Ziel des Gesetzentwurfs
Ziel des Gesetzentwurfs ist es, das Potenzial an Reservistinnen und Reservisten zielgerichtet zu erfassen.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung wehrersatzrechtlicher Vorschriften und zur Einführung eines neuen Wehrdienstes“, 13. Oktober 2024, 2. Zudem soll ein verbessertes Lagebild der kommenden Jahrgänge hinsichtlich der Frage über Eignung und Bereitschaft für den Dienst in den Streitkräften erreicht werden.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung wehrersatzrechtlicher Vorschriften und zur Einführung eines neuen Wehrdienstes“, 2. Dafür sollen u. a. Änderungen im Wehrpflichtgesetz (WPflG) und im Soldatengesetz (SG) vorgenommen werden.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung wehrersatzrechtlicher Vorschriften und zur Einführung eines neuen Wehrdienstes“, 17.
Zusammenfassung möglicher Auswirkungen
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
- Das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr soll künftig zum Zwecke der Wehrerfassung nach § 58c SG von den Meldebehörden übermittelte Daten verarbeiten und Meldedaten wie z.B. Geburtstag, Geburtsort, Familienstand sowie den Haupt- und Nebenwohnsitz abrufen (§ 15 Abs. 1 WPflG). Die durch die Abfrage erfassten Wehrdienstpflichtigen sollen dazu verpflichtet werden, eine einmalige Bereitschaftserklärung zur Wehrdienstleistung abzugeben (§ 15a Abs. 1 S. 1 WPflG). Dies kann dazu führen, dass sich junge betroffene Männer erstmalig intensiv mit dem militärischen Dienst und der Frage, ob sie einen Wehrdienst leisten möchten, auseinandersetzen müssen.
- Die im Rahmen der Bereitschaftserklärung übermittelten Daten sollen u. a. auch zum Zweck der Einberufung und Heranziehung zum Wehrdienst im Verteidigungs- und Spannungsfall verarbeitet werden dürfen (§ 15b Nr. 3 WPflG). Die Neuregelung könnte im Falle eines Spannungs- und Verteidigungsfalls dazu führen, dass bereits Informationen über geeignete wehrpflichtige Männer vorliegen und betroffene junge Männer eingezogen werden könnten.
- Der derzeit mögliche freiwillige Wehrdienst soll durch einen Basiswehrdienst abgelöst werden, der für einen Zeitraum zwischen sechs und 23 Monaten freiwillig geleistet werden kann (§ 58b Abs. 1 SG). Es soll künftig auch für ehemalige Basisdienstwehrleistende innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren möglich sein, an den internen Maßnahmen und Berufsbildungsmaßnahmen des Karrierecenters der Bundeswehr teilzunehmen. Somit könnten auch junge ehemalige Basiswehrdienstleistende neben ehemaligen Soldatinnen und Soldaten auf Zeit von den Förderungs- und Dienstleistungsangeboten profitieren und mittels qualifizierter Beratung und individueller Unterstützung gefördert und so auf ihren nächsten Lebensabschnitt vorbereitet werden. Dies kann insgesamt die Attraktivität des Basiswehrdienstes für junge Menschen erhöhen.
Betroffene Gruppen junger Menschen
Normadressatinnen und -adressaten in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe sind junge Menschen zwischen 18 und 23 Jahren (17 Jahre mit Einverständnis der Erziehungsberechtigten), die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen und grundsätzlich wehrpflichtig sind.
Normadressatinnen und -adressaten sind zudem junge Menschen zwischen 18 und 23 Jahren, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen und nicht wehrpflichtig sind. Dies sind u.a. Frauen oder Personen, die im Geburtenregister die Angabe „divers“ oder keine Angabe führen.
