Ziel des Gesetzentwurfs
Der Gesetzesentwurf verfolgt u.a. das Ziel, die Beschäftigungs- und Karrierebedingungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an staatlichen anerkannten Hochschulen und Forschungseinrichtungen in frühen Karrierephasen verlässlicher, planbarer sowie transparenter zu machen und dadurch zugleich die Attraktivität der Arbeit in der Wissenschaft zu erhöhen. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft“, 19. Juni 2023, 8.
Zusammenfassung möglicher Auswirkungen
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
- Künftig soll eine regelmäßige Mindestdauer von drei Jahren für die Befristung von Arbeitsverträgen festgelegt werden, die mit Personen geschlossen werden, welche in der Qualifizierungsphase vor der Promotion stehen und ihren ersten Arbeitsvertrag als wissenschaftliches oder künstlerisches Personal mit einer Einrichtung des Bildungswesens abschließen (§ 2 Abs. 1 WissZeitVG). Dies kann jungen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern mehr Planungssicherheit aufgrund der verlässlicheren Vertragslaufzeit verschaffen.
- Vor dem Hintergrund, dass Promovierende im Durchschnitt 5,7 Jahre für die Fertigstellung ihrer Dissertation benötigen, kann für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mit Bestrebung einer Qualifizierung der Druck, die Promotion innerhalb der regelmäßigen Mindestvertragslaufzeiten von drei Jahren abzuschließen, weiterhin bestehen bleiben, da sie möglicherweise keine Weiterbeschäftigung erhalten.
- Für studentische Hilfskräfte soll die Höchstdauer für befristete Arbeitsverträge zur Erbringung studentischer Hilfstätigkeiten künftig insgesamt acht Jahre betragen (§ 6 WissZeitVG). Dadurch kann es Studierenden ermöglicht werden, auch bei Überschreiten der Regelstudienzeit ihre Nebentätigkeit als studentische Hilfskraft fortzuführen.
Betroffene Gruppen junger Menschen
Betroffene sind in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe junge Menschen bis 27 Jahre, die einen akademischen Abschluss haben oder kurz vor diesem stehen und einen Eintritt in die wissenschaftliche Laufbahn und insbesondere den Beginn einer Promotion in Betracht ziehen. Darunter fällt sowohl wissenschaftliches als auch künstlerisches Personal. Im Jahr 2021 lag das Durchschnittsalter der Studienabsolventinnen und -absolventen mit Masterabschluss bei 26,1 Jahren. Vgl. Statistisches Bundesamt, „Zusammengefasste Abschlussprüfungen nach Geschlecht, Nationalität und Durchschnittsalter“, 2022, https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Hochschulen/Tabellen/bestandenepruefungen-gruppen.html (zuletzt aufgerufen am: 19.06.2023).
Zudem sind junge Menschen bis 27 Jahre von der Gesetzesänderung betroffen, die studienbegleitend an Hochschulen oder Forschungseinrichtungen als Hilfskraft tätig sind.
Jugendrelevante Auswirkungen
Festsetzung einer Mindestvertragslaufzeit für Erstarbeitsverträge in der Qualifizierungsphase und Einführung eines Vorrangs der Qualifizierungsbefristung
§ 1 Abs. 1 S. 4 Hs. 1; § 2 Abs. 2 S. 2 WissZeitVG
Mit der Gesetzesänderung soll eine regelmäßige Mindestdauer für die Befristung von Arbeitsverträgen festgelegt werden, die mit Personen geschlossen werden, welche in der Qualifizierungsphase vor der Promotion stehen und ihren ersten Arbeitsvertrag als wissenschaftliches oder künstlerisches Personal an einer Einrichtung des Bildungswesens abschließen. Diese soll eine regelmäßige Mindestdauer von drei Jahren Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft“, 24. für Erstverträge vorsehen, vgl. § 2 Abs. 1 S. 4 Hs. 1 Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG). Die regelmäßige Mindestvertragslaufzeit soll daneben auch für den Erwerb von Qualifikationen jenseits der Promotion gelten. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft“, 24.
Der Gesetzentwurf sieht zudem eine Änderung vor, die einen verbindlichen zeitlichen Vorrang der Qualifizierungssicherung gegenüber einer Drittmittelbefristung statuieren soll, vgl. § 2 Abs. 2 S. 2 WissZeitVG. Hierdurch soll eine Drittmittelbefristung erst dann möglich sein, soweit bereits die Höchstdauer einer Qualifizierungsbefristung gem. § 2 Abs. 1 WissZeitVG ausgeschöpft wurde.
