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Jugend-Check zum ReferentenentwurfRegierungsentwurf
12. Aug. 2025

Wehrdienst-Modernisierungsgesetz

Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG) (Stand 30.07.2025)

Ressort: Bundesministerium der Verteidigung (BMVg)

Ziel des Gesetzentwurfs

Ziel des Gesetzentwurfs ist es, einen verbesserten Überblick über die Zahl der Personen zu erlangen, die für einen Wehrdienst infrage kommen. Weiterhin zielt der Gesetzentwurf darauf ab, mit einem „Neuen Wehrdienst“ deutlich mehr Freiwillige für die Streitkräfte der Bundeswehr zu gewinnen und das Potenzial an Reservistinnen und Reservisten zu erhöhen. Zudem soll eine weitere Möglichkeit geschaffen werden, eine Verpflichtung zum Grundwehrdienst einzuführen. Dafür sollen u. a. Änderungen im Wehrpflichtgesetz (WPflG) und im Soldatengesetz (SG) vorgenommen werden.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 30. Juli 2025, 2.

Das Gesetz und damit die vorgesehenen Änderungen sollen grundsätzlich zum 1. Januar 2026 in Kraft treten, vgl. Art. 21 WDModG.

Zusammenfassung möglicher Auswirkungen

Das Kompetenzzentrum Jugend-Check hat folgende mögliche Auswirkungen identifiziert:

  • Durch Rechtsverordnung soll es möglich sein, wehrpflichtige junge Männer auch außerhalb eines Spannungs- oder Verteidigungsfalls zu einem Grundwehrdienst einzuberufen. Dies kann dazu führen, dass insbesondere für junge Männer im Alter zwischen 18 und 23 Jahren eine Unsicherheit im Hinblick auf ihre weitere berufliche und bildungsbezogene Planung besteht, weil nicht absehbar ist, ob und wann eine solche Rechtsverordnung erlassen werden wird.
  • Das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr soll künftig zum Zwecke der Wehrerfassung nach § 58c SG von den Meldebehörden übermittelte Daten verarbeiten und abrufen (§ 15 Abs. 1 WPflG). Die durch die Abfrage erfassten Wehrpflichtigen sollen dazu verpflichtet werden, eine einmalige Bereitschaftserklärung zur Wehrdienstleistung abzugeben (§ 15a Abs. 1 S. 1 WPflG). Nicht Wehrpflichtige sollen diese Erklärung auf freiwilliger Basis ausfüllen können. Dies kann dazu führen, dass sich junge Menschen erstmalig intensiv mit dem militärischen Dienst und der Frage, ob sie einen Wehrdienst leisten möchten, auseinandersetzen müssen.
  • Ab dem 01. Juli 2027 sollen die Vorschriften über die Musterung auch unabhängig vom Bestehen eines Spannungs- und Verteidigungsfalls oder dem Erlass einer Rechtsverordnung nach § 2a WPflG anzuwenden sein (§ 2 Abs. 3 S. 1 WPflG). Die Musterungspflicht kann für die jungen betroffenen Männer mit Hemmungen verbunden sein.
  • Der bisherige freiwillige Wehrdienst soll durch einen neuen Wehrdienst im Status eines Soldaten auf Zeit bzw. einer Soldatin auf Zeit ersetzt (Streichung bzw. Änderung der §§ 58b – 58h SG) und mit einer flexibleren Wahl der Wehrdienstlänge sowie einem erleichterten Zugang zu Maßnahmen der Förderung der schulischen und beruflichen Bildung verbunden werden (§§ 6 Abs. 1 S. 2 und 7 Abs. 1 SVG). Zusätzlich soll ein Zuschuss zum Erwerb der Fahrerlaubnis Klasse B möglich sein (§ 31b Abs. 1 und Abs. 2 SG). Dies kann dazu beitragen, dass junge Menschen die Bundeswehr als attraktiven Arbeitgeber wahrnehmen und einen Wehrdienst als besser vereinbar mit ihrer weiteren Bildungs- und Karriereplanung sehen. Die Maßnahmen könnten insgesamt dazu beitragen, dass junge Menschen in Erwägung ziehen, Wehrdienst zu leisten.