Im Jahr 2024 dienen insgesamt 8.919 freiwillig Wehrdienstleistende in der Bundeswehr, davon sind 1.614 Frauen.Vgl. „Personalzahlen der Bundeswehr“, 2024, https://www.bundeswehr.de/de/ueber-die-bundeswehr/zahlen-daten-fakten/personalzahlen-bundeswehr (zuletzt abgerufen am 24.10.2024); Vgl. Bundeswehr, „Frauen bei der Bundeswehr“, 2024, https://www.bundeswehr.de/de/ueber-die-bundeswehr/selbstverstaendnis-bundeswehr/chancengerechtigkeit-bundeswehr/frauen-bundeswehr (zuletzt abgerufen am 24.10.2024).
Jugendrelevante Auswirkungen
Reaktivierung und Modernisierung der Wehrerfassung
§§ 15 Abs. 1: 15a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 und Abs. 4; 15b Nr. 3; 45 Abs. 1 Nr. 1 – 3 WPflG; § 58c Abs. 2 Nr. 2 SG
Die Gesetzesänderung sieht vor, dass das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr künftig zum Zwecke der Wehrerfassung nach § 58c Soldatengesetz (SG) von den Meldebehörden übermittelte Daten verarbeiten und Meldedaten wie beispielsweise Geburtstag, Geburtsort, Familienstand sowie den Haupt- und Nebenwohnsitz abrufen darf, vgl. § 15 Abs. 1 WPflG. Die durch die Abfrage erfassten Wehrdienstpflichtigen sollen dazu verpflichtet werden, eine einmalige Bereitschaftserklärung zur Wehrdienstleistung abzugeben, vgl. § 15a Abs. 1 S. 1 WPflG. Wer wehrpflichtig ist, richtet sich nach § 1 Abs. 1 WPflG. Grundsätzlich sind alle Männer mit deutscher Staatsangehörigkeit, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, wehrpflichtig gem. § 1 Abs. 1 WPflG. Die Bereitschaftserklärung soll in Form eines Online-Fragebogens abgegeben werden, vgl. § 15a Abs. 2 S. 1 WPflG. Die Angaben, die im Rahmen der Bereitschaftserklärung wahrheitsgemäß abzugeben sein sollen, umfassen Angaben zur Person, zum Geschlecht, zum Familienstand und zu weiteren Staatsangehörigkeiten. Darüber hinaus sollen das Interesse am Wehrdienst der Bundeswehr sowie persönliche Angaben zu Bildungsabschlüssen, einer Selbsteinschätzung der körperlichen Leistungsfähigkeit, Körpergröße und Gewicht sowie das Vorliegen einer Schwerbehinderung und der Information darüber, ob bereits Wehrdienste in fremden Streitkräften geleistet wurden, abgefragt werden, vgl. § 15a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 – 7 WPflG. Für den Fall, dass der Aufforderung der Abgabe der Bereitschaftserklärung nicht innerhalb eines Monats Folge geleistet wird, soll eine erneute Aufforderung durch Zustellung erfolgen, vgl. § 15a Abs. 4 WPflG. Das Nichtnachkommen bzw. die nicht rechtzeitige Abgabe der Bereitschaftserklärung sowie die Angabe von falschen Daten oder unvollständigen Daten sollen in den bestehenden Bußgeldkatalog aufgenommen werden, um den zur Abgabe verpflichteten Personen ein Ordnungsgeld anordnen zu können, falls sie ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 1 – 3 WPflG. Die im Rahmen der Bereitschaftserklärung übermittelten Daten sollen u. a. auch zum Zweck der Einberufung und Heranziehung zum Wehrdienst im Verteidigungs- und Spannungsfall verarbeitet werden dürfen, vgl. § 15b Nr. 3 WPflG.
