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Jugend-Check zum ReferentenentwurfRegierungsentwurf
16. Okt. 2024 13. Nov. 2024

GEAS-Anpassungsgesetz

Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des nationalen Rechts an die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS-Anpassungsgesetz) (Stand: 11.10.2024) Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des nationalen Rechts an die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS-Anpassungsgesetz) (Stand: 06.11.2024)

Ressort: Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI)

Ziel des Gesetzentwurfs

Ziel des Gesetzentwurfs ist die Anpassung des nationalen Rechts an die Vorgaben der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (sog. GEAS-Reform), die am 14. Mai 2024 auf europäischer Ebene final beschlossen wurde.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des nationalen Rechts an die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“, 11. Oktober 2024, 1 f. Hierfür sind insbesondere Änderungen des Asylgesetzes (AsylG) und des Aufenthaltsgesetzes erforderlichVgl. „GEAS-Anpassungsgesetz“, 2., die auch für minderjährige Geflüchtete gelten sollen.

Zusammenfassung möglicher Auswirkungen

Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:

  • Durch die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems soll es künftig möglich sein, dass minderjährige Geflüchtete, die einen Asylantrag für Deutschland gestellt haben, in eng begrenzten Ausnahmefällen in sog. Asylverfahrenshaft genommen werden können (§§ 69 Abs. 1, 70a Abs. 3-5 AsylG). Dies kann eine vorübergehende Freiheitsbeschränkung und somit einen erheblichen Eingriff in ihre individuellen Grund- und Freiheitsrechte darstellen.
  • Auch minderjährige Geflüchtete, die ohne Eltern oder gesetzliche Betreuer nach Deutschland kommen, sollen künftig während eines Asylverfahrens inhaftiert werden können, wenn dies für sie einen Schutz darstellt (§ 70a Abs. 3 S. 3 Nr. 2 AsylG). Hier stellt sich allerdings die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Inhaftierung ihrem Schutz dienen kann. Die sich in Haft befindlichen unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten sollen zwar grundsätzlich in Einrichtungen untergebracht werden, die auf ihre Unterbringung ausgerichtet sind. Unklar bleibt allerdings, worin die Unterschiede einer solchen Einrichtung im Vergleich zu einer Einrichtung der Jugendhilfe liegen sollen.
  • Der Gesetzentwurf schreibt ferner die Berücksichtigung „alterstypischer Belange“ im Rahmen der Inhaftierung vor (§ 70a Abs. 3 S. 6 AsylG). Allerdings werden diese nicht näher gesetzlich konkretisiert, sodass offenbleibt, welche spezifischen Belange junger Menschen hier berücksichtigt werden sollen und in welchem Umfang dies geschehen soll.

Betroffene Gruppen junger Menschen

Betroffene in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe sind junge Menschen zwischen 12 und 17 Jahren, die in Deutschland einen Antrag auf Asyl gestellt haben und während des Asylverfahrens in Haft genommen werden können sollen (sog. Asylverfahrenshaft). Dabei sollen von den geplanten Regelungen sowohl begleitete minderjährige Geflüchtete als auch unbegleitete Minderjährige„Im deutschen Asylverfahren gelten Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren als minderjährig. Reisen diese ohne Begleitung eines für sie verantwortlichen Erwachsenen in einen Mitgliedsstaat der EU ein oder werden dort ohne Begleitung zurückgelassen, gelten sie als Unbegleitete Minderjährige.“ Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, „Unbegleitete Minderjährige“, 7. Juni 2023, https://www.bamf.de/DE/Themen/AsylFluechtlingsschutz/UnbegleiteteMinderjaehrige/unbegleiteteminderjaehrige-node.html (zuletzt abgerufen am 14.10.2024). erfasst werden können. Im Jahr 2023 haben in Deutschland 10.900 unbegleitete Minderjährige einen Asylerstantrag gestellt. Dies entspricht etwa 5 Prozent aller Erstantragstellenden im Jahr 2023.Vgl. BumF e.V., „Zahlen & Fakten“, 2024, https://b-umf.de/p/zahlen-statistiken/ (zuletzt abgerufen am 14.10.2024).

