Wonach suchen Sie?

alle Jugend-Checks
Kurzfassung Bundestag
Kurzfassung Jugend-Seite
Jugend-Check zum ReferentenentwurfRegierungsentwurf
04. Juli 2022 05. Sept. 2022

8. SGB IV-Änderungsgesetz

Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (8. SGB IV-Änderungsgesetz - 8. SGB IV-ÄndG) (Stand: 24.06.2022) Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (8. SGB IV-Änderungsgesetz - 8. SGB IV-ÄndG) (Stand: 29.08.2022)

Ressort: Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)

Ziel des Gesetzentwurfs

Mit dem Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (8. SGB IV-ÄndG) soll der Datenaustausch zwischen Arbeitgebern und u.a. den Sozialversicherungsträgern, z.B. bezüglich der Versicherungsfreiheit der Studierenden als auch der Sozialversicherungsträger untereinander auf elektronische Austauschverfahren umgestellt werden. Dies soll der Entbürokratisierung und Digitalisierung dienen. Vgl. „Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze“ (2022), 1. Des Weiteren soll der Versicherungsschutz für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) weiterentwickelt werden. Vgl. Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, 2.

Das Gesetz soll im Hinblick auf die Verpflichtung von Arbeitgebern zum Abruf der notwendigen Angaben für gesetzlich krankenversicherte Studierende am 1. Januar 2024 und in Bezug auf die zeitliche Begrenzung der Möglichkeit zur Befreiung von der Krankenversicherungspflicht für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger in der Künstlersozialversicherungspflicht am 1. Januar 2023 in Kraft treten, vgl. Art. 28 Abs. 1, 3 8. SGB IV-ÄndG.

Zusammenfassung möglicher Auswirkungen

Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:

  • Arbeitgeber, die Studierende beschäftigen, sollen künftig zur Prüfung und Feststellung der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung die Angaben zum Studium in einem automatisierten Verfahren bei der zuständigen Krankenkasse abrufen müssen (§ 109b Abs. 1 SGB IV). Dies kann Studierende dahingehend zeitlich entlasten, dass sie die Studienbescheinigung nicht mehr selbst beim Arbeitgeber vorlegen müssen. Durch die ausdrückliche Zuständigkeit des Arbeitgebers können Studierende zudem Rechtsklarheit darüber erlangen, ob sie noch versicherungsfrei beschäftigt werden können.
  • Die Entscheidung selbstständiger Künstlerinnen und Künstler sowie selbstständiger Publizistinnen und Publizisten, sich von der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung befreien zu lassen, soll für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger mit geringem Einkommen auf sechs Jahre begrenzt werden (§ 6 Abs. 2 S. 1 KSVG). Dies könnte betroffene junge Menschen vor den finanziellen Risiken einer privaten Krankenversicherung durch steigende Beiträge schützen und ihre Entscheidung für eine private Krankenversicherung erleichtern, da eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung bei geringem Einkommen nun zwingend nach sechs Jahren erfolgen soll und damit ermöglicht wird.

Betroffene Gruppen junger Menschen

Betroffene sind in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe junge Menschen bis 27 Jahre, die gesetzlich krankenversichert sind und während der Dauer ihres Studiums an einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule einer Nebentätigkeit nachgehen. Anfang des Jahres 2020 gaben 57 Prozent der Studierenden an, erwerbstätig zu sein. Vgl. Karsten Becker und Markus Lörz, „Studieren während der Corona-Pandemie: Die finanzielle Situation von Studierenden und mögliche Auswirkungen auf das Studium“, DZHW Brief 9 (2020): 1, https://www.dzhw.eu/publikationen/pub_show?pub_id=6903&pub_type=kbr (zuletzt aufgerufen am: 30.06.2022). Zudem sind 86 Prozent der Studierenden mindestens einmal neben ihrem Studium erwerbstätig. Vgl. Mila Staneva, „Bachelor-Studierende mit Nebenjobs haben kaum schlechtere Noten, brauchen für ihr Studium aber etwas länger“, DIW Wochenbericht (Berlin, 2018), 437.

