Ziel des Gesetzentwurfs
Ziel des Gesetzentwurfs ist es, wesentliche Verbesserungen im Bereich des zivilrechtlichen Gewaltschutzes zu erreichen.Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und der Täterarbeit im Gewaltschutzgesetz, 22.08.2025, 1. Dafür ist u.a. vorgesehen, die elektronische Aufenthaltsüberwachung (eAü) im Gewaltschutzgesetz (GewSchG) zu verankern sowie eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um Personen, die häusliche bzw. Partnerschaftsgewalt ausüben, zur Teilnahme an sozialen Trainingskursen verpflichten zu können.Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und der Täterarbeit im Gewaltschutzgesetz, 1.
Zusammenfassung möglicher Auswirkungen
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
- Zukünftig sollen auch Familiengerichte dazu ermächtigt werden, Personen, die häusliche bzw. Partnerschaftsgewalt ausüben, zum Tragen einer elektronischen Fußfessel zu verpflichten (§ 1a Abs. 1 GewSchG). Auf diese Weise können Verstöße gegen bestehende Gewaltschutzanordnungen verhindert werden. Junge Menschen können von dieser Schutzwirkung profitieren, da Erfahrungen von direkter häuslicher Gewalt sowie von indirekter Partnerschaftsgewalt für sie erhebliche psychische und physische Belastungen nach sich ziehen können. Beide Gewaltformen können langfristig Entwicklungsprozesse junger Menschen beeinträchtigen und sich nachteilig auf ihre schulische Laufbahn, Persönlichkeitsentwicklung, psychosoziale Prozesse und Wertevorstellungen auswirken.
- Betroffene von häuslicher bzw. Partnerschaftsgewalt sollen mit einem Empfangsgerät ausgestattet werden können, sofern für die gewaltausübende Person das Tragen einer Fußfessel angeordnet wird (§ 1a Abs. 2 S. 1 GewSchG) Hierdurch könnte das subjektive Sicherheitsgefühl betroffener junger Menschen gestärkt werden. Umgekehrt könnte jedoch auch die Gefahr bestehen, dass sie kontinuierlich an ihre Gewalterfahrungen sowie an das Risiko einer erneuten Gewalttat erinnert werden.
- Minderjährige sollen nur dann mit einem Empfangsgerät ausgestattet werden können, sofern dies mit dem Kindeswohl vereinbar ist und zugleich die Einwilligung der Sorgeberechtigten vorliegt (§ 1a Abs. 2 S. 2 GewSchG). Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass Minderjährige vor psychischen Beeinträchtigungen durch den Gebrauch eines Empfangsgeräts bewahrt werden, sofern sie die notwendige psychische Reife noch nicht besitzen.
- Überdies soll Familiengerichten künftig die Möglichkeit eingeräumt werden, Personen, die häusliche bzw. Partnerschaftsgewalt ausüben, zur Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs zu verpflichten (§ 1 Abs. 4 GewSchG). Für junge Menschen, die von häuslicher oder Partnerschaftsgewalt betroffen sind, könnte dies eine spürbare Reduktion von Gewaltgeschehen bewirken und somit einen wesentlichen Beitrag zum Schutz ihrer Gesundheit und zu einer ungestörten Entwicklung leisten.
Betroffene Gruppen junger Menschen
Betroffen in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe sind junge Menschen im Alter bis 27 Jahre, deren Körper, Gesundheit, Freiheit oder deren sexuelle Selbstbestimmung widerrechtlich verletzt worden ist bzw. damit widerrechtlich gedroht wurdeVgl. Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen (Gewaltschutzgesetz - GewSchG) (2001), § 1 Abs. 1. und zu deren Schutz eine elektronische Aufenthaltsüberwachung des Täters gerichtlich angeordnet wurde.Unter dem Oberbegriff häusliche Gewalt werden sowohl Partnerschaftsgewalt als auch innerfamiliäre Gewalt zusammengefasst. Als Partnerschaftsgewalt werden Gewalttaten bezeichnet, bei denen Opfer und Täter in einer partnerschaftlichen Beziehung stehen oder gestanden haben (Gewalt durch (Ex-)Partner). Innerfamiliäre Gewalt ist Gewalt zwischen Angehörigen (außerhalb von partnerschaftlichen Beziehungen). Vgl. dazu Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Gesetzentwurf zur Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und der Täterarbeit im Gewaltschutzgesetz (2025), 2. Im Jahr 2023 wurden mehr als 250.000 Personen als Betroffene von häuslicher Gewalt polizeilich erfasst.Vgl. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), FAQ, 2. Davon waren 70,5 Prozent Mädchen und Frauen (180.715) und 29,5 Prozent (75.561) Jungen und Männer.Vgl. European Training Platform on Domestic Violence, Daten und Statistiken in Deutschland (2025), https://training.improdova.eu/de/daten-und-statistiken/, letzter Abruf: 27.08.2025. Häusliche Gewalt betrifft somit v.a. Frauen.Vgl. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), FAQ, 2. Auch bei den unter 21-Jährigen sind vor allem Mädchen und junge Frauen von häuslicher Gewalt betroffen. Von 49.207 Fällen im Jahr 2023 waren 31.238 Mädchen und junge Frauen Opfer dieser Taten.Vgl. European Training Platform on Domestic Violence, Daten und Statistiken in Deutschland (2025), https://training.improdova.eu/de/daten-und-statistiken/, letzter Abruf: 27.08.2025.