Betroffene Gruppen junger Menschen

Normadressatinnen und -adressaten in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe sind junge Menschen im Alter zwischen 18 und 23 Jahren, die deutsche Staatsangehörige sind. Ihre Daten sollen künftig verarbeitet werden können, um ihnen eine Bereitschaftserklärung in Form eines Fragebogens und/oder ihnen Informationen zu Tätigkeiten in den Streitkräften der Bundeswehr zusenden zu können. Im Spannungs- oder Verteidigungsfall sollen auch die Daten junger Männer verarbeitet werden können, die das 17. Lebensjahr bereits vollendet haben. Es sind in der für den Jugend-Check relevanten Altersgruppe zudem alle jungen Männer im Alter zwischen 18 und 27 Jahren betroffen, deren Daten zum Zweck der Wehrerfassung erfasst und verarbeitet werden sollen.

Insbesondere adressiert werden junge Männer zwischen 18 und 23 Jahren mit deutscher Staatsbürgerschaft, sofern sie nach dem 31. Dezember 2007 geboren wurden. Sie sollen verpflichtet werden, den Fragebogen zur Bereitschaftserklärung auszufüllen, und sollen ab dem 1. Januar.2027 einer Musterung unterzogen werden können. Potenziell sollen sie zum Grundwehrdienst herangezogen werden können, in Ausnahmefällen auch über das vollendete 23. Lebensjahr hinaus.

Darüber hinaus werden junge nicht-wehrpflichtige Menschen zwischen 18 und 23 Jahren von den Änderungen adressiert, weil sie den Fragebogen zur Bereitschaftserklärung freiwillig ausfüllen können sollen. Nicht wehrpflichtig sind u. a. Frauen oder Personen, die im Geburtenregister die Angabe „divers“ oder keine Angabe führen.

Zum Stichtag 30. Juni 2025 dienten insgesamt 11.179 freiwillig Wehrdienstleistende in der Bundeswehr (einschließlich Heimatschutz), davon 1.911 Frauen, sowie 112.661 Soldaten und Soldatinnen auf Zeit, davon 17.344 Frauen.Vgl. Bundeswehr, „Personalzahlen der Bundeswehr“, 30. Juni 2025, https://www.bundeswehr.de/de/organisation/zahlen-daten-fakten/personalzahlen-bundeswehr (zuletzt abgerufen am 08.08.2025).

Jugendrelevante Auswirkungen

Ausweitung der Möglichkeit einer Verpflichtung zum Grundwehrdienst sowie zum Zivildienst

§ 2 Abs. 2 Nr. 2; 2a; 5 Abs. 2 S. 1 und 6a Abs. 2 S. 1 WPflG; § 1 Abs. 2 KDVG

Der Entwurf sieht die Schaffung einer zusätzlichen Möglichkeit der verpflichtenden Heranziehung zum Grundwehrdienst von Wehrpflichtigen vor, § 2 Abs. 2 Nr. 2 WPflG.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 2. Derzeit ist die Heranziehung lediglich im Verteidigungs- und Spannungsfall möglich. Durch die vorgesehene Änderung soll die Bundesregierung – unter Zustimmung des Bundestages – dazu ermächtigt werden, durch Erlass einer Rechtsverordnung die Einberufung ungedienter Wehrpflichtiger zum Grundwehrdienst anzuordnen, vgl. § 2a S. 1 und S. 4 WPflG. Diese Anordnung soll an die Voraussetzung geknüpft sein, dass die verteidigungspolitische Lage einen „schnellen Aufwuchs der Streitkräfte zwingend erfordert, der auf freiwilliger Grundlage nicht erreichbar ist“, vgl. § 2a S. 1 WPflG. Die Länge des Grundwehrdienstes soll mindestens sechs und maximal zwölf Monate betragen, die konkrete Gesamtlänge soll durch die zu erlassende Rechtsverordnung bestimmt werden, vgl. §§ 2a S. 2 und S. 3, 5 Abs. 2 S. 1; 6a Abs. 2 S. 1 WPflG.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 83.

Auch für den Fall des Erlasses der Rechtsverordnung soll die Möglichkeit der Kriegsdienstverweigerung bestehen. Anstelle des Wehrdienstes soll wie bisher bereits im Verteidigungs- und Spannungsfall ein Zivildienst als Ersatzdienst gem. Art. 12a Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) geleistet werden müssen, vgl. § 1 Abs. 2 Kriegsdienstverweigerungsgesetz (KDVG).Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 4, 88.