Auch Personen, die nicht wehrpflichtig sind, also Frauen und Personen mit dem Geschlechtseintrag „divers“ oder „ohne“ sollen den Fragebogen zur Bereitschaftserklärung zugesendet bekommen können und zur Beantwortung eingeladen werden, vgl. § 58c Abs. 2 Nr. 2 SG. Eine Verpflichtung zum Ausfüllen besteht für sie allerdings nicht,Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung wehrersatzrechtlicher Vorschriften und zur Einführung eines neuen Wehrdienstes“, 17. die Abgabe einer Erklärung über ihre Bereitschaft und Fähigkeit zu einer Wehrdienstleistung soll damit für sie freiwillig sein, vgl. § 58c Abs. 2 Nr. 2 SG.
Die verpflichtende Abgabe einer Bereitschaftserklärung für wehrpflichtige Männer kann dazu führen, dass sich junge betroffene Männer ggf. erstmalig intensiv mit dem militärischen Dienst und der Frage, ob sie einen Wehrdienst leisten möchten, auseinandersetzen. Im Zeitraum von 1956 bis 2011 wurden Männer ab 18 Jahren zum Dienst in der Bundeswehr verpflichtet. Seit dem Jahr 2011 ist die allgemeine Wehrpflicht lediglich ausgesetzt, abgeschafft wurde sie jedoch nicht.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung wehrersatzrechtlicher Vorschriften und zur Einführung eines neuen Wehrdienstes“, 1–2; Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, „Wie funktioniert die Wehrpflicht?“, 2024, https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/550475/wie-funktioniert-die-wehrpflicht (zuletzt abgerufen am 22.10.2024). Durch die Neuregelungen soll die allgemeine Wehrpflicht nicht wieder eingeführt werden. Mittels der Reaktivierung und Modernisierung der Wehrerfassung soll wehrpflichtigen Männern die Pflicht zur Abgabe einer Erklärung über ihre Bereitschaft und Fähigkeit einer Wehrdienstleistung obliegen, welche im Falle eines Nichtnachkommens mit Bußgeld bedroht wird.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung wehrersatzrechtlicher Vorschriften und zur Einführung eines neuen Wehrdienstes“, 7; 24. Angesichts dessen verfügt die Bundeswehr fortan über umfassende Daten darüber, welche Personen im Spannungs- und Verteidigungsfall einberufen und herangezogen werden können. Dazu zählt auch, über welche Qualifikationen sie verfügen und wie geeignet die grundsätzlich Wehrpflichtigen sind.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung wehrersatzrechtlicher Vorschriften und zur Einführung eines neuen Wehrdienstes“, 2. Dies könnte im Falle eines Spannungs- und Verteidigungsfalls bedeuten, dass durch die Abgabe einer Bereitschaftserklärung bereits Informationen über geeignete wehrpflichtige Männer vorliegen und diese ggf. eingezogen werden könnten.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung wehrersatzrechtlicher Vorschriften und zur Einführung eines neuen Wehrdienstes“, 2; Vgl. Süddeutsche Zeitung, „Alle ab 2007 geborenen Männer sollen erfasst werden“, 2024, https://www.sueddeutsche.de/politik/pistorius-wehrdienst-fragebogen-maenner-geburt-2007-lux.QUpBZEd34qiZLyv3kMUCFb (zuletzt abgerufen am 22.10.2024).
Die Neuregelung, dass für nicht wehrpflichtige Personen wie Frauen oder Personen, die den Geschlechtseintrag „divers“ oder keine Angabe im Geburtenregister führen, die Möglichkeit einer Teilnahme an der vorgesehenen Befragung freiwillig eingeräumt wird,Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung wehrersatzrechtlicher Vorschriften und zur Einführung eines neuen Wehrdienstes“, 2. kann zu einer Ungleichbehandlung der Geschlechter beitragen. Denn für sie entsteht im Vergleich zu jungen Männern zum einen nicht der Aufwand, eine Bereitschaftserklärung gegenüber dem Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr abgeben zu müssen. Zum anderen werden sie nicht zwangsläufig aufgefordert, sich mit dem militärischen Dienst und der Frage, ob sie sich künftig der Bundeswehr verpflichten wollen, zu befassen. Jedoch können sie durch das Amt kontaktiert werden und über berufliche Möglichkeiten und Perspektiven in den Streitkräften informiert werden. Dadurch werden sie potentiell mit der Bundeswehr als Arbeitgeber konfrontiert und müssen sich ggf. mit der Frage des Ableistens eines Wehrdienstes auseinandersetzen.