Betroffen sind zudem Jugendliche und junge Erwachsene, die als Kinder häusliche bzw. Partnerschaftsgewalt gegen einen oder beide ihrer Elternteile erfahren haben.
Ferner betroffen sind junge Menschen – insbesondere junge Männer – im Alter bis 27 Jahren, die häusliche oder Partnerschaftsgewalt ausüben und bei denen ein Familiengericht das Tragen einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung zur Durchsetzung einer Gewaltschutzanordnung bzw. die Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs anordnet. Im Jahr 2024 wurden in Deutschland rund 65.100 junge Menschen im Alter unter 21 Jahren von der Polizei als Tatverdächtige im Hinblick auf häusliche Gewalt ermittelt.Vgl. Bundeskriminalamt, Anzahl der strafverdächtigen Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden bei Gewalttaten in Deutschland von 1987-2024 (2025), https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37370/umfrage/jugendkriminalitaet-tatverdaechtige-minderjaehrige-bei-ausgewaehlten-gewaltverbrechen/, letzter Abruf: 27.08.2025.
Jugendrelevante Auswirkungen
Verbesserter Schutz junger Menschen durch die gerichtliche Anordnung einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung sowie durch den Ausbau von Täterarbeit
§§ 1 Abs. 4; 1a Abs. 1, Abs. 2 GewSchG
Durch die geplanten Gesetzesänderungen soll es künftig möglich sein, Personen, die häusliche bzw. Partnerschaftsgewalt ausüben, d.h. die vorsätzlich den Körper, die Gesundheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person widerrechtlich verletzt haben, familiengerichtlich dazu zu verpflichten, ein technisches Mittel zur elektronischen Überwachung ihres Aufenthaltes (sog. elektronische Fußfessel)Bei einer elektronischen Fußfessel handelt es sich um ein Gerät, das elektronisch den Aufenthaltsort einer Person überwacht. Das Gerät wird am Bein einer Person zwischen dem Knöchel und der Wade mit einem Befestigungsband angebracht, das verschlossen wird. Die Fußfessel kann nicht ohne Zerstörung des Bandes abgenommen werden. Vgl. dazu Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), FAQ, 4. in betriebsbereitem Zustand am Körper mit sich zu führen und dessen Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen, vgl. § 1a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 GewSchG. Bislang konnte das Tragen einer elektronischen Fußfessel lediglich durch Strafgerichte im Rahmen der sog. Führungsaufsicht sowie zu präventiv-polizeilichen Zwecken angeordnet werden.Vgl. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), FAQ, 8.
Voraussetzung für eine familiengerichtliche Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz soll sein, dass die elektronische Aufenthaltsüberwachung unerlässlich ist, um die Befolgung einer Gewaltschutzanordnung durch Personen, die häusliche bzw. Partnerschaftsgewalt ausüben, sicherzustellen, vgl. § 1a Abs. 1 S. 1 GewSchG. Dies soll jedenfalls dann der Fall sein, wenn konkrete Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass von gewaltausübenden Personen gegen eine bestehende Gewaltschutzanordnung verstoßen wird und hieraus eine erhebliche Gefahr für Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit oder sexuelle Selbstbestimmung der verletzten bzw. der bedrohten Person resultiert (sog. Hochrisikofall)Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und der Täterarbeit im Gewaltschutzgesetz, 32., vgl. § 1a Abs. 1 S. 2 GewSchG. Mit Zustimmung der verletzten bzw. der bedrohten Person soll dieser zudem ein technisches Gerät zur Verfügung gestellt werden, welches Zuwiderhandlungen gegen eine sie betreffende Gewaltschutzanordnung anzeigt (sog. Zwei-Komponenten-Modell)Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und der Täterarbeit im Gewaltschutzgesetz, 34., vgl. § 1a Abs. 2 S. 1 GewSchG. Bei minderjährigen Betroffenen soll dies allerdings nur zulässig sein, sofern es mit dem Kindeswohl vereinbar ist und die Sorgeberechtigten einwilligen, vgl. § 1a Abs. 2 S. 2 GewSchG.