Mit der Festlegung einer dreijährigen regelmäßigen Mindestvertragslaufzeit für den Erstvertrag in der Phase vor der Promotion können sich die Beschäftigungsbedingungen junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verbessern und sich zugleich für sie verlässlichere Perspektiven ihrer wissenschaftlichen Laufbahn eröffnen. Derzeit ist die Tätigkeit für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Hochschulen und Forschungseinrichtungen primär durch einen hohen Anteil befristeter Qualifikations- und Drittmittelstellen sowie einem steigenden Anteil kurzzeitiger Verträge mit weniger als einem Jahr Laufzeit geprägt. Vgl. Jörn Dr. Sommer u. a., „Evaluation des novellierten Wissenschaftszeitvertragsgesetzes.“, 2022, 11 f., https://www.bmbf.de/SharedDocs/Downloads/de/2022/abschlussbericht-evaluation-wisszeitvg.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (zuletzt aufgerufen am 11.06.2023); Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft“, 1. Zudem bleibt für eine Vielzahl der jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler während ihrer Tätigkeit über einen gewissen Zeitraum die Frage unbeantwortet, ob ein Übergang zu einer Festanstellung innerhalb des Wissenschaftssystems gelingt. Vgl. Dr. Sommer u. a., „Evaluation des novellierten Wissenschaftszeitvertragsgesetzes.“, 11 f. (zuletzt aufgerufen am: 20.06.2023); Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft“, 1; Vgl. Angela Borgwardt, „Karriere ohne Ende? Arbeitsplätze für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Publikation zur Konferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung vom 23. Juni 2011“, 2011, 23, https://library.fes.de/pdf-files/studienfoerderung/08863.pdf (zuletzt aufgerufen am 20.06.2023). Diese Unplanbarkeit des künftigen Karriereweges stellt für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler eine psychische Belastung in ihrem beruflichen und privaten Alltag dar. Vgl. Borgwardt, „Karriere ohne Ende? Arbeitsplätze für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Publikation zur Konferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung vom 23. Juni 2011“, 17 (zuletzt aufgerufen am: 19.06.2023). Aus diesem Grund wägen junge Hochschulabsolventinnen und -absolventen meist vor Beginn einer wissenschaftlichen Laufbahn sorgfältig ab, ob sie eine wissenschaftliche Stelle mit den damit verbundenen unsicheren befristeten Beschäftigungsverhältnissen eingehen möchten, oder es doch vorteilhafter wäre, einen alternativen beruflichen Weg einzuschlagen. Vgl. Borgwardt, 11 (zuletzt abgerufen am: 19.06.2023). Die fortan festgelegte dreijährige regelmäßige Mindestvertragslaufzeit für den Erstvertrag in der Phase vor der Promotion kann zum einen bei jungen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern den psychischen Druck um die Sorge einer Weiterbeschäftigung mindern, da sie künftig innerhalb der drei Jahre nicht permanent um ihre finanzielle Sicherheit bangen müssen. Zum anderen kann die Neuregelung gegenüber der derzeitigen Rechtslage ihnen mehr Planungssicherheit verschaffen. Für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mit Bestrebung einer Qualifizierung kann hingegen der Leistungsdruck bestehen, die Promotion innerhalb der regelmäßigen Mindestvertragslaufzeiten von drei Jahren abzuschließen, da ein Anschlussvertrag und die Dauer dessen danach erneut von der Hochschule oder Forschungseinrichtung abhängig ist. Im Durchschnitt benötigen Promovierende jedoch 5,7 Jahre für die Fertigstellung ihrer Dissertation. Vgl. Konsortium Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs, „Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021. Statistische Daten und Forschungsbefunde zu Promovierenden und Promovierten in Deutschland. Wichtige Ergebnisse im Überblick“, 2021, 12, https://www.buwin.de/dateien/buwin-2021-kurzfassung.pdf (zuletzt aufgerufen am: 19.06.2023); ohne Humanmedizin/ Gesundheitswissenschaften. Dies wiederum kann bedeuten, dass nach der dreijährigen Mindestvertragslaufzeit Nachwuchsforscherinnen und -forscher keine Weiterbeschäftigung erhalten, was den Abschluss ihrer Dissertation gefährden kann. Dadurch können für sie weiterhin Unsicherheiten über ihre berufliche Zukunft und eine damit einhergehende Arbeitslosigkeit bestehen.