Die Möglichkeit, dass durch Rechtsverordnung ein Grundwehrdienst für junge Männer zwischen 18 und 23 JahrenVgl. § 5 Abs. 1 WPflG (geltendes Recht). angeordnet werden kann, könnte für diese jungen Wehrpflichtigen eine Verunsicherung hinsichtlich der Gestaltung ihrer Bildungs- und Erwerbsbiografie darstellen. Die Anordnung des Grundwehrdienstes außerhalb eines Spannungs- oder Verteidigungsfalls soll theoretisch jederzeit durch Rechtsverordnung erfolgen können. Daher können die betroffenen jungen Männer in keiner Weise vorhersehen und einplanen, ob sie grundsätzlich mit der Verpflichtung zum Grundwehr- oder Zivildienst rechnen müssen oder nicht. Die Planung der weiteren Schullaufbahn, der Aufnahme einer Ausbildung bzw. eines Studiums oder eines Auslandsaufenthalts könnte so mit einer erheblichen Unsicherheit behaftet sein, weil für die jungen Menschen nicht abschätzbar ist, ob ein Grundwehrdienst angeordnet werden wird oder nicht und welche Dauer dieser haben würde. Dasselbe gilt für den Zivildienst.

Für die betroffenen jungen Menschen kann die Anordnung eines Grundwehr- oder Zivildienstes bedeuten, dass sie erst verzögert in ihr Erwerbsleben starten können bzw. in ihrer Bildungsbiografie einen Bruch hinnehmen müssen, was zu wirtschaftlichen Nachteilen für sie führen kann.Vgl. Marcel Schlepper u. a., Volkswirtschaftliche Kosten einer Wiedereinführung der Wehrpflicht oder eines sozialen Pflichtjahres: Kurzexpertise im Rahmen des Forschungsauftrags fe 7/22: Rahmenvertrag Wissenschaftliche (Kurz-) Expertise zu Grundsatzfragen der Finanz-, Steuer- und Wirtschaftspolitik, ifo Forschungsberichte 144 (München: ifo-Institut, Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V, 2024), 14; vgl. Maximilian Bach, „Wie beeinflussen Wehrdienstregelungen die Arbeitsmarkt- und Bildungsentscheidungen der Betroffenen? Ökonomische Evidenz zu einem nach wie vor wichtigen Thema“, DIW Roundup: Politik im Fokus (Berlin: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), 2017), 1. Andererseits ist es möglich, dass die betroffenen jungen Menschen im Grundwehrdienst Kompetenzen erwerben, die auch auf dem Arbeitsmarkt gefragt sein können.Vgl. Bach, „Wie beeinflussen Wehrdienstregelungen die Arbeitsmarkt- und Bildungsentscheidungen der Betroffenen? Ökonomische Evidenz zu einem nach wie vor wichtigen Thema“, 2. Zudem könnte das Leisten eines Grundwehrdienstes für die jungen Männer auch der Orientierung dienen, ob der Beruf des Soldaten für sie infrage kommt. Das Leisten von Zivildienst könnte junge Menschen ebenfalls in ihrer Berufsorientierung unterstützen.Vgl. Carsten Becker u. a., Abschlussbericht des Forschungsprojektes „Zivildienst als Sozialisationsinstanz für junge Männer“, hg. von Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Stand: September 2011, 1. Aufl (Rostock: Publikationsversand der Bundesregierung, 2011), 171 f.

Reaktivierung und Modernisierung der Wehrerfassung sowie der Musterung

§ 2 Abs. 3 und Abs. 4; 15 Abs. 1; 15a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 und Abs. 4; 15b; 15c; § 17 Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 S. 3; 45 Abs. 1 Nr. 1 – 3WPflG; § 58c SG