In Zukunft soll es fernerhin möglich sein, familiengerichtlich anzuordnen, dass Personen, die häusliche bzw. Partnerschaftsgewalt ausüben, innerhalb einer gerichtlich festgelegten Frist an einem sozialen Trainingskurs teilnehmen müssen, vgl. § 1 Abs. 4 GewSchG.
Mit den vorgesehenen gesetzlichen Neuregelungen soll es auch den Familiengerichten künftig ermöglicht werden, Personen, die häusliche bzw. Partnerschaftsgewalt ausüben, zum Tragen einer elektronischen Fußfessel zu verpflichten. Auf diese Weise können Zuwiderhandlungen gegen bestehende Gewaltschutzanordnungen verhindert und besonders vulnerable Gruppen, wie beispielsweise junge Frauen, in erhöhtem Maße geschützt werden. Zugleich kann hierdurch die besondere Gefährdung von Kindern und Jugendlichen in den Blick genommen werden, die ein vierfach erhöhtes Risiko tragen, selbst von häuslicher Gewalt betroffen zu sein, sofern sie in von häuslicher bzw. Partnerschaftsgewalt geprägten Familiensituationen aufwachsen.Vgl. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), FAQ, 1, 4. Vgl. May Beyli u. a., „Häusliche Gewalterfahrungen von Kindern und Jugendlichen: Implikationen für das Bedrohungsmanagement“, Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie 19, Nr. 1 (2025): 21–28, https://doi.org/10.1007/s11757-024-00869-w, letzter Abruf: 27.08.2025. Die Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes kann im Einzelfall maßgeblich zur Prävention von (schweren) Körperverletzungen oder Tötungen beitragen, indem der Polizei ein schnelleres Eingreifen ermöglicht wird und Betroffene, je nach individueller Gefährdungslage, frühzeitig gewarnt werden können.Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und der Täterarbeit im Gewaltschutzgesetz, 17. Laut polizeilicher Kriminalstatistik wurden im Jahr 2022 12.437 Fälle, im Jahr 2023 13.493 FälleVgl. Bundeskriminalamt, Polizeiliche Kriminalstatistik, Fallentwicklung und Aufklärung der Strafteten/-gruppen V1.0 (2024), https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/PolizeilicheKriminalstatistik/2023/Bund/Faelle/BU-F-02-T01-Fallentw_xls.xlsx?__blob=publicationFile&v=3, Zeile 939, Spalte D, letzter Abruf: 27.08.2025. und im Jahr 2024 15.240 FälleVgl. Bundeskriminalamt, Polizeiliche Kriminalstatistik, Grundtabelle, V1.0 (2025), https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/PolizeilicheKriminalstatistik/2024/Bund/Faelle/BU-F-01-T01-Faelle_xls.xlsx?__blob=publicationFile&v=3, Zeile 932, Spalte C, letzter Abruf: 27.08.2025. erfasst, in denen gegen § 4 GewSchG verstoßen wurde. Darunter fallen Zuwiderhandlungen gegen gerichtlich angeordnete Kontakt- und Annäherungsverbote nach § 1 Abs. 1 S. 1 oder 3 i.V.m. § 1 Abs. 2 S. 1 GewSchG. Durch die zusätzliche Anordnung einer elektronischer Aufenthaltsüberwachung könnte die Wahrscheinlichkeit eines solchen Verstoßes signifikant reduziert werden.Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und der Täterarbeit im Gewaltschutzgesetz, 2. Auch bereits vorliegende Anwendungserfahrungen aus Spanien deuten darauf hin, dass die Verpflichtung zum Tragen einer elektronischen Fußfessel grundsätzlich eine Verbesserung des Gewaltschutzes bewirken kann.Vgl. Lorea Arenas, „GPS Monitoring in Domestic Violence: The Spanish Experience“, Journal of Offender Monitoring, 2019, 17–26. Von dieser Schutzwirkung können auch junge Menschen profitieren, da die Erfahrung sowohl von direkter häuslicher Gewalt als auch von indirekter Partnerschaftsgewalt für sie oftmals erhebliche psychische und physische Belastungen nach sich ziehen kann.Vgl. Beyli u. a., „Häusliche Gewalterfahrungen