Spezifisch betroffen sind zudem Studierende, die Halbwaisen- oder Waisenrente beziehen. Im Jahr 2021 bezogen ca. 290.000 junge Menschen bis 27 Jahre in Deutschland eine Form der Waisenrente. Vgl. „Rentenversicherung in Zahlen 2021“, Statistik der Deutschen Rentenversicherung, 2021, 9, https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Statistiken-und-Berichte/statistikpublikationen/rv_in_zahlen_2021.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (zuletzt aufgerufen am: 30.06.2022).

Des Weiteren sind junge Menschen bis 27 Jahre betroffen, die erstmals eine hauptberufliche selbstständige Tätigkeit als Künstlerin bzw. Künstler oder Publizistin bzw. Publizist iSd. § 2 KSVG aufnehmen. Dies können zum Beispiel Schauspielerinnen und Schauspieler oder Schriftstellerinnen und Schriftsteller sein. Über die Künstlersozialkasse waren im Jahr 2021 2.185 Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger unter 30 Jahren versichert. Vgl. Künstlersozialkasse, „KSK in Zahlen. Berufsanfänger auf Bundesebene“, 2021, https://www.kuenstlersozialkasse.de/service/ksk-in-zahlen.html (zuletzt aufgerufen am: 30.06.2022). Künstlerinnen bzw. Künstler und Publizistinnen bzw. Publizisten werden hierbei bis zum Ablauf von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme der Tätigkeit als Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger definiert (vgl. ebd.).

Jugendrelevante Auswirkungen

Entlastung und Rechtssicherheit für Studierende beim Nachweis des Studierendenstatus gegenüber ihrem Arbeitgeber

§ 109b Abs. 1 S. 1, S. 2, Abs. 4 S. 1 SGB IV

Arbeitgeber, die Studierende gegen Entgelt beschäftigen, sollen künftig die für die Prüfung und Feststellung der Versicherungsfreiheit von den Studierenden erforderlichen Angaben bei der zuständigen Krankenkasse in einem automatisierten Verfahren anfragen müssen, vgl. § 109b Abs. 1 S. 1 Viertes Sozialgesetzbuch (SGB IV). Hierzu gehören der Beginn und das Ende des Studiums, der Tag der Einschreibung und die jeweilige Bescheinigung für das laufende Semester, vgl. § 109b Abs. 1 S. 2 SGB IV.  Des Weiteren sollen die Träger der Rentenversicherung auf diese Daten im Hinblick auf die Prüfung der Studienzeiten bei Bezug von Waisenrenten durch Studierende gegenüber den Krankenkassen ein Zugriffsrecht haben, vgl. § 109b Abs. 4 S. 1 SGB IV.

Das geplante automatische Verfahren zur Prüfung und Feststellung der Versicherungsfreiheit von Studierenden durch ihren Arbeitgeber kann Studierende zeitlich entlasten. Denn sie müssten ihrem Arbeitgeber dann nicht mehr zu jedem neuen Semester ihre aktuelle Studienbescheinigung vorlegen. Fällt die regelmäßige Studienbescheinigungsvorlage beim Arbeitgeber weg, müssen sich Studierende hierüber keine Gedanken mehr machen, da die Verantwortung nun ausdrücklich beim Arbeitgeber liegen soll. Zudem könnte die Änderung jungen Studierenden mehr Rechtssicherheit geben. Denn mit der Neuregelung muss der Arbeitgeber mithilfe der automatischen Übermittlung relevanter Daten, wie z.B. Beginn und Ende des Studiums, Vgl. Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, 22. bei Tätigkeitsbeginn feststellen und prüfen, ob die bzw. der Studierende sozialversicherungsfrei bei ihm arbeiten kann. Dies könnte besonders jungen Menschen, welche mehrere Nebenjobs haben, eine größere Rechtssicherheit bieten. Sie müssten dann nicht mehr befürchten, unbeabsichtigt die Grenze der Nebentätigkeit zu überschreiten und damit in die Sozialversicherungspflicht zu fallen.