Neugestaltung des freiwilligen Wehrdienstes als Basiswehrdienst
§ 58 Abs. 1 SG; § 9 Abs. 3 S. 3 SVG
Der derzeit mögliche freiwillige Wehrdienst soll durch einen Basiswehrdienst abgelöst werden, der für einen Zeitraum zwischen sechs und 23 Monaten freiwillig geleistet werden kann, vgl. § 58b Abs. 1 SG. Es soll keine Probezeit mehr geben.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung wehrersatzrechtlicher Vorschriften und zur Einführung eines neuen Wehrdienstes“, 29. Derzeit besteht eine sechsmonatige Probezeit bei Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes.Vgl. § 58b Abs. 1 S. 2 SG geltendes Recht. Durch eine vorgesehene Anpassung der Berufsförderungsverordnung (BFöV)Die Änderung der Berufsförderungsverordnung betrifft § 5 Abs. 3 S. 1 BFöV soll es künftig auch für ehemalige Basisdienstwehrleistende innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren möglich sein, an den internen Maßnahmen und Berufsbildungsmaßnahmen des Karrierecenters der Bundeswehr teilzunehmen, dies führt zu entsprechenden Folgeänderungen des Soldatenversorgungsgesetz (SVG), vgl. § 9 Abs. 3 S. 3 SVG.
Die Möglichkeit für Personen, die den Basiswehrdienst leisten, künftig auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses an internen Bildungsmaßnahmen des Berufsförderungsdienstes teilnehmen zu können, kann die Attraktivität des Basiswehrdienstes für junge Menschen erhöhen.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung wehrersatzrechtlicher Vorschriften und zur Einführung eines neuen Wehrdienstes“, 30. Bislang ist lediglich ehemaligen Soldatinnen und Soldaten auf Zeit vorbehalten, innerhalb von sechs Jahren nach Beendigung des Dienstverhältnisses an internen Maßnahmen des Karrierecenters der Bundeswehr – Berufsförderungsdienst – teilzunehmen.§ 5 Abs. 3 S. 1 der Berufsförderungsverordnung geltendes Recht. Durch die Ausdehnung des personellen Anwendungsbereichs könnten somit auch junge ehemalige Basiswehrdienstleistende von den Förderungs- und Dienstleistungsangeboten profitieren und mittels qualifizierter Beratung und individueller Unterstützung gefördert und auf ihren nächsten Lebensabschnitt vorbereitet werden.Vgl. Bundeswehr, „Beratung und Förderung“, 2024, https://www.bundeswehr.de/de/betreuung-fuersorge/der-berufsfoerderungsdienst-der-bundeswehr-bfd/beratung-und-foerderung-berufsfoerderungsdienst-der-bundeswehr (zuletzt abgerufen am 23.10.2024). Dies könnte sich förderlich auf die Entscheidung junger Menschen, ob sie den Basiswehrdienst ableisten möchten, auswirken. Auch die Verkürzung der Mindestdauer des Basiswehrdienstes von sieben auf sechs Monate sowie der Entfall der Probezeit können dazu beitragen, dass ggf. eine höhere Anzahl junger Menschen den Basiswehrdienst ableistet. Sie müssen sich somit für einen kürzeren Zeitraum der Bundeswehr verpflichten, was ggf. ihrem weiteren beruflichen privaten Lebensweg entgegenkommt. Dies kann insbesondere für junge Menschen wichtig sein, die noch unsicher sind, ob der Wehrdienst etwas für sie ist und die so schneller einen anderen beruflichen Weg einschlagen können.