und Betriebe herantreten und ggf. eine Bewerbung einreichen müssen. Es sollte sichergestellt werden, dass ausreichend Kapazitäten für Beratung und Unterstützung bereitgestellt werden, um betroffene junge Menschen bei der Vorbereitung und Durchführung des Praktikums zu begleiten.
Der geplante Mobilitätszuschuss kann ein Anreiz für junge Menschen sein, eine Ausbildung außerhalb ihres bisherigen Wohnortes aufzunehmen, da ihnen die Kosten für eine monatliche Heimfahrt im ersten Ausbildungsjahr gewährt werden können – auch unabhängig davon, ob sie diese antreten. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“, 53. So können junge Menschen gerade in der Anfangszeit der Ausbildung engen Kontakt zu ihrem sozialen Umfeld halten, wozu neben Eltern und Erziehungsberechtigten auch Freundinnen und Freunde als auch die Zugehörigkeit zu Sportvereinen o.ä. zählen kann. So kann die Verselbstständigung junger Menschen vorangetrieben werden, ohne dass eine für sie ggf. zu abrupte Trennung von Familie und Freunden erfolgt. Werden die Kosten für eine monatliche Heimfahrt übernommen, kann dies junge Menschen finanziell entlasten, die in der Ausbildung nur über geringe finanzielle Mittel verfügen. Gerade junge Menschen aus strukturschwachen Regionen könnten dadurch eher bereit sein, für eine Ausbildung den Heimatort zu verlassen und somit eine Ausbildung zu absolvieren, die ggf. zu einer besseren und langfristigeren Berufsperspektive führen kann. Vor allem in den ostdeutschen Flächenländern liegen berufliche Passungsprobleme vor, wodurch sich das Angebot an Ausbildungen von den Berufswünschen Jugendlicher unterscheidet. Vgl. Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, „Bildung in Deutschland 2022. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zum Bildungspersonal“, 2022, 173. Empirische Untersuchungen zeigen jedoch, dass Jugendliche ohne Hochschulzugangsberechtigung sich bei der Wahl eines Ausbildungsberufs an den in ihrer Region verfügbaren Berufsfeldern orientieren, wodurch ungleiche Zugänge zu ökonomischen und sozialen Ressourcen reproduziert werden können. Vgl. Matthias Flohr, Laura Menze, und Paul Protsch, „Berufliche Aspirationen im Kontext regionaler Berufsstrukturen“, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 72, Nr. S.1 (2020): 98–100. Der Mobilitätszuschuss kann diese regionale Orientierung wahrscheinlich nicht aufbrechen und höchstens als ein Anreiz wirken, für Jugendliche, die sich die Ausbildung an einem anderem Ort als dem Wohnort grundsätzlich vorstellen können. Der neue Mobilitätszuschuss richtet sich zudem an junge Menschen, die z.B. keine Berufsausbildungsbeihilfe beziehen und daher die Kosten für eine monatliche Heimfahrt nicht gem. § 63 SGB III erstattet bekommen können. Ob der Mobilitätszuschuss jedoch bezogen werden kann, ist für junge Menschen davon abhängig, ob die Bundesagentur für Arbeit dem zustimmt, da die Bewilligung als Ermessensentscheidung ausgestaltet ist. Damit junge Menschen einen Wohnortwechsel jedoch in Betracht ziehen, muss es am Ausbildungsort für sie auch bezahlbaren Wohnraum geben, der gerade in Großstädten und Ballungsgebieten, immer schwieriger zu finden ist.
Die Möglichkeit, eine Einstiegsqualifizierung ohne das Vorliegen besonderer Gründe in Teilzeit absolvieren zu können, kann insbesondere benachteiligten jungen Menschen helfen, die beispielsweise in schwierigen sozialen Verhältnissen aufwachsen oder psychische Problemen haben und aufgrund dessen nicht in der Lage sind, eine Einstiegsqualifizierung in Vollzeit zu absolvieren. Gerade im Übergangssektor sind junge Menschen ohne Schulabschluss zu finden. Vgl. Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, „Bildung in Deutschland 2022. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zum Bildungspersonal“, 167. Ihnen kann es helfen und einen gewissen Druck nehmen, wenn eine solche Maßnahme auch in Teilzeit absolviert werden kann, weil sie ggf. nicht in der Lage sind, in Vollzeit daran teilzunehmen. Zudem haben sie so die Möglichkeit, bei Bedarf auch an anderen Maßnahmen teilzunehmen, die ihnen helfen, ein eigenständiges Leben aufzubauen und erfolgreich eine Berufsausbildung zu absolvieren. Dies gilt etwa für junge Menschen, die noch keine ausreichenden Deutschkenntnisse haben und neben der Einstiegsqualifizierung einen Sprachkurs absolvieren möchten. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“, 52. Zudem können junge Menschen zukünftig eine Einstiegsqualifizierung auch ab vier Monaten anstatt wie bislang mindestens sechs Monaten absolvieren, was ihnen mehr Flexibilität, etwa nach einer abgebrochenen Ausbildung oder Studium bringen kann.