Die geplante Gesetzesänderung sieht vor, dass das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr künftig zum Zwecke der Wehrerfassung bestimmte Daten von Wehrpflichtigen nach den Vorschriften des Bundesmeldegesetzes verarbeiten dürfen soll, vgl. § 15 Abs. 1 WPflG. Die zur Verarbeitung zugelassenen Daten sollen dabei beispielsweise Geburtstag, Geburtsort Familienstand sowie der Haupt- und Nebenwohnsitz umfassen. Die Datenverarbeitung soll sich nach Vorschriften des Bundesmeldegesetzes (BMG) (§§ 34, 34a, 38 und 39 BMG) richten, vgl. § 15 Abs. 1 WPflG. Die Wehrerfassung umfasst dabei alle Wehrpflichtigen gemäß § 1 Abs. 1 WPflG. Grundsätzlich sind dies alle Männer mit deutscher Staatsangehörigkeit, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Zudem sollen zum selben Zweck im Spannungs- oder Verteidigungsfall oder nach Inkrafttreten einer Rechtsverordnung nach § 2a WPflG auch entsprechende Daten von jungen Männern bereits ab einem Alter von 17 Jahren verarbeitet werden dürfen, vgl. § 15 Abs. 2 WPflG. Es soll künftig keine Möglichkeit des Widerspruchs gegen die Datenübermittlung mehr bestehen und kein Löschungsverlangen geltend gemacht werden können.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 76. Die verarbeiteten Daten sollen bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres aktualisiert werden können, vgl. § 15c WPflG.

Die durch die Abfrage erfassten Wehrpflichtigen, die nach dem 31. Dezember 2007 geboren wurden, sollen dazu verpflichtet werden, eine einmalige Bereitschaftserklärung zur Wehrdienstleistung abzugeben, vgl. §§ 2 Abs. 4 S. 1 und 15a Abs. 1 S. 1 WPflG. Die Bereitschaftserklärung soll in Form eines Online-Fragebogens abgegeben werden, vgl. § 15a Abs. 2 S. 1 WPflG. Die Angaben, die im Rahmen der Bereitschaftserklärung wahrheitsgemäß abzugeben sein sollen, umfassen u. a. Angaben zur Person, zum Geschlecht, zum Familienstand und zum Interesse am Wehrdienst der Bundeswehr, vgl. § 15a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 – 7 WPflG. Für den Fall, dass der Aufforderung der Abgabe der Bereitschaftserklärung nicht innerhalb eines Monats Folge geleistet wird, soll eine erneute Aufforderung durch Zustellung erfolgen, vgl. § 15a Abs. 4 WPflG. Die nicht (rechtzeitig) erfolgte Abgabe der Bereitschaftserklärung sowie die Angabe von falschen Daten oder unvollständigen Daten soll in den bestehenden Bußgeldkatalog aufgenommen werden, um den zur Abgabe verpflichteten Personen ein Ordnungsgeld anordnen zu können, falls sie ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 1 – 3 WPflG. Die im Rahmen der Bereitschaftserklärung und Erfassung gem. § 15 WPflG übermittelten Daten sollen u. a. auch zum Zweck der Einberufung und Heranziehung zum Grundwehrdienst sowohl im Verteidigungs- und Spannungsfall als auch im Fall des Inkrafttretens einer Rechtsverordnung nach § 2a WPflG sowie zur Übersendung von Informationsmaterial über die Tätigkeit in den Streitkräften verarbeitet werden dürfen, vgl. § 15b Abs. 1 WPflG.

Auch die Verarbeitung der Daten von Personen in der Altersstufe von 18 bis 23 Jahren, die nicht wehrpflichtig sind, also Frauen und Personen mit dem Geschlechtseintrag „divers“ oder „ohne“ soll zum Zwecke des Hinweises auf die Möglichkeit des Ausfüllens des Fragebogens zur Bereitschaftserklärung erfolgen dürfen, vgl. § 58c Abs. 2 Nr. 1 SG. Eine Verpflichtung zum Ausfüllen besteht für sie allerdings nicht,Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 17. die Abgabe einer Erklärung über ihre Bereitschaft und Fähigkeit zu einer Wehrdienstleistung soll damit für sie freiwillig sein, vgl. § 58c Abs. 1 SG.