von Kindern und Jugendlichen: Implikationen für das Bedrohungsmanagement“, Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie 19, Nr. 1 (2025): 21–28, https://doi.org/10.1007/s11757-024-00869-w, letzter Abruf: 27.08.2025. Beide Formen der Gewalt können langfristige Entwicklungsprozesse erheblich beeinträchtigen und negative Auswirkungen auf ihre schulische Laufbahn, Persönlichkeitsentwicklung, psychosoziale Prozesse und Wertevorstellungen haben.Vgl. Kerstin Bücker, Niemals Gewalt gegen Kinder: Diese Studie muss uns aufrütteln, 20. November 2020, https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/-/niemals-gewalt-gegen-kinder-studie/274968, letzter Abruf: 26.08.2025. Gerade für junge Menschen, die Opfer solcher Taten sind, könnte die Anordnung einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung hilfreich sein, um weiterhin an ihrem sozialen Leben teilzunehmen, sich mit ihren Freundinnen und Freunden zu treffen und ihre Ausbildungsorte, wie Schule oder Universität, möglichst angstfrei besuchen zu können. Zudem kann durch die geplanten Regelungen verhindert werden, dass – wie derzeit in besonderen Ausnahmefällen – Betroffene von häuslicher bzw. Partnerschaftsgewalt ohne ihre Kinder an einen sicheren Ort gebracht werden und es dadurch zu einer belastenden Trennung von jungen Menschen und eines ihrer Elternteile (in der Regel ihrer Mutter) kommt.Vgl. Christoph Klemp u. a., „Lebensrettende Fußfessel“, WEISSER RING Magazin, 5. Dezember 2023, https://wr-magazin.de/themen/elektronische-fussfessel-deutschland/, letzter Abruf: 26.08.2025. Für die betroffenen jungen Menschen dürfte dies erhebliche psychische Folgen haben.
Das Tragen eines Empfangsgeräts im Rahmen des sog. Zwei-Komponenten-Modells kann für betroffene junge Menschen zum einen ihr Sicherheitsgefühl stärken, zum anderen jedoch auch das Risiko bergen, dass sie kontinuierlich an ihre Erfahrungen mit häuslicher bzw. Partnerschaftsgewalt sowie an die Gefahr einer erneuten Gewalttat erinnert werden (Reviktimisierung).Vgl. EFE-Nachrichtenagentur, ¿Son eficaces las pulseras de control telemático contra el maltrato?, Madrid, 21. 01.2023, https://efe.com/espana/2023-01-21/pulseras-telematicas-maltrato-revictimizacion/, letzter Abruf: 26.08.2025. Zwar muss das Empfangsgerät – anders als die elektronische Fußfessel als Sendegerät – nicht dauerhaft in einsatzbereitem Zustand mitgeführt werden. Dennoch könnte das Empfangsgerät zu einem Gefühl der ständigen Alarmbereitschaft bei jungen Menschen beitragen, welches sich nachteilig auf ihre persönliche Entwicklung auswirken könnte. Umgekehrt könnte die Ausstattung mit einem Empfangsgerät bei den betroffenen jungen Menschen ein trügerisches Gefühl erhöhter Sicherheit erzeugen.Vgl.: Thomas Wagner, Die Grenzen der elektronischen Fußfessel, 20. Februar 2014, https://www.deutschlandfunk.de/ueberwachung-die-grenzen-der-elektronischen-fussfessel-100.html, letzter Abruf: 26.08.2025. Denn die Verständigung der zuständigen Polizeibehörde erfolgt nicht automatisch mit dem Unterschreiten der festgelegten Distanz zwischen der Person, die die elektronische Fußfessel trägt, und der Person, die von häuslicher bzw. Partnerschaftsgewalt betroffen ist, sondern setzt vielmehr deren zusätzliche Benachrichtigung voraus.Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und der Täterarbeit im Gewaltschutzgesetz, 34. Die tatsächliche Schutzwirkung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung könnte daher von jungen Menschen überschätzt werden, wenn sie sich nicht näher mit den weiteren Regelungen dazu auseinandersetzen.