Für junge Menschen mit einer Behinderung können sich die Chancen auf eine Ausbildung erhöhen, da Einstiegsqualifizierungen künftig auch als Vorbereitung für Ausbildungen nach § 66 BBiG und § 42o HwO ermöglicht werden sollen. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“, 53. Für sie kann es ebenfalls von Relevanz sein, dass die Einstiegsqualifizierung künftig in Teilzeit absolviert werden kann, da bislang nur die Pflege von Angehörigen oder die Erziehung von Kindern als Teilzeitgrund anerkannt wurden. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“, 52. Für sie könnte die Teilzeit jedoch wichtig sein, wenn für sie eine Einstiegsqualifizierung aufgrund ihrer Behinderung in Vollzeit nicht möglich ist. Die Teilnahme an Förderprogrammen ist bei jungen Menschen mit Behinderung der Regelfall. Daher kann die Einstiegsqualifizierung voraussichtlich. vor allem junge Menschen mit körperlicher Behinderung, auf dem Weg in die berufliche Bildung unterstützen Vgl. Juliane Achatz u. a., „Benachteiligte Jugendliche tun sich beim Übergang von der Schule ins Erwerbsleben besonders schwer“, IAB-Forum, August 2021, https://www.iab-forum.de/benachteiligte-jugendliche-tun-sich-beim-uebergang-von-der-schule-ins-erwerbsleben-besonders-schwer/, letzter Abruf: 05.01.2023..
Junge Menschen, deren Ausbildungsverhältnis vorzeitig beendet wurde, sollen fortan eine Einstiegsqualifizierung beim selben Arbeitgeber absolvieren können. Davon können z.B. junge Menschen mit Fluchthintergrund profitieren, wenn etwa ihre Sprachkenntnisse für das erfolgreiche Absolvieren der Ausbildung noch nicht ausreichend waren. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“, 52. Es können jedoch auch junge Menschen sein, deren Kenntnisse nicht ausreichen, um die Ausbildung erfolgreich abzuschließen und deren Ausbildungsverhältnis daher vorzeitig aufgelöst wurde. Die Neuregelung ermöglicht es, im selben Betrieb nach Auflösung des Ausbildungsvertrages eine Einstiegsqualifizierung zu absolvieren und so den Kontakt zum Betrieb aufrecht zu erhalten, mit dem Ziel, dort erneut eine betriebliche Ausbildung zu absolvieren. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“, 52. So kann es gelingen, die Anbindung an die Ausbildungsorte aufrecht zu erhalten. Denn 14 Prozent der Jugendlichen, die ihr erstes Ausbildungsverhältnis abbrechen, weisen einen fragmentierten Verlauf mit mehreren Maßnahmen im Übergangsbereich, Arbeitslosigkeit oder keinem erkennbaren Wiedereinstieg in den (Aus-)Bildungsweg auf. Vgl. Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, „Bildung in Deutschland 2022. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zum Bildungspersonal“, 184.
Besonders wichtig für junge Menschen, die von einer außerbetrieblichen in eine betriebliche Ausbildung wechseln, kann zukünftig die mögliche Kontinuität durch eine finanzierte Nachbetreuung durch denselben Träger sein. Betroffene junge Menschen können so eine kontinuierliche Betreuung durch ihnen bekannte Personen erfahren und erleben durch den Wechsel in die betriebliche Ausbildung keinen Trägerwechsel in Zusammenhang mit einem Beziehungsabbruch. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“, 54. Eine kontinuierliche Begleitung kann für diese jungen Menschen von großer Bedeutung für einen erfolgreichen Ausbildungsabschluss sein, da es häufig benachteiligte junge Menschen sind, die entsprechende Förderbedarfe haben.