Ab dem 01. Juli 2027 sollen die Vorschriften über die Musterung auch unabhängig vom Bestehen eines Spannungs- und Verteidigungsfalls oder dem Erlass einer Rechtsverordnung nach § 2a WPflG anzuwenden sein, vgl. § 2 Abs. 3 S. 1 WPflG. Derzeit finden die Vorschriften über die Musterung nur im Verteidigungs- und Spannungsfall Anwendung. Die vorgesehene Anwendung der Vorschrift über die Musterung soll im Ergebnis dazu führen, dass alle nach dem 31. Dezember 2007 geborenen Wehrpflichtigen – also deutsche Männer ab dem vollendeten 18. Lebensjahr – sich grundsätzlich einer Musterung bei der Wehrersatzbehörde unterziehen müssen, vgl. § 2 Abs. 3 und Abs. 4 S. 1 WPflG. Die Musterung soll auf Grundlage der Bereitschaftserklärung und der Erfassung der Wehrpflichtigen gem. § 15 WPflG vorbereitet werden, vgl. § 17 Abs. 3 S. 1 WPflG. Ihr Ziel besteht in der Feststellung, welche ungedienten Wehrpflichtigen für den Wehrdienst zur Verfügung stehen (§ 16 Abs. 2 S. 1 WPflG geltendes Recht).Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 59. Ein Absehen von der Musterung soll möglich sein, soweit die Heranziehung zum Grundwehrdienst aufgrund der Angaben in der Bereitschaftserklärung oder der erfolgten Feststellungen über die Eignung der Wehrpflichtigen gem. § 16 Abs. 2 WPflG ausgeschlossen erscheint, vgl. § 17 Abs. 4 S. 3 WPflG.

Die Erfassung und Verarbeitung von Meldedaten junger Männer kann dazu führen, dass diese Stammdaten im Spannungs- oder Verteidigungsfall oder dem Erlass einer Rechtsverordnung nach § 2a WPflG bereits vorliegen und junge Männer auf dieser Grundlage zu einer Musterung und in der Folge zum Ableisten des Grundwehrdienstes verpflichtet werden können.

Die verpflichtende Abgabe einer Bereitschaftserklärung für wehrpflichtige Männer im Alter von 18 bis 23 kann dazu führen, dass sich junge betroffene Männer ggf. erstmalig intensiv mit dem militärischen Dienst und der Frage, ob sie einen Wehrdienst leisten möchten, auseinandersetzen. Im Zeitraum von 1956 bis 2011 wurden Männer ab 18 Jahren zum Dienst in der Bundeswehr verpflichtet. Seit dem Jahr 2011 ist die allgemeine Wehrpflicht ausgesetzt, abgeschafft wurde sie jedoch nicht.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 1–2; Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, „Wie funktioniert die Wehrpflicht?“, 2024, https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/550475/wie-funktioniert-die-wehrpflicht (zuletzt abgerufen am 08.08.2025). Durch die Neuregelungen soll die allgemeine Wehrpflicht nicht wieder eingeführt werden. Mittels der Reaktivierung und Modernisierung der Wehrerfassung soll wehrpflichtigen Männern, die nach dem 31. Dezember 2007 geboren wurden, die Pflicht zur Abgabe einer Erklärung über ihre Bereitschaft und Fähigkeit einer Wehrdienstleistung obliegen, welche im Falle eines Nichtnachkommens mit Bußgeld bedroht wird.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 7; 24. Angesichts dessen verfügt die Bundeswehr fortan über umfassende Daten darüber, welche Personen im Spannungs- und Verteidigungsfall einberufen und herangezogen werden können. Dazu zählt auch, über welche Qualifikationen sie verfügen und wie geeignet die grundsätzlich Wehrpflichtigen sind.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 2. Dies könnte im Falle eines Spannungs- und Verteidigungsfalls bedeuten, dass durch die Abgabe eine Bereitschaftserklärung bereits Informationen über geeignete wehrpflichtige Männer vorliegen und diese ggf. eingezogen werden könnten.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 2;

Die Pflicht, sich im Zuge der Musterung einer persönlichen ärztlichen körperlichen und geistigen Untersuchung zu unterziehen, kann für die jungen betroffenen Männer mit Hemmungen verbunden sein, insbesondere da sie sich in einer Phase des „Erwachsenwerdens“ (emerging adulthood) befinden können, in der das „Körper- und Selbstverhältnis“ noch unsicher ist.Vgl. Vera King, „Das Konzept Emerging Adulthood aus jugendtheoretischer und zeitdiagnostischer Sicht“, Diskurs Kindheits- und Jugendforschung / Discourse. Journal of Childhood and Adolescence Research, Nr. 4 (2020): 356 ff. Es kann hilfreich sein, das mit der Musterung betraute Personal dafür zu sensibilisieren und durch transparentes Vorgehen eventuelle Unsicherheiten der jungen Menschen abzubauen.