Jugendrelevante Auswirkungen

Anordnung der Asylverfahrenshaft für Minderjährige in Ausnahmefällen

§§ 69 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 6; 70a Abs. 3 bis 5 S. 2 AsylG

Mit der geplanten Neuregelung des § 70a AsylG sollen Minderjährige, die in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, in eng begrenzten Ausnahmefällen in sog. Asylverfahrenshaft genommen werden können, vgl. § 70 a Abs. 3 S. 3 AsylG. Dabei handelt es sich um die Inhaftierung einer ausländischen Person während ihres Asylverfahrens, um dadurch bspw. ihre „Identität oder Staatsangehörigkeit festzustellen oder zu überprüfen“„GEAS-Anpassungsgesetz“, 27., um darüber entscheiden zu können, ob sie zur Einreise nach Deutschland berechtigt ist oder wenn die Inhaftierung aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung erforderlich ist, vgl. § 69 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 6 AsylG.

Die Anordnung der sog. Asylverfahrenshaft für Minderjährige soll in Zukunft unter strengen Voraussetzungen zulässig sein. So sollen Minderjährige dann in Haft genommen werden können, wenn „andere weniger einschneidende alternative Maßnahmen nicht wirksam angewandt werden können“„GEAS-Anpassungsgesetz“, 30. und eine Prüfung ergeben hat, „dass die Inhaftnahme ihrem Wohl dient“„GEAS-Anpassungsgesetz“, 30., vgl. § 70a Abs. 3 S. 3 AsylG. Begleitete minderjährige Geflüchtete sollen demnach nur dann in Haft genommen werden können, wenn sich schon ein Elternteil oder eine Betreuungsperson in Asylverfahrenshaft befindet, vgl. § 70a Abs. 3 S. 3 Nr. 1 AsylG. In diesem Fall sollen Familien nur in Hafteinrichtungen untergebracht werden können, die den speziellen Bedürfnissen der Minderjährigen gerecht werden, vgl. § 70a Abs. 5 AsylG. Unbegleitete Minderjährige sollen hingegen nur dann inhaftiert werden können, wenn die Haft ihrem Schutz dient, vgl. § 70a Abs. 3 S. 3 Nr. 2 AsylG. Auch für ihre Unterbringung sind speziell ausgestattete Einrichtungen vorgesehen, die u. a. über entsprechend qualifiziertes Personal verfügen, vgl. § 70a Abs. 4 AsylG. Schließlich sollen die Haftdauer auf den kürzest möglichen Zeitraum begrenzt und alterstypische Belange berücksichtigt werden, vgl. § 70a Abs. 3 S. 4 AsylG.

Die Inhaftierung von minderjährigen Geflüchteten, die einen Antrag auf Asyl in Deutschland gestellt haben, stellt eine vorübergehende Freiheitsbeschränkung und somit einen erheblichen Eingriff in ihre individuellen Grundrechte dar. Dies gilt ungeachtet der strengen rechtlichen Voraussetzungen, unter denen eine Asylverfahrenshaft für minderjährige Geflüchtete künftig angeordnet werden können soll. Die Unterbringungsform der Inhaftierung kann bei jungen Menschen ein Gefühl von Stigmatisierung auslösen und sie psychisch belasten.Vgl. „In Deutschland Schutz gesucht: Kinder in Abschiebungshaft“, 2004, https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/2015/12/PRO_ASYL_Flyer_Kinder_in_Abschiebungshaft_Juli_2004.pdf (zuletzt abgerufen am 14.10.2024). Dies gilt umso mehr für junge Menschen, die geflüchtet sind, da sie sich auch noch nach der Flucht und während eines Asylverfahrens in einer unsicheren Lebenslage und damit in einem sehr verletzlichen Zustand befinden können. Durch und während einer Inhaftierung können junge Geflüchtete in ihrem Recht auf BildungVgl. Artikel 28 UN-Kinderrechtskonvention eingeschränkt werden. Generell kann die Inhaftierung junger Menschen für sie entmündigend wirken, sodass sie sich in ihrer Identitätsentwicklung eingeschränkt fühlen, was „gerade im Jugendalter prekär [wäre], denn der Erwerb von Autonomie und Entscheidungskompetenz sowie die dadurch zunehmende Festigung der eigenen Identität gehören zu den zentralen Entwicklungsaufgaben, die in der Adoleszenz zu bewältigen sind“.Werner Greve, Daniela Hosser, und Christian Pfeiffer, „Gefängnis und die Folgen. Identitätsentwicklung und kriminelles Handeln während und nach der Verbüßung einer Jugendstrafe“ (Hannover: Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V., 1997), 12, https://kfn.de/wp-content/uploads/Forschungsberichte/FB_64.pdf (zuletzt abgerufen am 14.10.2024).

