Ziel des Gesetzentwurfs
Ziel des Gesetzesentwurfs ist es, das Bundespolizeigesetz umfassend zu modernisieren. Hierfür sollen insbesondere im Bereich der Telekommunikation zeitgemäße und moderne Befugnisse geschaffen werden.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bundespolizeigesetzes“, 23. Juli 2025, 1. Ferner sollen die bisherigen Vorschriften des Bundespolizeigesetzes u. a. an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2016 angepasst sowie unionsrechtliche Vorgaben diverser Richtlinien umgesetzt werden.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bundespolizeigesetzes“, 1.
Zusammenfassung möglicher Auswirkungen
Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:
- Künftig soll die Ingewahrsamnahme von Minderjährigen explizit in kindgerechter Weise und unter Berücksichtigung kinderspezifischer Bedürfnisse erfolgen (§ 61 Abs. 2 S. 2 BPolG). Hierdurch könnte ggf. eine psychische Belastung verringert und ein erhöhtes Maß an Rechtssicherheit für betroffene Jugendliche gewährleistet werden. Wie genau diese „kindgerechte Weise“ aussehen soll und ob das hierfür zuständige Polizeipersonal speziell darin geschult wird, lässt der Entwurf jedoch offen.
- Ferner sollen Minderjährige künftig – sofern es ihr Alter sowie ihr Reifegrad zulassen – durch die Bundespolizei informiert werden, wenn ihre personenbezogenen Daten gespeichert werden (§ 79 Abs. 4 BPolG). Diese geplante gesetzliche Neuregelung trägt dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Minderjährigen explizit Rechnung und ermöglicht eine gewisse Kontrolle über ihre persönlichen Daten. Allerdings lässt der Entwurf offen, wie genau der Reifegrad des Jugendlichen bestimmt werden soll und ob die hiermit betrauten Polizistinnen und Polizisten in einem kind- bzw. jugendgerechten Umgang geschult sind.
Betroffene Gruppen junger Menschen
Betroffen in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe sind zum einen junge Menschen im Alter von 12 bis 17 Jahren, die in Gewahrsam der Bundespolizei genommen werden, nachdem sie der Obhut ihrer sorgeberechtigten Person unrechtmäßig entzogen wurden oder sich selbst eigenmächtig entzogen haben.
Betroffen sind zum anderen junge Menschen im Alter von 12 bis 17 Jahren, deren personenbezogenen Daten von der Bundespolizei gespeichert werden.
Jugendrelevante Auswirkungen
Kindgerechter Umgang mit Minderjährigen durch die Bundespolizei
§ 61 Abs. 2 S. 2, 79 Abs. 4 BPolG
Die Ingewahrsamnahme von Minderjährigen durch die Bundespolizei soll künftig explizit in kindgerechter Weise und unter Berücksichtigung kinderspezifischer Bedürfnisse erfolgen, vgl. § 61 Abs. 2 S. 2 Bundespolizeigesetz (BPolG). Die Bundespolizei ist grundsätzlich dazu befugt, Minderjährige in Gewahrsam zu nehmen, sofern diese der Obhut der sorgeberechtigten Person – in der Regel ein oder beide Elternteile – unrechtmäßig entzogen wurden oder sich selbst eigenmächtig entzogen haben. Ziel der Ingewahrsamnahme ist sodann die Überstellung der betroffenen Minderjährigen an die sorgeberechtigte Person oder das zuständige Jugendamt.Vgl. § 61 Abs. 2 S. 1 BPolG.
Zudem soll in Zukunft eine ergänzende, persönliche Information durch die Bundespolizei in kindgerechter und verständlicher Weise erfolgen, wenn personenbezogene Daten von Minderjährigen durch die Bundespolizei gespeichert werden und das Alter sowie der Reifegrad der Minderjährigen eine zusätzliche Informierung als angemessen erscheinen lassen, vgl. § 79 Abs. 4 BPolG. Die bislang bestehende Rechtslage, wonach die Sorgeberechtigten zu informieren sind, wenn personenbezogene Daten von Minderjährigen erhoben oder gespeichert werden, soll nunmehr explizit im BPolG geregelt werden, vgl. § 79 Abs 1 u. 2 BPolG.