Von der Entbürokratisierung durch den Datenaustausch zwischen Sozialversicherungsträgern profitieren auch studierende Bezieherinnen und Bezieher von Waisenrenten. Denn auch sie müssen ihre Studienbescheinigungen dann nicht mehr regelmäßig der Rentenversicherung vorlegen, wodurch sie zeitlich entlastet werden.

Weiterentwicklung des Versicherungsschutzes für junge selbstständige Künstlerinnen und Künstler sowie Publizistinnen und Publizisten

§§ 6 Abs. 2 S. 1 KSVG

Der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung  soll für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger, welche erstmals eine hauptberufliche selbstständige Tätigkeit nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) aufnehmen, weiterentwickelt werden. Vgl. Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, 2. Dazu soll die Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger mit geringem Einkommen Als geringes Einkommen gilt ein Einkommen, welches unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 7 Abs. 1 S. 1 KSVG liegt. Diese liegt im Jahr 2022 bei 64.350 Euro. (vgl. Techniker Krankenkasse (o.J.): Was ist die Jahresarbeitsentgeltgrenze und wie hoch ist sie? https://www.tk.de/firmenkunden/versicherung/beitraege-faq/zahlen-und-grenzwerte/hoehe-der-jahresarbeitsentgeltgrenze-2033028 (zuletzt aufgerufen am: 30.06.2022) künftig auf sechs Jahre begrenzt werden, vgl. § 6 Abs. 2 S. 1 iVm. § 3 Abs. 2 KSVG. In dieser Zeit können sie versuchen, die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht durch das Erreichen des in § 7 KSVG vorausgesetzten Mindesteinkommens zu erfüllen. Gelingt ihnen dies nicht, werden sie als Pflichtversicherte in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung aufgenommen. Vgl. Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, 108.

Durch die geplante Begrenzung der Befreiungsmöglichkeit auf sechs Jahre haben junge Künstlerinnen und Künstler sowie Publizistinnen und Publizisten in der Künstlersozialkasse nun auch über den Zeitraum von drei Jahren als Berufsanfängerin bzw. Berufsanfänger hinaus Zeit, um in der Branche Fuß zu fassen, ohne sich Sorgen zu müssen, dauerhaft in der privaten Krankenversicherung versichert zu bleiben. Denn bislang können sie sich, wenn sie erstmals eine hauptberuflich selbstständige Tätigkeit als Künstlerin bzw. Künstler oder Publizistin bzw. Publizist aufnehmen und nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz gem. § 5 Abs. 1 KSVG versicherungsfrei sind, nach § 6 Abs. 1 S. 1 KSVG von der Versicherungspflicht der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung nur unbegrenzt bzw. mit einmaliger Korrekturmöglichkeit innerhalb von drei Jahren befreien lassen. Fallen junge Künstlerinnen und Künstler bzw. Publizistinnen und Publizisten allerdings nach Ablauf der sechs Jahre unter die Mindesteinkommensgrenze nach § 7 KSVG, sollen sie künftig automatisch wieder in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung aufgenommen werden. Vgl. Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, 107f. Dies könnte junge Menschen vor den finanziellen Risiken der privaten Krankenversicherung schützen, bei der die Beiträge vor allem im Alter sprunghaft steigen können. Denn gerade für junge Menschen könnte es schwieriger sein, das finanzielle Risiko von potentiell hohen Versicherungsbeiträgen im Alter im Rahmen der Wahl für eine private Versicherung angemessen abschätzen zu können, da ihre Einnahmen zu Beginn ihres Berufslebens stark schwanken können und ggf. noch keine langfristige Etablierung in ihrer Branche stattgefunden hat.