Minderjährige Geflüchtete sollen künftig während eines Asylverfahrens inhaftiert werden können, wenn dies für sie einen Schutz darstellt. Hier stellt sich allerdings die Frage, wann eine Inhaftierung überhaupt zu einem Schutz unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter führen kann. Die sich in Haft befindlichen unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten sollen zwar grundsätzlich in Einrichtungen untergebracht werden, die auf ihre Unterbringung ausgerichtet sind. Wann eine Unterkunft im Rahmen der Asylverfahrenshaft im Vergleich zu einer Einrichtung der Jugendhilfe, in der unbegleitete minderjährige Geflüchtete bislang in Obhut genommen und untergebracht wurden,Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, „Unbegleitete Minderjährige“. ihrem Schutz dienen kann, wird in der Gesetzesbegründung jedoch nicht ausgeführt.

Anmerkungen und Hinweise

Der Gesetzentwurf schreibt die Berücksichtigung „alterstypischer Belange“Vgl. „GEAS-Anpassungsgesetz“, 30. vor. Allerdings werden diese nicht näher konkretisiert, sodass offenbleibt, welche spezifischen Belange junger Menschen hier berücksichtigt werden sollen und in welchem Umfang dies geschehen soll.

Junge Menschen sollen mit der Anordnung von Asylverfahrenshaft weiterhin einer Freiheitsbeschränkung unterworfen werden können, ohne dass dem ein gerichtliches Verfahren vorausgegangen sein muss. Hierdurch können sie in ihrem Recht auf ein faires, rechtsstaatlich durchgeführtes Asyl(-gerichts-)verfahren beschränkt werden.

Der Gesetzentwurf enthält schließlich keine konkreten Angaben zu der möglichen Dauer einer Asylverfahrenshaft. Offen bleibt, wie die Vorgabe, dass die Haft für den kürzest möglichen Zeitraum angeordnet werden soll, im Einzelfall für Minderjährige umgesetzt wird.

Quellen

Ziel des Gesetzentwurfs

Ziel des Gesetzentwurfs ist die Anpassung des nationalen Rechts an die Vorgaben der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (sog. GEAS-Reform), die am 14. Mai 2024 auf europäischer Ebene final beschlossen wurde.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des nationalen Rechts an die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS-Anpassungsgesetz)“, 6. November 2024, 1 f. Hierfür sind insbesondere Änderungen des Asylgesetzes (AsylG) und des Aufenthaltsgesetzes erforderlichVgl. „GEAS-Anpassungsgesetz“, 2., die auch für minderjährige Geflüchtete gelten sollen.

Zusammenfassung möglicher Auswirkungen

Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:

  • Durch die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems soll es künftig möglich sein, dass minderjährige Geflüchtete, die einen Asylantrag für Deutschland gestellt haben, in eng begrenzten Ausnahmefällen in sog. Asylverfahrenshaft genommen werden können (§§ 69 Abs. 1, 70a Abs. 3-5 AsylG). Dies kann eine vorübergehende Freiheitsbeschränkung und somit einen erheblichen Eingriff in ihre individuellen Grund- und Freiheitsrechte darstellen.
  • Auch minderjährige Geflüchtete, die ohne Eltern oder gesetzliche Betreuer nach Deutschland kommen, sollen künftig während eines Asylverfahrens inhaftiert werden können, wenn dies für sie einen Schutz darstellt (§ 70a Abs. 3 S. 3 Nr. 2 AsylG). Die sich in Haft befindlichen unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten sollen zwar grundsätzlich in Einrichtungen untergebracht werden, die auf ihre Unterbringung ausgerichtet sind. Unklar bleibt allerdings, worin die Unterschiede einer solchen Einrichtung im Vergleich zu einer Einrichtung der Jugendhilfe liegen sollen.
  • Das Recht auf Bildung soll auch während der Asylverfahrenshaft gewährleistet sein, es sei denn, der Haftaufenthalt ist so kurz, dass Bildung für die jungen Inhaftierten nur von begrenztem Wert wäre (§ 70a Abs. 3 S 6 AsylG). Unklar ist jedoch, wie und durch wen festgestellt werden soll, ob Bildung in einem kurzen Haftzeitraum von begrenztem Wert ist. Im Falle einer Nichtbereitstellung von Bildungsangeboten könnten für die jungen Geflüchteten wichtige Kontakte zu Gleichaltrigen und der Austausch über die Lerninhalte wegfallen.