Anpassung der Rahmenbedingungen für Arbeitsverträge von studentischen Hilfskräften
§ 6 S. 1 WissZeitVG
Der Entwurf sieht zudem eine Anpassung hinsichtlich der Rahmenbedingungen für studentische Hilfskräfte vor. Künftig soll die Höchstdauer für befristete Arbeitsverträge zur Erbringung studentischer Hilfstätigkeiten (sowohl wissenschaftliche als auch künstlerische Hilfstätigkeiten gem. § 6 WissZeitVG), die mit Studierenden geschlossen werden, insgesamt acht Jahre betragen, vgl. § 6 S. 1 Hs. 1 WissZeitVG. Nach geltendem Recht ist momentan lediglich eine Gesamtdauer einer Beschäftigung von sechs Jahren möglich. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft“, 31.
Neben der Anhebung der Maximaldauer des Arbeitsverhältnisses sollen die befristeten Arbeitsverträge eine Mindestdauer von einem Jahr nicht unterschreiten, vgl. § 6 S. 1 Hs. 2 WissZeitVG. Bislang gibt es keine Regelung hinsichtlich einer Mindestvertragslaufzeit für die Arbeitsverträge für studentische Hilfskräfte.
Durch die Neuregelung kann es Studierenden künftig ermöglicht werden, auch bei Überschreiten der Regelstudienzeit ihre Nebentätigkeit als studentische Hilfskraft fortzuführen. Sie könnten dadurch länger einer Nebentätigkeit mit einer inhaltlichen Anknüpfung an ihr Studium nachgehen und müssen so nicht zwangsläufig die Weiterqualifizierung im eigenen Fachgebiet aufgeben. Die Anpassung bzw. Einführung von Regelbefristungsmodalitäten von in der Regel einem Jahr kann es Studierenden zudem ermöglichen, eigenständig einen langfristigeren und verlässlicheren Beitrag zu ihrem Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Werden Verträge zukünftig für wissenschaftliche Hilfskräfte für mindestens ein Jahr geschlossen, müssen sie nicht jedes Semester erneut auf Jobsuche gehen.
Anmerkungen und Hinweise
Die geplanten Änderungen greifen lediglich für Nachwuchswissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die nach Verabschiedung des Gesetzes ihre ersten Arbeitsverträge mit den Hochschulen und Forschungseinrichtungen schließen. Für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die aktuell an Hochschulen oder Forschungseinrichtungen beschäftigt sind, gilt die Neuregelung nicht, weshalb sie sich weiterhin in kürzeren Befristungsverhältnissen als ihre Kolleginnen und Kollegen befinden können. Dies hat zur Folge, dass für die Betroffenen mit Altverträgen die beschriebenen Auswirkungen nicht gelten.
Quellen
Ziel des Gesetzentwurfs
Der Gesetzesentwurf verfolg u.a. das Ziel, die Beschäftigungs- und Karrierebedingungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an staatlich anerkannten Hochschulen und Forschungseinrichtungen in frühen Karrierephasen verlässlicher, planbarer sowie transparenter zu machen und dadurch zugleich die Attraktivität der Arbeit in der Wissenschaft zu erhöhen. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft“, 27. März 2024, 9.
Zusammenfassung möglicher Auswirkungen
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
- Künftig soll eine regelmäßige Mindestdauer von drei Jahren für die Befristung von Arbeitsverträgen festgelegt werden, die mit Personen geschlossen werden, welche in der Qualifizierungsphase vor der Promotion stehen und ihren ersten Arbeitsvertrag als wissenschaftliches oder künstlerisches Personal mit einer Einrichtung des Bildungswesens abschließen (§ 2 Abs. 1 WissZeitVG). Dies kann künftigen jungen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern mehr Planungssicherheit aufgrund der verlässlicheren Vertragslaufzeit verschaffen.
- Vor dem Hintergrund, dass Promovierende im Durchschnitt 5,7 Jahre für die Fertigstellung ihrer Dissertation benötigen, kann für zukünftige Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mit Bestrebung einer Qualifizierung der Druck, die Promotion innerhalb der regelmäßigen Mindestvertragslaufzeiten von drei Jahren abzuschließen, weiterhin bestehen bleiben, da sie möglicherweise keine Weiterbeschäftigung erhalten.
- Für studentische Hilfskräfte soll die Höchstdauer für befristete Arbeitsverträge zur Erbringung studentischer Hilfstätigkeiten künftig insgesamt acht Jahre betragen (§ 6 WissZeitVG). Dadurch kann es Studierenden ermöglicht werden, auch bei Überschreiten der Regelstudienzeit ihre Nebentätigkeit als studentische Hilfskraft fortzuführen.