Künftig soll die Ingewahrsamnahme von Minderjährigen explizit in kindgerechter Weise und unter Berücksichtigung kinderspezifischer Bedürfnisse erfolgen. Diese geplante gesetzliche Neuregelung stellt das Wohl der betroffenen Minderjährigen in den Fokus polizeilichen Handelns. Sie kann dazu führen, dass auf die damit verbundenen möglichen Ängste und Unsicherheiten der betroffenen Jugendlichen besser eingegangen werden kann und ihnen die Maßnahme der Ingewahrsamnahme auf altersspezifische Art verständlich gemacht wird. Hierdurch könnte ggf. eine psychische Belastung verringert und ein erhöhtes Maß an Rechtssicherheit gewährleistet werden. Wie genau diese „kindgerechte Weise“„Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bundespolizeigesetzes“, 56. aussehen soll und ob das hierfür zuständige Polizeipersonal speziell darin geschult wird, lässt der Entwurf jedoch offen. Bei der Umsetzung könnte eine Differenzierung hinsichtlich verschiedener Alters- und Entwicklungsstufen wichtig sein.Vgl. Council of Europe / European Union, „Leitlinien des Ministerkomitees des Europarates für eine kindgerechte Justiz“, 2012, 24, https://rm.coe.int/16806ad0c3 (Zuletzt abgerufen am 30.07.2025). Sofern Leitfäden zum kindgerechten Umgang in der polizeilichen Praxis bestehen, könnten diese Anwendung finden oder als Grundlage für die polizeiliche Arbeit dienen.Vgl. „Praxisleitfaden zur Anwendung kindgerechter Kriterien für das Strafverfahren“ (Berlin, 2021), https://www.bmbfsfj.bund.de/resource/blob/193088/2bef1f3aa789e3965a3df53e61291bfa/praxisleitfaden-zur-anwendung-kindgerechter-kriterien-fuer-das-strafverfahren-data.pdf (Zuletzt abgerufen am 30.07.2025). Trotz Bemühung um die „Berücksichtigung kinderspezifischer Bedürfnisse“„Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bundespolizeigesetzes“, 56. kann die Ingewahrsamnahme durch die Bundespolizei einen großen Eingriff in die Freiheit der betroffenen Jugendlichen darstellen. Wenn sich Jugendliche die Fürsorge ihrer Eltern selbst eigenmächtig entzogen habenVgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bundespolizeigesetzes“, 55., dann können dem vielschichtige Problemlagen zugrunde liegen, hinsichtlich derer die Jugendlichen ggf. Beratungs- und Aufklärungsbedarf haben.
Ferner sollen Minderjährige künftig – sofern es ihr Alter sowie ihr Reifegrad zulassen – durch die Bundespolizei informiert werden, wenn ihre personenbezogenen Daten gespeichert werden. Bislang waren in diesem Fall nur die Sorgeberechtigten der betroffenen Minderjährigen zu informieren. Diese geplante gesetzliche Neuregelung trägt dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Minderjährigen explizit Rechnung und ermöglicht eine gewisse Kontrolle über ihre persönlichen Daten. Für Jugendliche, die sich bereits von den Eltern losgelöst haben und vergleichsweise wenig Kontakt mit ihnen haben, kann die separate Benachrichtigung über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten einen Schritt in Richtung Selbstständigkeit bedeuten, indem sie als Ansprechpersonen durch die Polizei wahrgenommen werden, auch wenn die Sorgeberechtigten weiterhin informiert werden. Allerdings lässt der Entwurf offen, wie genau der Reifegrad des Jugendlichen bestimmt werden soll und ob die hiermit betrauten Polizistinnen und Polizisten in einem kind- bzw. jugendgerechten Umgang speziell geschult sind.