Die Neuregelung, dass für nicht wehrpflichtige Personen wie Frauen oder Personen, die den Geschlechtseintrag „divers“ oder keine Angabe im Geburtenregister führen, die Möglichkeit einer freiwilligen Teilnahme an der vorgesehenen Befragung eingeräumt wird,Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 2. kann auch bei dieser Personengruppe dazu beitragen, dass sie sich mit dem militärischen Dienst und der Frage befassen, ob sie sich künftig bei der Bundeswehr verpflichten wollen. Zwar werden sie nicht verpflichtet, eine entsprechende Erklärung abzugeben, sie können jedoch kontaktiert und über berufliche Möglichkeiten und Perspektiven in den Streitkräften informiert werden. Dadurch werden sie potenziell mit der Bundeswehr als Arbeitgeber konfrontiert und müssen sich ggf. mit der Frage des Ableistens eines Wehrdienstes auseinandersetzen.

Die Differenzierung zwischen jungen Männern und anderen Gruppen junger Menschen könnte sowohl zu einer Ungleichbehandlung der Geschlechter beitragen als auch einen Beitrag zu einem Lastenausgleich insbesondere zwischen Männern und Frauen leisten. Für nicht wehrpflichtige Gruppen junger Menschen entsteht im Vergleich zu jungen Männern nicht der Aufwand, eine Bereitschaftserklärung gegenüber dem Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr abgeben zu müssen und ihre Daten werden auch nicht für eine mögliche Einberufung im Spannungs- oder Verteidigungsfall vorgehalten. Dies kann für die nicht-wehrpflichtigen Personen den Eindruck erwecken, dass ihnen aufgrund ihres eingetragenen Geschlechts eine physische und psychische Eignung zur Tätigkeit als Soldat oder Soldatin grundsätzlich nicht zugetraut und ihnen ein bestimmtes Rollenverhalten zugeschrieben wird.Vgl. Ruth Seifert, „Frauen, Militär und Wehrpflicht“, in Eine Rückkehr zur Wehrpflicht?, hg. von Ines-Jacqueline Werkner (Heidelberger Forum zur Friedensethik VI, Heidelberg, 2025), 23, 26. Dadurch, dass die Neuregelung keine zusätzliche Pflicht für junge Frauen einführt, kann dies auf der anderen Seite dazu beitragen, einen Ausgleich für andere Nachteile zu schaffen, denen junge Frauen statistisch gesehen im Vergleich zu jungen Männern gegenwärtig im Kontext des Erwerbslebens unterliegen wie geschlechterspezifischen und für Frauen nachteiligen Unterschieden in der Bezahlung (gender pay gap), in der Übernahme von Sorgearbeit (gender care gap) und in den Rentenansprüchen (gender pension gap).Vgl. Kathrin Groh, „Wehrpflicht – demnächst auch für Frauen? Das schwedische Modell und das Grundgesetz“, Verfassungsblog (blog), 8. März 2024, https://verfassungsblog.de/wehrpflicht-demnachst-auch-fur-frauen/ (zuletzt abgerufen am 07.08.2025).

Steigerung der Attraktivität und Einführung eines neuen Wehrdienstes

Änderung bzw. Wegfall der §§ 1 Abs. 2 S. 3 und 58b – 58h SG; § 27 Abs 2 S. 2 und S. 5 Nr. 4 BBesG und; §§ 6 Abs. 1 S. 2; 7 Abs. 1 S. 1 SVG, § 31b Abs. 1 – 2 und Abs. 4 SG