Betroffene Gruppen junger Menschen
Betroffene sind in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe junge Menschen bis 27 Jahre, die einen akademischen Abschluss haben oder kurz vor diesem stehen und einen Eintritt in die wissenschaftliche Laufbahn und insbesondere den Beginn einer Promotion in Betracht ziehen. Darunter fällt sowohl wissenschaftliches als auch künstlerisches Personal. Im Jahr 2021 lag das Durchschnittsalter der Studienabsolventinnen und -absolventen mit Masterabschluss bei 26,1 Jahre. Vgl. Statistisches Bundesamt, „Zusammengefasste Abschlussprüfungen nach Geschlecht, Nationalität und Durchschnittsalter“, 2022, https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Hochschulen/Tabellen/bestandenepruefungen-gruppen.html (zuletzt aufgerufen am: 19.06.2023). Zudem sind junge Menschen bis 27 Jahre von der Gesetzesänderung betroffen, die studienbegleitend an Hochschulen oder Forschungseinrichtungen als Hilfskraft tätig sind.
Spezifisch betroffen sind weiterhin junge Menschen bis 27 Jahre, die als studentische Hilfskraft tätig sind oder eine Promotion in Erwägung ziehen und Sorgearbeit erbringen.
Jugendrelevante Auswirkungen
Festsetzung einer Mindestvertragslaufzeit für Erstarbeitsverträge in der Qualifizierungsphase und Einführung eines Vorrangs der Qualifizierungsbefristung
§ 2 Abs. 1 S. 4 und S. 5 Nr. 1 und 3, Abs. 2 S. 2 WissZeitVG
Mit der Gesetzesänderung soll eine regelmäßige Mindestdauer für die Befristung von Arbeitsverträgen festgelegt werden, die mit Personen geschlossen werden, welche in der Qualifizierungsphase vor der Promotion stehen und ihren ersten Arbeitsvertrag als wissenschaftliches oder künstlerisches Personal an einer Einrichtung des Bildungswesens abschließen. Diese soll eine regelmäßige Mindestdauer von drei Jahren Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft“, 27. März 2024, 26. für Erstverträge vorsehen, vgl. § 2 Abs. 1 S. 4. Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG). Die regelmäßige Mindestvertragslaufzeit soll daneben auch für den Erwerb von Qualifikationen jenseits der Promotion gelten. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft“, 26.
Der Gesetzesentwurf sieht zudem eine Änderung vor, die einen verbindlichen zeitlichen Vorrang der Qualifizierungssicherung gegenüber einer Drittmittelbefristung statuieren soll, vgl. § 2 Abs. 2 S. 2 WissZeitVG. Hierdurch soll eine Drittmittelbefristung erst dann möglich sein, soweit bereits die Höchstdauer einer Qualifizierungsbefristung gem. § 2 Abs. 1 WissZeitVG ausgeschöpft wurde.
Darüber hinaus soll eine Sonderregelung für die Befristungsregelungen u.a. für die Phase vor der Promotion eingeführt werden, soweit die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen übernommen wurde. In diesem Fall soll sich zukünftig die insgesamt zulässige Befristungsdauer nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG pauschal um zwei Jahre, im Falle der Kinderbetreuung zwei Jahre pro Kind, verlängern, vgl. § 2 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 und Nr. 3 WissZeitVG.