Betroffene Gruppen junger Menschen

Normadressatinnen und -adressaten in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe sind junge Menschen zwischen 12 und 17 Jahren, die in Deutschland einen Antrag auf Asyl gestellt haben und während des Asylverfahrens in Haft genommen werden können sollen (sog. Asylverfahrenshaft). Dabei sollen von den geplanten Regelungen sowohl begleitete minderjährige Geflüchtete als auch unbegleitete Minderjährige„Im deutschen Asylverfahren gelten Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren als minderjährig. Reisen diese ohne Begleitung eines für sie verantwortlichen Erwachsenen in einen Mitgliedsstaat der EU ein oder werden dort ohne Begleitung zurückgelassen, gelten sie als Unbegleitete Minderjährige.“ Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, „Unbegleitete Minderjährige“, 7. Juni 2023, https://www.bamf.de/DE/Themen/AsylFluechtlingsschutz/UnbegleiteteMinderjaehrige/unbegleiteteminderjaehrige-node.html (zuletzt abgerufen am 11.11.2024). erfasst werden können. Im Jahr 2023 haben in Deutschland 10.900 unbegleitete Minderjährige einen Asylerstantrag gestellt. Dies entspricht etwa 5 Prozent aller Erstantragstellenden im Jahr 2023.Vgl. BumF e.V., „Zahlen & Fakten“, 2024, https://b-umf.de/p/zahlen-statistiken/ (zuletzt abgerufen am 11.11.2024).

Jugendrelevante Auswirkungen

Anordnung der Asylverfahrenshaft für Minderjährige in Ausnahmefällen

§§ 69 Abs. 1 Nr. 4; 70a Abs. 3 bis 5 AsylG

Mit der geplanten Neuregelung des § 70a AsylG sollen Minderjährige, die in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, in eng begrenzten Ausnahmefällen in sog. Asylverfahrenshaft genommen werden können, vgl. § 70 a Abs. 3 S. 3 AsylG. Dabei handelt es sich um die Inhaftierung einer ausländischen Person während ihres Asylverfahrens, wenn von ihr beispielsweise eine ernsthafte Gefahr für das Leben, für die körperliche Unversehrtheit Dritter oder für bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, vgl. § 69 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AsylG.

Die Anordnung der sog. Asylverfahrenshaft für Minderjährige soll in Zukunft unter strengen Voraussetzungen und nur als letztes Mittel zulässig sein. So sollen Minderjährige dann in Haft genommen werden können, wenn „andere weniger einschneidende alternative Maßnahmen nicht wirksam angewandt werden können“„GEAS-Anpassungsgesetz“, 36. und eine Prüfung ergeben hat, „dass die Inhaftnahme ihrem Wohl dient“„GEAS-Anpassungsgesetz“, 36., vgl. § 70a Abs. 3 S. 3 AsylG. Begleitete minderjährige Geflüchtete sollen demnach nur dann in Haft genommen werden können, wenn sich schon ein Elternteil oder eine primäre Betreuungsperson in Asylverfahrenshaft befindet, vgl. § 70a Abs. 3 S. 3 Nr. 1 AsylG. In diesem Fall sollen Familien mit Minderjährigen auch nur in Hafteinrichtungen untergebracht werden können, die den speziellen Bedürfnissen der Minderjährigen gerecht werden, vgl. § 70a Abs. 5 S. 2 AsylG. Unbegleitete Minderjährige sollen hingegen nur dann inhaftiert werden können, wenn die Haft ihrem Schutz dient, vgl. § 70a Abs. 3 S. 3 Nr. 2 AsylG. Auch für ihre Unterbringung sind speziell ausgestattete Einrichtungen vorgesehen, die u. a. über entsprechend qualifiziertes Personal verfügen, vgl. § 70a Abs. 4 AsylG. Grundsätzlich sollen Minderjährige nicht in Haftanstalten oder anderen Einrichtungen untergebracht werden können, die zur Strafverfolgung bzw. zum Strafvollzug genutzt werden, vgl. § 70a Abs. 3 S. 5 AsylG. Weiterhin soll die Haftdauer auf den kürzest möglichen Zeitraum begrenzt und die Inhaftierung halbjährlich gerichtlich überprüft werden, ohne dass hierfür eine Antragstellung der ausländischen oder einer anderen Person notwendig sein soll, vgl. § 70a Abs. 3 S. 4 AsylG. Während der Inhaftierung von Minderjährigen soll außerdem ihr Recht auf Bildung gewahrt werden, es sei denn, der Haftaufenthalt ist so kurz, dass Bildung für sie nur von begrenztem Wert wäre. Schließlich sollen die inhaftierten Minderjährigen Zugang zu Freizeitaktivitäten, einschließlich altersgerechter Spiel- und Erholungsmöglichkeiten, während ihrer Haftdauer erhalten, vgl. § 70a Abs. 3 S. 7 AsylG.