Mit der geplanten Gesetzesänderung bzw. der Neufassung des § 58b SG soll der bisherige freiwillige Wehrdienst als besonderes staatsbürgerliches Engagement nach den Regelungen der §§ 58b ff. SG (geltendes Recht) wegfallen.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 75. Fortan soll ein freiwilliger Wehrdienst gem. § 1 Abs. 2 S. 2 SG möglich sein.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 97. Wehrdienstleistende sollen dabei sowohl im neuen freiwilligen Wehrdienst wie auch im Wehrdienst nach dem WPflG – entgegen der bisherigen Regelung für freiwillig Wehrdienstleistende als besonderes staatsbürgerliches Engagement, stets in das Dienstverhältnis einer Soldatin oder eines Soldaten auf Zeit berufen werden.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 75. Die Überführung in das entsprechende Dienstverhältnis führt dazu, dass die Bezahlung sodann einheitlich nach den Regelungen des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) erfolgen würde, was mit einer höheren Bezahlung verglichen mit der gegenwärtigen Bezahlung für die Leistung des freiwilligen Wehrdienstes als besonderes staatsbürgerliches Engagement ab Dienstantritt einhergeht. Soldatinnen und Soldaten auf Zeit, deren Dienstzeit weniger als zwei Jahre beträgt, sollen pauschal der Erfahrungsstufe 1 zugeordnet werden, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. 27 Abs 2 S. 2 und S. 5 Nr. 4 BBesG. Mit der Einführung des kurzzeitigen Wehrdienstes für Soldatinnen und Soldaten auf Zeit soll damit insgesamt die Option eines flexibleren und auch kürzeren freiwilligen Wehrdienstes bestehen, bisher mussten sich Soldatinnen und Soldaten auf Zeit mindestens zwei Jahre verpflichtenVgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 96., der derzeit bestehende freiwillige Wehrdienst als besonderes staatsbürgerliches Engagement hat eine Länge von sieben bis maximal 23 Monaten.Vgl. § 58b Abs. 1 S. 2 SG (geltendes Recht).

Zudem sollen verschiedene Maßnahmen zur Berufsförderung verabschiedet werden. Künftig soll während des Wehrdienstes für Soldatinnen und Soldaten auf Zeit, deren Dienstzeit weniger als vier Jahre beträgt, die Möglichkeit der kostenfreien Wahrnehmung von Angeboten und Maßnahmen zum Berufseinstieg und zum Erlangen von Fahrerlaubnissen eröffnet werden, vgl. § 6 Abs. 1 S. 2 Soldatenversorgungsgesetz (SVG). Darüber hinaus soll die Länge der Förderdauer der schulischen und beruflichen Bildung nach der Wehrdienstzeit angepasst werden. Durch die vorgesehene Änderung sollen Soldatinnen und Soldaten auf Zeit bereits ab einer geleisteten Wehrdienstzeit von einem Jahr Anspruch auf Förderung ihrer schulischen und beruflichen Bildung haben, vgl. § 7 Abs. 1 S. 1 SVG. Derzeit ist die Förderung erst ab einer Wehrdienstdauer von mindestens vier Jahren vorgesehen (§ 7 Abs. 1 S. 1 SVG geltendes Recht).

Neben der Einführung eines neuen freiwilligen Wehrdienstes soll für freiwillig Wehrdienstleistende, die mindestens einen Wehrdienst von 12 Monaten ableisten bzw. abgeleistet haben, die Möglichkeit geschaffen werden, einen Antrag auf die Gewährung eines Zuschusses für den erstmaligen Erwerb der Fahrerlaubnis Klasse B (Autoführerschein) stellen zu können, vgl. § 31b Abs. 1 und Abs. 2 SG. Die Höhe des Zuschusses kann je nach tatsächlichen Kosten bis zu 3.500 Euro betragen, vgl. § 31b Abs. 4 SG. Der Antrag soll innerhalb von zwölf Monaten vor Antritt sowie zwölf Monate nach Beendigung des Wehrdienstes gestellt werden können, wenn die Fahrschulausbildung erfolgreich abgeschlossen wurde, vgl. § 31b Abs. 2 SG.