Mit der Festlegung einer dreijährigen regelmäßige Mindestvertragslaufzeit für den Erstvertrag in der Phase vor der Promotion können sich die Beschäftigungsbedingungen junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verbessern und sich zugleich für sie verlässlichere Perspektiven ihrer wissenschaftlichen Laufbahn eröffnen. Derzeit ist die Tätigkeit für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Hochschulen und Forschungseinrichtungen primär durch einen hohen Anteil befristeter Qualifikations- und Drittmittelstellen sowie einem steigenden Anteil kurzzeitiger Verträge mit weniger als einem Jahr Laufzeit geprägt. Vgl. Jörn Dr. Sommer u. a., „Evaluation des novellierten Wissenschaftszeitvertragsgesetzes.“, 2022, 11 f., https://www.bmbf.de/SharedDocs/Downloads/de/2022/abschlussbericht-evaluation-wisszeitvg.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (zuletzt aufgerufen am 11.06.2023); Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft“, 27. März 2024, 1. Zudem bleibt für eine Vielzahl der jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler während ihrer Tätigkeit über einen gewissen Zeitraum die Frage unbeantwortet, ob ein Übergang zu einer Festanstellung innerhalb des Wissenschaftssystems gelingt. Vgl. Dr. Sommer u. a., „Evaluation des novellierten Wissenschaftszeitvertragsgesetzes.“, 11 f.; Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft“, 1; Vgl. Angela Borgwardt, „Karriere ohne Ende? Arbeitsplätze für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Publikation zur Konferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung vom 23. Juni 2011“, 2011, 23, https://library.fes.de/pdf-files/studienfoerderung/08863.pdf (zuletzt aufgerufen am 20.06.2023). Diese Unplanbarkeit des künftigen Karriereweges stellt für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler eine psychische Belastung in ihrem beruflichen und privaten Alltag dar. Vgl. Borgwardt, „Karriere ohne Ende? Arbeitsplätze für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Publikation zur Konferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung vom 23. Juni 2011“, 17. Aus diesem Grund wägen junge Hochschulabsolventinnen und -absolventen meist vor Beginn einer wissenschaftlichen Laufbahn sorgfältig ab, ob sie eine wissenschaftliche Stelle mit den damit verbundenen unsicheren befristeten Beschäftigungsverhältnissen eingehen möchten, oder es doch vorteilhafter wäre, einen alternativen beruflichen Weg einzuschlagen. Vgl. Borgwardt, 11. Die fortan festgelegte dreijährige regelmäßige Mindestvertragslaufzeit für den Erstvertrag in der Phase vor der Promotion kann zum einen bei künftigen jungen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern den psychischen Druck um die Sorge einer Weiterbeschäftigung mindern, da sie fortan innerhalb der drei Jahre nicht permanent um ihre finanzielle Sicherheit bangen müssen. Zum anderen kann die Neuregelung gegenüber der derzeitigen Rechtslage ihnen mehr Planungssicherheit verschaffen. Die nunmehr geplante pauschale Verlängerung der Befristungsdauer von zwei Jahren im Falle der Übernahme von Sorgearbeit kann bewirken, dass Betroffene eher den Eintritt in die wissenschaftliche Laufbahn und den Beginn einer Promotion in Erwägung ziehen. Bislang nehmen Hochschulabsolventinnen und -absolventen mit Kindern, aufgrund struktureller Rahmenbedingungen, wie beispielsweise dem begrenzten Qualifizierungszeitraum, seltener eine Promotion auf. Vgl. Gesche Brandt, Kolja Briedis, und Ulrike Schwabe, „Promovieren mit Kind: Welche Rolle spielen Promotionskontexte für eine erfolgreiche Vereinbarkeit von familialen und beruflichen Anforderungen in der Promotionsphase“, 2021, 10, https://www.bzh.bayern.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Beitraege_zur_Hochschulforschung/2021/2021-3-Brandt-Briedis-Schwabe.pdf (zuletzt abgerufen am 04.04.2024). Die Änderung kann damit zu einer besseren Vereinbarkeit zwischen Elternschaft und Promotion führen.
Für junge Hochschulabsolventinnen und -absolventen, die den Einstieg in die wissenschaftliche Laufbahn in Erwägung ziehen, besteht jedoch auch weiterhin der Leistungsdruck, die Promotion innerhalb der regelmäßigen Mindestvertragslaufzeiten von drei Jahren abzuschließen, da ein Anschlussvertrag und die Dauer dessen danach erneut von der Hochschule oder Forschungseinrichtung abhängig ist. Im Durchschnitt benötigen Promovierende 5,7 Jahre für die Fertigstellung ihrer Dissertation. Vgl. Konsortium Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs, „Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021. Statistische Daten und Forschungsbefunde zu Promovierenden und Promovierten in Deutschland. Wichtige Ergebnisse im Überblick“, 2021, 12, https://www.buwin.de/dateien/buwin-2021-kurzfassung.pdf (zuletzt aufgerufen am: 19.06.2023); ohne Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften. Dies wiederum kann bedeuten, dass sie nach der dreijährigen Mindestvertragslaufzeit als zukünftige Nachwuchsforscherinnen und -forschern keine Weiterbeschäftigung erhalten, was den Abschluss ihrer Dissertation gefährden kann. Dadurch können für sie weiterhin Unsicherheiten über ihre berufliche Zukunft und eine damit einhergehende Arbeitslosigkeit bestehen.