Die Inhaftierung von minderjährigen Geflüchteten, die einen Antrag auf Asyl in Deutschland gestellt haben, stellt eine vorübergehende Freiheitsbeschränkung und somit einen erheblichen Eingriff in ihre individuellen Grundrechte dar. Auch wenn eine Asylverfahrenshaft nur unter strengen rechtlichen Voraussetzungen angeordnet werden können soll – beispielsweise wenn von der oder dem Jugendlichen eine ernsthafte Gefahr für die körperliche Unversehrtheit Dritter ausgeht – können sie während der Haft in ihrem Bewegungsradius und ihren Kontaktmöglichkeiten eingeschränkt werden. Die Unterbringungsform der Inhaftierung kann bei jungen Menschen ein Gefühl von Stigmatisierung auslösen und sie psychisch belasten.Vgl. „In Deutschland Schutz gesucht: Kinder in Abschiebungshaft“, 2004, https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/2015/12/PRO_ASYL_Flyer_Kinder_in_Abschiebungshaft_Juli_2004.pdf (zuletzt abgerufen am 11.11.2024). Dies gilt umso mehr für junge Menschen, die geflüchtet sind, da sie sich auch noch nach der Flucht und während eines Asylverfahrens in einer unsicheren Lebenslage und damit in einem sehr verletzlichen Zustand befinden können. Durch und während einer Inhaftierung können junge Geflüchtete in ihrem Recht auf BildungVgl. Artikel 28 UN-Kinderrechtskonvention eingeschränkt werden, wenn aufgrund der Länge der Haftdauer geurteilt wird, dass die Bereitstellung von Bildungsangeboten nur von begrenztem Wert sei.Vgl. „GEAS-Anpassungsgesetz“, 37. Generell kann die Inhaftierung junger Menschen für sie entmündigend wirken, sodass sie sich in ihrer Identitätsentwicklung eingeschränkt fühlen, was „gerade im Jugendalter prekär [wäre], denn der Erwerb von Autonomie und Entscheidungskompetenz sowie die dadurch zunehmende Festigung der eigenen Identität gehören zu den zentralen Entwicklungsaufgaben, die in der Adoleszenz zu bewältigen sind“.Werner Greve, Daniela Hosser, und Christian Pfeiffer, „Gefängnis und die Folgen. Identitätsentwicklung und kriminelles Handeln während und nach der Verbüßung einer Jugendstrafe“ (Hannover: Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V., 1997), 12, https://kfn.de/wp-content/uploads/Forschungsberichte/FB_64.pdf (zuletzt abgerufen am 11.11.2024).

Minderjährige Geflüchtete sollen künftig während eines Asylverfahrens inhaftiert werden können, wenn dies für sie einen Schutz darstellt. Hier stellt sich allerdings die Frage, wann eine Inhaftierung überhaupt zu einem Schutz unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter führen kann. Die sich in Haft befindlichen unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten sollen zwar grundsätzlich in Einrichtungen untergebracht werden, die auf ihre Unterbringung ausgerichtet sind. Wann eine Unterkunft im Rahmen der Asylverfahrenshaft im Vergleich zu einer Einrichtung der Jugendhilfe, in der unbegleitete minderjährige Geflüchtete bislang in Obhut genommen und untergebracht wurden,Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, „Unbegleitete Minderjährige“. ihrem Schutz dienen kann, wird in der Gesetzesbegründung jedoch nicht ausgeführt.

Anmerkungen und Hinweise

Mit den geplanten gesetzlichen Regelungen wird das Recht auf Bildung unter einen sog. Nützlichkeitsvorbehalt gestellt und davon abhängig gemacht, ob sich der Bildungsaufwand in Fällen als sinnvoll erweist, in denen die Asylverfahrenshaft nur von kurzer Dauer ist.Vgl. „GEAS-Anpassungsgesetz“, 37. Da Bildung aber nicht nur Wissen, sondern auch Orientierung bietet und das Miteinander unter Gleichaltrigen sowie den Austausch zu Lerninhalten ermöglicht, kann es für Minderjährige von hoher Bedeutung sein, das Recht auf Bildung bedingungslos zu erhalten und wahrnehmen zu können. Unklar ist zudem, wie und durch wen festgestellt wird, ob Bildung in einem kurzen Haftzeitraum von ‚begrenztem Wert‘ ist.

Quellen

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