Die Einstufung als Soldat auf Zeit oder Soldatin auf Zeit geht mit einer besseren Bezahlung einher und könnte die Attraktivität des neuen Wehrdienstes für junge Menschen erhöhen. Gegenüber den aktuellen Bezügen im freiwilligen Wehrdienst von 1.837,00 € (vor Steuern)Vgl. Bundeswehr, „Bezügebeispiele für Freiwilligen Wehrdienst Leistende (m/w/d)“, 2024, https://www.bundeswehrkarriere.de/downloads/freiwilliger-wehrdienst/919 (zuletzt abgerufen am 07.08.2025). ist mit der Einstufung als Soldat auf Zeit eine höhere Besoldung verbunden (in der Einstiegsstufe A3 min. 2.706,99 € laut BBesG). Dies kann dazu führen, dass junge Menschen den neuen Wehrdienst als attraktive Option empfinden. Wirtschaftliche Nachteile, die insbesondere eine Wehrpflicht mit relativ niedrigen Gehältern für junge Menschen haben kann, könnten so ausgeglichen werden.Vgl. Schlepper u. a., Volkswirtschaftliche Kosten einer Wiedereinführung der Wehrpflicht oder eines sozialen Pflichtjahres, 17, 41. Auch die Ermöglichung, sich für eine kürzere Dauer als Soldat auf Zeit oder Soldatin auf Zeit zu verpflichten, kann dazu beitragen, dass ggf. eine höhere Anzahl junger Menschen sich dafür entscheidet. Sie müssten sich somit nur für einen kürzeren Zeitraum binden, was ggf. ihrem weiteren beruflichen und privaten Lebensweg entgegenkommt. Dies kann insbesondere für junge Menschen wichtig sein, die noch unsicher sind, ob die Tätigkeit als Soldat oder Soldatin etwas für sie ist und die so schneller einen anderen beruflichen Weg einschlagen können.

Die Möglichkeit, während und ab einer geleisteten Wehrdienstdauer von einem Jahr auch nach dem Wehrdienst Angebote zur Förderung der schulischen und beruflichen Bildung wahrzunehmen, könnte für junge Menschen ein Anreiz sein, sich für einen Wehrdienst von mehr als einem Jahr zu verpflichten, sofern dieser Zusammenhang den jungen Menschen im Vorfeld hinreichend bekannt ist. Die Wahrnehmung entsprechender Angebote kann den anschließenden Einstieg in das zivile Erwerbsleben vereinfachenVgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 83. und damit möglichen Nachteilen entgegenwirken, die ein Wehrdienst für die Bildungsbiografie haben kann, zum Beispiel den Verlust von Wissen durch die Verhinderung eines kontinuierlichen Übergangs von der Schule zur nächsten Bildungseinrichtung oder den Verzicht auf weitere Bildung aus Zeit- und Kostengründen.Vgl. Bach, „Wie beeinflussen Wehrdienstregelungen die Arbeitsmarkt- und Bildungsentscheidungen der Betroffenen? Ökonomische Evidenz zu einem nach wie vor wichtigen Thema“, 2, 5 ff.

Auch die Möglichkeit eines Zuschusses zum Erwerb der Fahrerlaubnis Klasse B kann dazu beitragen, dass die Bundeswehr von jungen Menschen als attraktiver Arbeitgeber empfunden wird und einen weiteren Anreiz darstellen, den neuen Wehrdienst zu leisten. Über 90 Prozent der jungen Menschen ab 18 Jahren besitzen einen Führerschein oder streben ihn an.Vgl. Civey, „DEVK - Umfrage junge Leute: Welche dieser Aussagen trifft auf Sie in Bezug auf den Auto-Führerschein (Fahrerlaubnis Klasse B) zu?“, 2024, https://medien.devk.de/assets/content/pressemitteilungen/pm2024/umfrage-kfz-junge-leute/devk-pm-2024-09-19-civey-umfrage-fuehrerscheinerwerb-bis-25-jahre-ergebnisse-balkendiagramm-b.jpeg?versionId=4fNJ2xgTsC1mZSDzShZmNrGWI1nAWvRe (zuletzt abgerufen am 07.08.2025). 201.270 Männer im Alter zwischen 18 und 24 und 156.145 Frauen im Alter zwischen 18 und 24 haben 2024 eine Fahrerlaubnis Klasse B erteilt bekommen. Für den Erwerb einer Fahrerlaubnis Klasse B fallen Kosten von 2.500 bis 4.500 € an, der mögliche Zuschussbetrag könnte diese Kosten im Mittel also abdecken.Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes – Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG)“, 75; vgl. ADAC e.V., „Wie viel kostet ein Führerschein?“, 2025, https://www.adac.de/verkehr/rund-um-den-fuehrerschein/erwerb/fuehrerschein-kosten/ (zuletzt abgerufen am 07.08.2025). Junge Menschen verfügen wegen ihres noch bevorstehenden oder gerade erst begonnen Einstiegs ins Erwerbsleben in der Regel über geringere finanzielle Mittel, deshalb könnte der Zuschuss es ihnen erleichtern, überhaupt eine Fahrerlaubnis Klasse B zu erwerben.

Quellen

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