Eine private Krankenversicherung kann gerade für junge gesunde Menschen allerdings auch vorteilhaft sein, da die Beiträge hier oft geringer sind als in der gesetzlichen Krankenversicherung. Vgl. Thomas Schmitt, „Große Krankenkassen locken Privatversicherte“, Handelsblatt, 18. Januar 2012, 3, https://www.handelsblatt.com/finanzen/vorsorge/versicherung/pkv-gegen-gkv-vor-allem-junge-und-gesunde-menschen-versichern-sich-privat/6080440-3.html (zuletzt aufgerufen am: 30.06.2022). Bisher mussten junge Künstlerinnen und Künstler bzw. Publizistinnen und Publizisten allerdings damit rechnen, nach Ablauf ihres Status als Berufsanfängerin bzw. Berufsanfänger, also nach drei Jahren, ihre Entscheidung gegen die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung nicht mehr rückgängig machen zu können. Nun können sie bis zu sechs Jahre von den niedrigen Gebühren der privaten Krankenversicherung profitieren und dann dennoch, sollten ihre Einnahmen gering bleiben, in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln und so auf längere Sicht dem Risiko stark steigender Beiträge entgehen. So haben junge Menschen auch im Falle von einer versäumten Frist nach drei Jahren noch eine Chance, in die gesetzliche Krankenversicherung zu kommen. Dies könnte die Entscheidung für eine private Krankenversicherung für junge Künstlerinnen und Künstler sowie Publizistinnen und Publizisten erleichtern.

Anmerkungen und Hinweise

Ist die bzw. der Studierende privatversichert, soll es dabei bleiben, dass die bzw. der Studierende den Studierendenstatus der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber vorlegen muss, vgl. § 109b Abs. 2 SGB IV. Für diese Studierenden ergibt sich durch die Neuregelung also keine zeitliche Entlastung beim Nachweis ihres Studierendenstatus. Selbiges soll im Hinblick auf die Prüfung der Studienzeiten durch die Träger der Rentenversicherung bei dem Bezug von Waisenrenten gelten, vgl. § 109b Abs. 4 S. 2 SGB IV.

Quellen

Ziel des Gesetzentwurfs

Mit dem Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (8. SGB IV-ÄndG) soll der Datenaustausch zwischen Arbeitgebern und u.a. den Sozialversicherungsträgern angepasst werden, um im Sinne der Digitalisierung und Entbürokratisierung den Erhalt von Leistungen für Leistungsberechtigte zu optimieren. Vgl. „Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (8. SGB IV-Änderungsgesetz – 8. SGB IV-ÄndG)“, 29. August 2022, 1f. Des Weiteren soll der Versicherungsschutz für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) weiterentwickelt werden. Vgl. „8. SGB IV-ÄndG“, 2f.

Das Gesetz soll im Hinblick auf die zeitliche Begrenzung der Möglichkeit zur Befreiung von der Krankenversicherungspflicht für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger in der Künstlersozialversicherungspflicht am 1. Januar 2023 in Kraft treten, vgl. Art. 28 Abs. 1, 3 8. SGB IV-ÄndG.

Zusammenfassung möglicher Auswirkungen

Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:

  • Die Entscheidung selbstständiger Künstlerinnen und Künstler sowie selbstständiger Publizistinnen und Publizisten, sich von der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung befreien zu lassen, soll für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger mit geringem Einkommen auf sechs Jahre begrenzt werden (§ 6 Abs. 2 S. 1 KSVG). Dies könnte betroffene junge Menschen vor den finanziellen Risiken einer privaten Krankenversicherung durch steigende Beiträge schützen.
  • Durch die geplante Begrenzung der Befreiungsmöglichkeit auf sechs Jahre haben junge Künstlerinnen und Künstler sowie Publizistinnen und Publizisten in der Künstlersozialkasse zudem auch über den Zeitraum von drei Jahren als Berufsanfängerin bzw. Berufsanfänger hinaus Zeit, um in der Branche Fuß zu fassen, ohne sich Sorgen zu müssen, dauerhaft in der privaten Krankenversicherung versichert zu bleiben. Dies könnte die Entscheidung für eine private Krankenversicherung für junge Künstlerinnen und Künstler sowie Publizistinnen und Publizisten erleichtern.