Es ist ferner möglich, dass sich die beschriebenen Belastungen bzw. Herausforderungen bei der Ausstattung von Minderjährigen mit einem Empfangsgerät intensivieren könnten. Denkbar wäre, dass etwa der Vater aufgrund von häuslicher Gewalt gegen das Kind eine Fußfessel tragen muss und das Empfangsgerät minderjährige Jugendliche dabei stärker psychisch belasten kann als es zu ihrem Sicherheitsgefühl beiträgt. In diesem Zusammenhang können Minderjährige geschützt werden, indem die – ohnehin freiwillige – Ausstattung mit einem solchen Empfangsgerät nur zulässig sein soll, sofern sie mit dem Kindeswohl vereinbar ist und zugleich die Einwilligung der Sorgeberechtigten vorliegt. Diese geplante gesetzliche Neuregelung könnte minderjährige Jugendliche davor schützen, mit einem Empfangsgerät ausgestattet zu werden, ohne dass sie dafür die notwendige Reife besitzen, und sie dadurch vor möglichen psychischen Belastungen schützen. Die Notwendigkeit, dass die Erziehungsberechtigten zustimmen müssen, birgt jedoch die Gefahr, dass die Ausstattung minderjähriger Betroffener mit einem Empfangsgerät insbesondere in Konstellationen, in denen Sorgeberechtigte selbst in die häusliche bzw. Partnerschaftsgewalt involviert sind, nicht gewährleistet werden kann.
Fernerhin können auch junge Menschen selbst zum Tragen einer elektronischen Fußfessel verpflichtet werden, wenn sie häusliche bzw. Partnerschaftsgewalt ausüben. Da die Tätergruppe in diesem Bereich überwiegend männlich ist, ist von einer signifikant höheren Betroffenheit junger Männer im Vergleich zu jungen Frauen auszugehen. Die Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung kann für sie mitunter zu erheblichen Einschränkungen der persönlichen Lebensgestaltung führen. Zudem kann das Tragen einer elektronischen Fußfessel mit einem hohen Stigmatisierungspotenzial einhergehen und die Betroffenen einem erhöhten Risiko von Ausgrenzung, Mobbing oder Benachteiligung aussetzen.Vgl. Eszter Párkányi und Anthea Hucklesby, Electronic monitoring in the youth justice system of England and Wales (University of Leeds, 2021), https://trackingchildren.leeds.ac.uk/wp-content/uploads/sites/46/2022/01/TCBI-report-England-and-Wales_final.pdf., letzter Abruf: 26.08.2025, 30f.
Schließlich soll es den Familiengerichten künftig auch ermöglicht werden, Personen, die häusliche bzw. Partnerschaftsgewalt ausüben, zur Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs zu verpflichten.Unter einem solchen Kurs ist ein Angebot für Täter zu verstehen, die gewalttätig geworden sind, um ihr Verhalten zu ändern, vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und der Täterarbeit im Gewaltschutzgesetz, 31. Darin sollen den gewaltausübenden Personen Lösungswege aufgezeigt werden, wie sie Konflikte künftig gewaltfrei lösen können.Vgl. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), FAQ, 9. Solche sozialen Trainingskurse können laut Fachstudien präventiv wirken und als Begleitmaßnahme wesentlich zur Risikoreduktion von häuslicher bzw. Partnerschaftsgewalt beitragen.Vgl. Queensland Police Service, The Domestic and Family Violence GPS-enabled Electronic Monitoring Technology Trial – Evaluation Report (Queensland, 2019), https://cabinet.qld.gov.au/documents/2019/Apr/DFVGPS/Attachments/Report.PDF, letzter Abruf: 26.08.2025. Soziale Trainingskurse zielen primär auf eine Verhaltensänderung der Personen ab, die häusliche bzw. Partnerschaftsgewalt ausüben. Diese erzieherische Perspektive entspricht dem Leitgedanken des Jugendstrafrechts, das auf Erziehung statt auf reine Strafe ausgerichtet ist. Gleichwohl hängt die Wirkungen von sozialen Trainingskursen stark von der Qualität, dem Kontext und der Einbettung der jeweiligen Maßnahme ab.Vgl. Martin Schmucker und Friedrich Lösel, „The Effects of Sexual Offender Treatment on Recidivism: An International Meta-Analysis of Sound Quality Evaluations“, Journal of Experimental Criminology 11, Nr. 4 (2015): 597–630, https://doi.org/10.1007/s11292-015-9241-z. Esther Arias u. a., „Batterer Intervention Programmes: A Meta-Analytic Review of Effectiveness“, Psychosocial Intervention 22, Nr. 2 (2013): 153–60, https://doi.org/10.5093/in2013a18, letzter Abruf: 27.08.2025. Für junge Menschen, die von häuslicher oder Partnerschaftsgewalt betroffen sind, kann jedoch jede spürbare Reduktion von Gewalt ihre Gesundheit und Entwicklung maßgeblich schützenVgl. World Health Organization (WHO), Violence against women (2024), https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/violence-against-women, letzter Abruf: 26.08.2025. und damit einen wichtigen Baustein im Gewaltschutz darstellen.