Anpassung der Rahmenbedingungen für Arbeitsverträge von studentischen Hilfskräften
§ 6 S. 1 und S. 3 WissZeitVG
Der Entwurf sieht zudem eine Anpassung hinsichtlich der Rahmenbedingungen für studentische Hilfskräfte vor. Künftig soll die Höchstdauer für befristete Arbeitsverträge zur Erbringung studentischer Hilfstätigkeiten (sowohl wissenschaftliche als auch künstlerische Hilfstätigkeiten gem. § 6 WissZeitVG), die mit Studierenden geschlossen werden, insgesamt acht Jahre betragen, vgl. § 6 S. 1 WissZeitVG. Nach geltendem Recht ist momentan lediglich eine Gesamtdauer einer Beschäftigung von sechs Jahren möglich. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft“, 27. März 2024, 34.
Neben der Anhebung der Maximaldauer des Arbeitsverhältnisses sollen die befristeten Arbeitsverträge eine Mindestdauer von einem Jahr nicht unterschreiten, vgl. § 6 S. 3 WissZeitVG. Bislang gibt es keine Regelung hinsichtlich einer Mindestvertragslaufzeit für die Arbeitsverträge für studentische Hilfskräfte. Aus der Soll-Vorschrift ergibt sich jedoch kein zwingender gesetzlicher Anspruch auf die genannte Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr.
Durch die Neuregelung kann es Studierenden künftig ermöglicht werden, auch bei Überschreiten der Regelstudienzeit ihre Nebentätigkeit als studentische Hilfskraft fortzuführen. Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft“, 15. Sie könnten dadurch länger einer Nebentätigkeit mit einer inhaltlichen Anknüpfung an ihr Studium nachgehen und müssen so nicht zwangsläufig die Weiterqualifizierung im eigenen Fachgebiet aufgeben. Die Anpassung bzw. Einführung von Regelbefristungsmodalitäten in der Regel von einem Jahr kann es Studierenden zudem ermöglichen, eigenständig einen langfristigeren und verlässlicheren Beitrag zu ihrem Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Werden Verträge zukünftig für wissenschaftliche Hilfskräfte für mindestens ein Jahr geschlossen, müssen sie nicht jedes Semester erneut auf Jobsuche gehen. Vor dem Hintergrund, dass die Mindestlaufzeit jedoch nicht unbedingt rechtlich verpflichtend ist, besteht jedoch keine garantierte Sicherheit, dass die die Hochschulen Verträge für wissenschaftliche Hilfskräfte auch tatsächlich für mindestens ein Jahr schließen. Angesichts dessen können Studierende nicht pauschal auf die vorgesehene Mindestlaufzeit vertrauen und einen gesetzlichen Anspruch auf die genannte Mindestvertragslaufzeit erheben. Hierdurch erhalten sie ein geringeres Maß an Rechtsicherheit, verglichen mit einer gesetzlich festgeschriebenen zwingenden Mindestlaufzeit.
Insbesondere für Studierende, die Sorgearbeit erbringen und als Hilfskraft beschäftigt sind, kann die Mindestvertragslaufzeit und die Höchstbefristungsdauer zu einer besseren Vereinbarkeit von Studium und Familie beitragen. Denn die Vereinbarkeit von Studium, Familie und Studentenjobs kann für diese Studierenden eine besonders große Herausforderung darstellen, da sie durch die Sorgeaufgaben sowie der häufigen Berufstätigkeit eine stetige Mehrfachbelastung ausgesetzt sind. Vgl. Imke Buß u. a., „Studierende mit Kind: Vereinbarkeit und Flexibilität als Studienerfolgsfaktoren“, Öffnung von Hochschulen Impulse zur Weiterentwicklung von Studienangeboten, 2017, 107; Vgl. PD Dr. Waltraud Cornelißen, „Studieren mit Kind. Wirklich eine Alternative zur späten Mutterschaft?“, 2007, 12, https://www.dji.de/fileadmin/user_upload/bibs/070108-Studieren_mit_Kind-Muenchen_Gesamt.pdf (zuletzt abgerufen am 03.04.2024). Für Studierende ergeben sich insgesamt permanent Fragen nach der Finanzierung der Lebensform. Vgl. PD Dr. Waltraud Cornelißen, „Studieren mit Kind. Wirklich eine Alternative zur späten Mutterschaft?“, 9. Die Mindestvertragslaufzeit kann zu einer gewissen Existenzsicherung beitragen, sofern sie genutzt wird. Zudem kann die Höchstbefristungsdauer dazu führen, dass Betroffene ihr Studium abschließen können, ohne noch einmal eine neue Tätigkeit suchen zu müssen.