Auch junge Menschen, bei denen davon ausgegangen wird, dass sie keinen Übergang in eine betriebliche Ausbildung schaffen, sollen künftig förderberechtigt für eine betriebliche Ausbildung sein. Dies gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sie bereits an einer Berufsberatung teilgenommen haben, sich eigenständig um eine Ausbildung bemüht haben und auch die Agentur für Arbeit sie nicht in eine betriebliche Ausbildung vermitteln konnte. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“, 54. Durch die Möglichkeit einer außerbetrieblichen Ausbildung können diese jungen Menschen auf eine betriebliche Ausbildung vorbereitet werden. Ohne diese Möglichkeit könnten junge Menschen arbeitslos bleiben oder eine Beschäftigung aufnehmen, für die keine Qualifikation notwendig ist und die mit einer Entlohnung im Niedriglohnbereich einhergeht. Generell scheinen die Voraussetzungen, wie die Teilnahme an einer Berufsberatung und die aktive Suche nach einer Ausbildung angesichts der Tatsache, dass es sich hier wahrscheinlich um benachteiligte junge Menschen handelt, die ggf. nicht mehr von Regelangeboten erreicht werden können, sehr hoch. Allein 2021 gab es 76.701 „unbekannt Verbliebene“, die keine Ausbildungsvermittlung mehr nachfragten und unter denen ein unbekannter Anteil junger Menschen ist, die keine anderweitige Ausbildung oder Beschäftigung gefunden haben. Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, „Berufsbildungsbericht 2022“, 79. Allein das Angebot einer außerbetrieblichen Ausbildung könnte nicht ausreichend sein, um sie zu erreichen. Ausreichende Angebote der aufsuchenden Jugendsozialarbeit, könnten hier hilfreich und notwendig sein. Vgl. Kooperatinsverbund Jugendsozialarbeit, „Eckpunktpapier des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit zur Ausbildungsgarantie“ (Berlin, 29. November 2022), 3.
Anmerkungen und Hinweise
Mit der Ausbildungsgarantie sollen junge Menschen darin unterstützt werden, eine angestrebte Berufsausbildung zu absolvieren. Die die Ausbildungsgarantie umfassenden Maßnahmen und Ansätze können darin unterstützend wirken sind jedoch keine Garantie, einen Ausbildungsplatz zu erhalten oder eine Ausbildung in einem gewünschten Beruf absolvieren zu können. Mit dem Entwurf wird keine gesetzlich verankerte Rechtsnorm geschaffen, die die Ausbildungsgarantie festlegt und ausgestaltet. Junge Menschen haben daher keinen Rechtsanspruch auf eine Ausbildungsgarantie, der aus einer entsprechenden gesetzlichen Regelung abzuleiten wäre.
So kann durch die die Ausbildungsgarantie umfassenden Maßnahmen zwar grundsätzlich jedem Jugendlichen ein Angebot unterbreitet werden, diese Angebote umfassen jedoch auch ausbildungsvorbereitende Maßnahmen, welche keine Garantie für eine Ausbildungsaufnahme sind. Alle unter der Ausbildungsgarantie zusammengefassten Maßnahmen richten sich an Bewerberinnen und Bewerber, die der Bundesagentur für Arbeit oder dem Jobcenter bekannt sind. Allein 2021 gab es jedoch 76.701 Personen („unbekannt Verbliebene“), die keine Ausbildungsvermittlung mehr nachfragten und unter denen ein unbekannter Anteil junger Menschen ist, die keine anderweitige Ausbildung oder Beschäftigung gefunden haben, was für ihren weiteren Bildungsweg und die Integration in den Arbeitsmarkt langfristig nachteilige Folgen hat. Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, „Berufsbildungsbericht 2022“, 79. Diese jungen Menschen werden auch nicht durch die Maßnahmen der Ausbildungsgarantie erfasst und erreicht.
Der Referentenentwurf vom 16.12.2022 „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 16.12.2022. sah noch die Einführung einer Bildungszeit (in Vollzeit oder Teilzeit) und eines Bildungszeitgeldes unter bestimmten Bedingungen für Beschäftigte vor, deren Arbeitgeber ihnen keine Weiterbildungsnagebote anbieten. Förderfähig sollten dabei u.a. auch berufliche, allgemeine oder akademische Abschlüsse sowie Sprachkurse sein. Junge Menschen hätten von der Bildungszeit und dem Bildungszeitgeld profitieren können, sofern sie z.B. einen höheren Schulabschluss benötigen, um eine berufliche Weiterbildung, etwa zum Meister oder zum Techniker, absolvieren zu können. Dies wären z.B. junge Menschen, die nach einem mittleren Schulabschluss eine Ausbildung absolvieren und sich dann weiter qualifizieren wollen. Auch junge Geflüchtete hätten von der Bildungszeit Gebrauch machen können und sie etwa für Sprachkurse nutzen können, um ihre Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern. Vgl. Kompetenzzentrum Jugend-Check, „Jugend-Check zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit“, 9. Januar 2023, https://www.jugend-check.de/alle-jugend-checks/weiterbildungsgesetz/, letzter Abruf: 30.03.2023.