 

Betroffene Gruppen junger Menschen

Betroffene sind in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe junge Menschen bis 27 Jahre, die erstmals eine hauptberufliche selbstständige Tätigkeit als Künstlerin bzw. Künstler oder Publizistin bzw. Publizist iSd. § 2 KSVG aufnehmen. Dies können zum Beispiel Schauspielerinnen und Schauspieler oder Schriftstellerinnen und Schriftsteller sein. Über die Künstlersozialkasse waren im Jahr 2021 2.185 Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger unter 30 Jahren versichert. Vgl. Künstlersozialkasse, „KSK in Zahlen. Berufsanfänger auf Bundesebene“, 2021, https://www.kuenstlersozialkasse.de/service/ksk-in-zahlen.html (zuletzt aufgerufen am: 30.06.2022). Künstlerinnen bzw. Künstler und Publizistinnen bzw. Publizisten werden hierbei bis zum Ablauf von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme der Tätigkeit als Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger definiert (vgl. ebd.).

Jugendrelevante Auswirkungen

Weiterentwicklung des Versicherungsschutzes für junge selbstständige Künstlerinnen und Künstler sowie Publizistinnen und Publizisten

§ 6 Abs. 2 S. 1 KSVG

Der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung  soll für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger, welche erstmals eine hauptberufliche selbstständige Tätigkeit nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) aufnehmen, weiterentwickelt werden. Vgl. „8. SGB IV-ÄndG“, 2f. Dazu soll die Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger mit geringem Einkommen Als geringes Einkommen gilt ein Einkommen, welches unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 7 Abs. 1 S. 1 KSVG liegt. Diese liegt im Jahr 2022 bei 64.350 Euro. (vgl. Techniker Krankenkasse (o.J.): Was ist die Jahresarbeitsentgeltgrenze und wie hoch ist sie? https://www.tk.de/firmenkunden/versicherung/beitraege-faq/zahlen-und-grenzwerte/hoehe-der-jahresarbeitsentgeltgrenze-2033028 (zuletzt aufgerufen am: 30.06.2022) künftig auf sechs Jahre begrenzt werden, vgl. § 6 Abs. 2 S. 1 iVm. § 3 Abs. 2 KSVG. In dieser Zeit können sie versuchen, die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht durch das Erreichen des in § 7 KSVG vorausgesetzten Mindesteinkommens zu erfüllen. Gelingt ihnen dies nicht, werden sie als Pflichtversicherte in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung aufgenommen. Vgl. „8. SGB IV-ÄndG“, 139.

Durch die geplante Begrenzung der Befreiungsmöglichkeit auf sechs Jahre haben junge Künstlerinnen und Künstler sowie Publizistinnen und Publizisten in der Künstlersozialkasse nun auch über den Zeitraum von drei Jahren als Berufsanfängerin bzw. Berufsanfänger hinaus Zeit, um in der Branche Fuß zu fassen, ohne sich Sorgen zu müssen, dauerhaft in der privaten Krankenversicherung versichert zu bleiben. Denn bislang können sie sich, wenn sie erstmals eine hauptberuflich selbstständige Tätigkeit als Künstlerin bzw. Künstler oder Publizistin bzw. Publizist aufnehmen und nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz gem. § 5 Abs. 1 KSVG versicherungsfrei sind, nach § 6 Abs. 1 S. 1 KSVG von der Versicherungspflicht der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung nur unbegrenzt bzw. mit einmaliger Korrekturmöglichkeit innerhalb von drei Jahren befreien lassen. Fallen junge Künstlerinnen und Künstler bzw. Publizistinnen und Publizisten allerdings nach Ablauf der sechs Jahre unter die Mindesteinkommensgrenze nach § 7 KSVG, sollen sie künftig automatisch wieder in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung aufgenommen werden. Vgl. „8. SGB IV-ÄndG“, 138f. Dies könnte junge Menschen vor den finanziellen Risiken der privaten Krankenversicherung schützen, bei der die Beiträge vor allem im Alter sprunghaft steigen können. Denn gerade für junge Menschen könnte es schwieriger sein, das finanzielle Risiko von potentiell hohen Versicherungsbeiträgen im Alter im Rahmen der Wahl für eine private Versicherung angemessen abschätzen zu können, da ihre Einnahmen zu Beginn ihres Berufslebens stark schwanken können und ggf. noch keine langfristige Etablierung in ihrer Branche stattgefunden hat.

Eine private Krankenversicherung kann gerade für junge gesunde Menschen allerdings auch vorteilhaft sein, da die Beiträge hier oft geringer sind als in der gesetzlichen Krankenversicherung. Vgl. Thomas Schmitt, „Große Krankenkassen locken Privatversicherte“, Handelsblatt, 18. Januar 2012, 3, https://www.handelsblatt.com/finanzen/vorsorge/versicherung/pkv-gegen-gkv-vor-allem-junge-und-gesunde-menschen-versichern-sich-privat/6080440-3.html (zuletzt aufgerufen am: 30.06.2022). Bisher mussten junge Künstlerinnen und Künstler bzw. Publizistinnen und Publizisten allerdings damit rechnen, nach Ablauf ihres Status als Berufsanfängerin bzw. Berufsanfänger, also nach drei Jahren, ihre Entscheidung gegen die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung nicht mehr rückgängig machen zu können. Nun können sie bis zu sechs Jahre von den niedrigen Gebühren der privaten Krankenversicherung profitieren und dann dennoch, sollten ihre Einnahmen gering bleiben, in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln und so auf längere Sicht dem Risiko stark steigender Beiträge entgehen. So haben junge Menschen auch im Falle von einer versäumten Frist nach drei Jahren noch eine Chance, in die gesetzliche Krankenversicherung zu kommen. Dies könnte die Entscheidung für eine private Krankenversicherung für junge Künstlerinnen und Künstler sowie Publizistinnen und Publizisten erleichtern.

Anmerkungen und Hinweise

Im Referentenentwurf zum vorliegenden Gesetz war ein Datenaustausch zwischen Arbeitgebern und den gesetzlichen Krankenkassen vorgesehen, um die Prüfung und Feststellung der Versicherungsfreiheit studierender Beschäftigter zu erleichtern (vgl. § 109b Abs. 1 SGB IV im Referentenentwurf vom 24.06.2022). Ein ähnlicher Datenaustausch war zwischen den Rentenversicherungsträgern und den gesetzlichen Krankenkassen vorgesehen, um Studienzeiten beim Bezug von (Halb-)Waisenrente leichter prüfen zu können (vgl. § 109b Abs. 4 S. 1 SGB IV im Referentenentwurf vom 24.06.2022). Durch das Herausfallen dieser Regelung im vorliegenden Entwurf müssen Studierende nun weiterhin jedes Semester ihre aktuelle Studienbescheinigung bei ihren Arbeitgebern und ggf. der Rentenversicherung vorlegen. Die zeitliche Entlastung für Studierende durch den Wegfall des Einreichens der Studienbescheinigung bei u.U. mehreren Arbeitgebern sowie ggf. der Rentenversicherung fällt damit weg. Siehe dazu: Kompetenzzentrum Jugend-Check, „Jugend-Check zum Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (8. SGB IV-Änderungsgesetz – 8. SGB IV-ÄndG) (Stand: 24.06.2022)“, 4. Juli 2022, https://www.jugend-check.de/alle-jugend-checks/8-sgb-iv-aenderungsgesetz/.

Quellen

nach oben